Herz und Wissen. Уилки Коллинз

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Herz und Wissen - Уилки Коллинз

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sich ihr mit den geheimnißvollen Tönen und verstohlenen Blicken zu nähern, die für sich selbst sprechen. Und mit gleicher offenherziger Geradheit antwortete sie ihm:

      »Sie halten mich doch hoffentlich nicht für unempfindlich gegen Ihre Freundlichkeit. Ich bin erfreuter und stolzer, als ich zu sagen vermag.«

      »Stolzer?« wiederholte Ovid, der sie nicht sofort verstand.

      »Warum nicht?« fragte sie. »Sollte ich nicht stolz darauf sein, wenn mir ein Mann soviel Beachtung schenkt, von dem mein Vater zu sagen pflegte, daß er eine Ehre für die Familie sein würde?«

      Als sie ihn dabei schüchtern ansah, hätte er alle seine Aussichten auf Berühmtheit dafür hingeben mögen, wenn er sie hätte küssen dürfen.

      »Carmina, erinnern Sie sich, wo Sie mich zum ersten Male gesehen haben?« fragte er, um sie sich, wenn auch nur im Geiste, etwas näher zu bringen.

      »Gewiß! In dem Concertsaale. Als ich Sie dort sah, fiel es mir ein, daß ich Ihnen bereits in den Anlagen begegnet war. Ein seltsamer Zufall, daß Sie zu demselben Concerte gingen, das Teresa und ich zufällig besuchten.«

      »Es war kein Zufall«, entgegnete Ovid. »Ich folgte Ihnen nach der Begegnung in den Anlagen zu dem Concerte.«

      Dieses kühne Geständniß, das ein weniger unschuldiges Mädchen verlegen gemacht haben würde, setzte Carmina blos in Erstaunen.

      »Was bewog Sie, uns zu folgen?« fragte sie.

      »Uns?« Glaubte sie denn, daß er der Alten gefolgt sei? Das mußte er berichtigen. »Ich sah Teresa überhaupt gar nicht, sondern folgte einzig und allein Ihnen.«

      Weshalb schwieg sie? War sie verwirrt, oder verstand sie ihn noch nicht? Seine krankhafte Empfindsamkeit, das deutlichste Zeichen seiner untergrabenen Gesundheit, war jetzt schon so gereizt, ihn zum Extremen zu treiben, und er fragte sie: »Haben Sie je davon gehört, daß man sich beim ersten Anblick verliebt hat?«

      Sie stutzte; Ueberraschung, Verwirrung und Zweifel wechselten rasch auf ihrem beweglichen, zarten Gesichte, aber sie nahm den Muth zusammen und sah ihn schweigend an.

      Und in diesem Momente, wo Kühnheit am Platze gewesen wäre, wo er, wenn er den Blick zurückgegeben, die ganze Geschichte seiner ersten Liebe ohne ein Wort zu sprechen erzählt haben würde, machten ihn seine zerrütteten Nerven schüchtern, und die Furcht – die ihn in gesunden Tagen nie angewandelt haben würde – daß er vielleicht zu frei gesprochen habe, ließ seine Augen unverwandt auf dem Boden haften. Sofort sah sie mit einem schnellen Erröthen der Scham wieder weg. Denn war es nicht vermessene Eitelkeit von ihr, zu denken, daß ein Mann, wie Ovid sie meinen könne, als er von einer beim ersten Anblick erwachten Liebe sprach? Er hatte sich nur freundlich zudem Niveau des Verständnisses eines thörichten, jungen Mädchens herabgelassen. Unzufrieden mit sich selbst, machte sie eine Bewegung, als ob sie umkehren wollte.

      Und er seinerseits fühlte sich zu bitter enttäuscht, um den Versuch zu machen, das Gespräch noch weiter fortzusetzen. Ein Gefühl tödtlicher Schwäche, die unvermeidliche Folge der äußersten Vernachlässigung seiner selbst, begann ihn zu überwältigen. Nach einer schlaflosen Nacht hatte er vor dem Frühstück einen langen Spaziergang gemacht und dann noch seinen geschwächten Kräften diesen Ausflug und das Herumwandern im zoologischen Garten zugemuthet und jetzt hatte er seine physische und moralische Spannkraft verloren.

      »Ich fürchte, ich habe Sie beleidigt«. sagte er traurig zu seiner Begleiterin; »ich meinte es nicht so.«

      »O wie wenig kennen Sie mich«, rief sie, »wenn Sie das denken!«

      Diesmal begegneten sich ihre Augen und die Wahrheit begann in ihr heraufzudämmern. Er nahm ihre Hand in die seine, deren feuchtkalter Griff ihr auffiel, und fragte so leise, daß sie es kaum hören konnte: »Wundern Sie sich noch, weshalb ich Ihnen folgte?« Dabei standen ihm schwere Schweißtropfen auf der Stirn, eine graue geisterhafte Blässe überzog sein Gesicht – er wankte und versuchte verzweifelt, sich an dem Zweige eines neben ihnen stehenden Baumes zu halten. Ihn mit den Armen umfassend, versuchte sie mit ihrer ganzen geringen Kraft, ihn aufrecht zu halten, vermochte aber mit äußerster Anstrengung nur soviel, daß sie ihn zu dem Rasen zog und seinen Fall milderte. Hilfe rufend sah sie sich um und erblickte einen großen Mann auf sie zukommen, der indeß nicht lief, auch nicht, als er sah, was geschehen war, sondern nur weit ausschritt. »Es war Doctor Benjulia, der seinen kranken Affen unter dem langen Rocke geschützt hielt und von einem der Wärter gefolgt war.

      »Bitte, lassen Sie das«, war Alles, was er mit seiner gewohnten Gelassenheit sagte, als sich Carmina bemühte, Ovid’s Kopf vom Grase aufzuheben. Dann legte er seine Hand so kühl auf das Herz des Ohnmächtigen, als ob derselbe ihm ein vollständig Fremder gewesen wäre. »Wer von Ihnen beiden kann am schnellsten laufen?« fragte er dann, Carmina und den Wärter ansehend. »Ich brauche etwas Branntwein.«

      Ehe der Wärter noch verstand, was von ihm begehrt wurde, eilte Carmina schon über den Rasen auf das Restaurant zu.

      »Wie das Mädchen rennen kann’s sagte er zu sich als er ihr mit seiner gewohnten feierlichen Aufmerksamkeit nachgesehen hatte, und wandte sich dann wieder dem Ohnmächtigen zu.

      »Hat sich thörichterweise bei seinem Zustande allzusehr angestrengt.« Dann erinnerte er sich des Affen’s, den er für den Augenblick in’s Gras gesetzt hatte, und bemerkte mit mehr Interesse, als er bis dahin gezeigt hatte: »Da ist es zu kalt für ihn. Heda, Wärter! Nehmen Sie den Affen auf, bis ich ihn selbst wieder hinnehmen kann.«

      »Er möchte mich beißen, Herr Doctor«, sagte der Mann zögernd.

      »Nehmen Sie ihn auf!« wiederholte der Doctor, »er kann nach dem, was ich mit ihm gemacht, überhaupt Niemanden beißen.«

      Der Affe befand sich wirklich in einem Zustande der Erstarrung, und der Wärter, der ihn, dem Befehle gehorchend, aufnahm, schien sich nun mehr vor dem Doctor als vor dem Affen zu fürchten.

      »Haltet Ihr mich für den Teufel?« fragte Benjulia, da der Wärter ihn verblüfft anstarrte, und das Aussehen des Mannes bejahte die Frage jedenfalls, wenn es der Mund auch nicht wagte.

      Als Carmina mit dem Branntwein eiligst zurückkam, roch der Doctor erst an diesem, ehe er ihr Beachtung schenkte.

      »Außer Athem?« fragte er dann.

      »Warum geben Sie ihm nicht den Branntwein?« gab sie ungeduldig zur Antwort.

      »Starke Lungen«, fuhr Benjulia fort, sich neben Ovid setzend und das Reizmittel anwendend, ohne sich dabei besonders zu beeilen. »Manche Mädchen würden nach einer solchen Strapaze nicht im Stande gewesen sein zu sprechen. Als Sie noch klein waren, hielt ich nicht viel von Ihren Lungen.«

      »Komm er wieder zu sich?« fragte Carmina.

      »Wissen Sie, was eine Pumpe ist?« gab Benjulia wieder zurück. »Nun, eine Pumpe kommt manchmal in Unordnung, aber der Zimmermann wird sie schon wieder in Stand setzen, wenn man ihm Zeit läßt. Diese Pumpe ist in Unordnung«, und damit ließ er seine mächtige Hand auf des Daliegenden Brust fallen; »und ich bin der Zimmermann, der sie wieder in Stand setzen wird. Sie gleichen Ihrer Mutter durchaus nicht«

      Carmina, die Ovid’s Gesicht eifrig beobachtete, war durch eine schwache Wiederkehr von Farbe auf demselben so erfreut, daß sie fähig war, dem seltsamen Gespräch des Doctors zuzuhören und sogar darauf einzugehen. »Verschiedene von unseren Bekannten meinten, daß ich meinem Vater ähnlich wäre«, antwortete sie.

      »So?« äußerte Benjulia und schloß die dünnen Lippen, als ob

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