Der eiserne Gustav. Hans Fallada

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Der eiserne Gustav - Hans  Fallada Hans-Fallada-Reihe

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style="font-size:15px;">      »Das sind meine Pferde«, sagt Hackendahl erklärend.

      »Ihre Pferde? Na schön! Meinethalben! Was haben die Gäule gemacht?«

      »Droschke gefahren, Herr Oberleutnant!«

      »Droschke? Werden was anderes zu fahren kriegen, hähä! Aber gut im Stand – Pferdeverstand, was?«

      »Wachtmeister bei den Pasewalker Kürassieren gewesen, Herr Oberleutnant!«

      »Altgedienter Mann, Pferdeverstand, merkt man! Bißchen leicht, bißchen klein – aber in Ordnung!«

      Ja, daß die Hackendahlschen Pferde in Ordnung waren, das merkte man wirklich. Stück für Stück ging weg, es machte Hackendahl ganz stolz.

      »Au, Vater, die nehmen ja alle!« flüsterte Heinz aufgeregt. »Womit sollen wir denn Droschke fahren?«

      »Danach wird jetzt nicht gefragt. Hauptsache, das Militär bekommt, was es braucht.«

      »Was ist denn mit dem Schimmel, Wachtmeister?« fragte der Offizier wieder. »Junges Tier, aber ohne Mumm. Hat nichts in den Knochen?«

      »Zu Befehl, Herr Oberleutnant! Vor fünf Wochen mit ’nem Auto überjagt, Schreck gehabt – ist seitdem nicht wieder zurechtgekommen. War mein Bester!«

      »Auto? Böse Sache! Das heißt – na ja, Gäule jedenfalls vornehmer. – Untauglich, der Schimmel!«

      Ja, der Schimmel wurde untauglich. Auch den Klopphengst wiesen sie zurück. Und dann nach und nach noch drei Pferde. »Ganz nett – aber zu alt! Halten einen Vormarsch nicht mehr aus.«

      »Zu Befehl, Herr Oberleutnant!«

      Hackendahl bekam seine Anweisung, es war eine Anweisung auf eine sehr hohe Summe. Viel Geld, die Pferde, die für Hackendahls gearbeitet, von denen sie gelebt hatten, in Geld umgesetzt. Es war viel und wenig, eine hohe, fünfstellige Zahl – aber es war auch Hackendahls Lebensarbeit, das, was er aufgebaut, für das er geschuftet hatte, als Zahl auf ein Blatt Papier niedergeschrieben.

      Er sah auf das Blatt, er dachte daran, wie er Pferd für Pferd Tag um Tag besorgt hatte, wie er, ehe er sich zu einem Kauf entschloß, zehn-, zwanzigmal gelaufen war, gehandelt hatte. Er dachte daran, wie er den Kutschern auf der Pelle gesessen hatte, daß sie die Pferde nicht überjagten, wie er oft beobachtend hinter einer Litfaßsäule gestanden und aufgepaßt hatte, daß die Pferde auch während der Wartezeiten gefüttert und getränkt wurden. Die Pferde, der Stall, das Fuhrgeschäft – sie waren sein Lebensinhalt gewesen, seit es das Militär nicht mehr sein konnte. Es war so leer in ihm …

      »Hoffmann, ihr findet mit den Pferden allein nach Haus. Ich gehe mit Heinz noch ein Stück.«

      »Jawohl, Herr Hackendahl.«

      »Spannt gleich ein, wenn ihr zu Haus seid. Heute sind Droschken knapp – und wir müssen sehen, daß wir ein bißchen was verdienen.«

      »Der Schimmel auch, Herr Hackendahl?«

      »Jawohl, der Schimmel auch. Du kannst ihn selber nehmen, Hoffmann.«

      »Machen wir, Herr Hackendahl.«

      »Komm, Bubi, wir gehen noch ein Stück raus. Mir ist heute so.«

      »Ja, Vater.«

      »Der Soldat dort sollte den Braunen nicht so kurz am Trensenstrick nehmen, der Gaul war ein bißchen empfindlich im Maule.«

      Aber es war egal, es waren nicht mehr seine Pferde – sie gehörten nun dem Vaterland.

      8 Spionenfang

      Sie waren noch ein Stück die Frankfurter Allee hinausgegangen, die Häuser standen immer spärlicher. Dann kamen Gärten, kleine Feldstücke – und nun lag das erste richtige große Kornfeld vor ihnen: Roggen.

      »Sieh mal, Bubi, Roggen, Korn, angemäht, aber nicht weitergemäht. Der ist längst reif. Denen ist auch der Krieg dazwischengekommen. Wer das nun wohl erntet?«

      Er sah über die weiten Felder, alles war still und verlassen. Kein Mensch war an der Arbeit zu sehen, nur auf den Straßen liefen und fuhren sie eilig.

      »Es wird schon so kommen, Bubi, wie ich heute früh zu Rabause gesagt habe: Die Frauen werden jetzt die Männerarbeit machen müssen.«

      »Mutter auch?«

      »Natürlich. Mutter auch.«

      »Na, Vater …«

      »Was ist mit Mutter? Wenn sie muß, wird sie schon können. Ich will heute nachmittag auch sehen, daß ich mich stelle als Freiwilliger.«

      »Aber du bist doch zu alt, Vater! Und dann hast du immer mit dem Herzen zu tun.«

      »Ich habe gar nichts mit dem Herzen!«

      »Doch – manchmal wirst du ganz blau, Vater!«

      »Also! Ich werde mich stellen, und sie werden mich nehmen. Du wirst sehen!«

      »Aber …«

      »Sie werden mich nehmen! Und nun halte den Mund, Bubi!«

      »Dann nehmen sie mich auch, Vater!«

      »Du sollst den Mund halten, Bubi!!«

      Eine Weile gingen sie schweigend. Sie bogen in einen Feldweg, vor ihnen lag erhöht ein Bahndamm.

      »Wohin geht denn die Bahn, Vater?«

      »Nach Strausberg, Bubi. Und dann immer weiter nach dem Osten, bis nach Posen oder nach Rußland …«

      »Da kommt ein Zug, Vater!«

      »Ja, ich sehe ihn auch …«

      Von Berlin her kam, hinter zwei schnaufenden Lokomotiven, ein Zug, ein Zug mit vielen Viehwagen, deren Türen zurückgeschoben waren. Aus den Viehwagen sahen Pferdeköpfe heraus, in den Türen standen Soldaten, feldgraue Soldaten, und auf den offenen Wagen standen – Bubi jubelte – Kanonen! Es war der erste Zug, der vor ihren Augen in den Krieg fuhr, und Vater und Sohn waren gleich aufgeregt.

      »Vater! Vater! Sie fahren in den Krieg! Sie fahren gegen die Russen! Hurra, ihr!« schrie Bubi. »Haut sie tüchtig!«

      Die Soldaten winkten lachend zurück. Auch der Vater schrie hurra und winkte. Wagen um Wagen …

      »Einundvierzig, zweiundvierzig …«, zählte Bubi. Und: »Vater, was ist das? Das schwarze Dings mit dem Schornstein? Das sieht ja komisch aus! Ist das auch zum Schießen?«

      »Das ist eine Feldküche, Heinz. Gulaschkanone sagt man auch«, erklärte der Vater. »Daraus wird bloß Essen geschossen …«

      »Vierundvierzig, fünfundvierzig …«, zählte Heinz eifrig weiter. »Vater, es sind siebenundvierzig Wagen ohne den Kohlenwagen …«

      »Bubi!« flüsterte Hackendahl.

      »Was denn, Vater?«

      »Nicht so laut! – Bubi, kuck mal dahin, nach dem Busch rechts … Aber nicht so, daß es auffällt, ganz unauffällig … Siehst

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