Die wichtigsten Werke von Novalis. Novalis
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Читать онлайн книгу Die wichtigsten Werke von Novalis - Novalis страница 33
Der alte Sperling
»Schämt Ihr Euch nicht«, rief ein alter Sperling seinen Jungen zu, die mit muntern Weibchen tändelten und kosten, »fühlt Ihr nicht, daß dieses unanständig und erniedrigend ist; Ihr verschmäht die Weisheit, die unsre Seele zu den Unsterblichen hebt.« »Bleib du bei deiner Weisheit«, riefen ihm die losen Jungen zu, »und laß uns jetzt genießen; wenn wir so alt sind als du, so wollen wir auch aus Unvermögen uns zur Weisheit begeben und über Liebe und Freuden philosophieren.«
Der Bär
»Wohin, Gevatter Bär?« sprach ein Wolf zu einem wandernden Bären. – »Ich suche mir eine andere Wohnung«, antwortete er. – »Du hattest ja aber eine schöne, geräumige Höhle, warum verläßt du sie?« – »Der Löwe machte Ansprüche an dieselbe und ging an den Senat der Tiere.« – »Da brauchtest du dich nicht zu fürchten, du hattest ja eine gerechte Sache.« – »Gegen Könige ist jede Sache ungerecht, Gevatter Wolf.«
Der Fuchs
»Hast du die Satire gelesen, die der Löwe auf dich gemacht hat«, fragte der Wolf den Fuchs, »antworte ihm, wie sichs gebührt.« »Gelesen hab ich sie, aber deinem Rate folg ich nicht«, sagte der Fuchs, »denn der Löwe könnte mir auf eine fürstliche Art antworten.«
Der Philosoph
Verzug schadet selten
»Lehre meinem Kanarienvogel«, sprach ein Tyrann zu einem Philosophen, »den Homer, daß er ihn auswendig hersagen kann, oder geh aus dem Lande; unternimmst du es, und es gelingt nicht, so mußt du sterben.« – »Ich will es ihm lehren«, sprach der Weise, »aber ich muß zehn Jahre Zeit haben.« – »Warum warst du so töricht«, fragten ihn hernach seine Freunde, »und unternahmst etwas Unmögliches?« Lächelnd antwortete er: »In zehn Jahren bin ich oder der Tyrann oder der Vogel gestorben.«
Der Tiger und der Fuchs
»Tiger«, sprach der Löwe zu seinem Favoriten, »ich kann den Fuchs nicht mehr ausstehn, er spöttelt unaufhörlich, schafft mir ihn mit guter Manier vom Halse.« Freudig lief der Tiger zum Fuchse: »Nichtswürdiger; du hast die Königin beleidigt.« »Wann eher?« sagte der Fuchs, »ich weiß nichts davon.« »So hast du doch ehgestern den König verleumdet.« »Das ist eine ebenso schändliche Lüge, als das erste«, schrie der Fuchs. »O! himmelschreiendes Verbrechen! Du beschuldigst mich der Lügen! Das muß ich rächen!« Und hiemit fraß er ihn auf.
Die Buhlerin
Eine Buhlerin verließ ihr Liebhaber und sie stellte sich untröstlich! »Warum weinst du so sehr«, fragte eine Nachbarin. »Ach! Daß ich ihm noch den schönen blauen Mantel ließ.«
Merkts, Jünglinge.
Die Ephemeris
Eine alte Ephemeris rief aus: »Ich habe nun 22 Stunden gelernt; meine Weisheit, meine Kenntnisse sind die größesten die ein endlich Wesen erlangen kann.« »Arme Törin!« sprach ein Mensch, der sie hörte, »ein unerfahrner Knabe besitzt zehnmal mehr Kenntnisse und Einsicht.«
Räsoniert ein Sterblicher nicht oft ebenso weise, wie die Ephemeris.
Die Eule und der Sperling
»Unverschämter! Stiehlst du nicht Kirschen am hellen lichten Tage, vor den Augen aller? O! schreckliche Frechheit!« so rief eine Eule einem Sperling zu, der sich auf einem Kirschbaum gütlich tat. »Freilich ist es edler«, erwiderte der Sperling, »bei Nacht, wenn alle Tiere sorglos schlafen auf Mord und Raub auszugehn.«
Die Geschichte von Hyazinth und Rosenblütchen
(aus »Die Lehrlinge zu Saïs«)
Vor langen Zeiten lebte weit gegen Abend ein blutjunger Mensch. Er war sehr gut, aber auch über die Maßen wunderlich. Er grämte sich unaufhörlich um nichts und wieder nichts, ging immer still für sich hin, setzte sich einsam, wenn die andern spielten und fröhlich waren, und hing seltsamen Dingen nach. Höhlen und Wälder waren sein liebster Aufenthalt, und dann sprach er immerfort mit Tieren und Vögeln, mit Bäumen und Felsen, natürlich kein vernünftiges Wort, lauter närrisches Zeus zum Totlachen. Er blieb aber immer mürrisch und ernsthaft, ungeachtet sich das Eichhörnchen, die Meerkatze, der Papagei und der Gimpel alle Mühe gaben ihn zu zerstreuen, und ihn auf den richtigen Weg zu weisen. Die Gans erzählte Märchen, der Bach klimperte eine Ballade dazwischen, ein großer dicker Stein machte lächerliche Bockssprünge, die Rose schlich sich freundlich hinter ihm herum, kroch durch seine Locken, und der Efeu streichelte ihm die sorgenvolle Stirn. Allein der Mißmut und Ernst waren hartnäckig.
Seine Eltern waren sehr betrübt, sie wußten nicht was sie anfangen sollten. Er war gesund und aß, nie hatten sie ihn beleidigt, er war auch bis vor wenig Jahren fröhlich und lustig gewesen, wie keiner; bei