An der weißen Grenze. Джек Лондон

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An der weißen Grenze - Джек Лондон

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paar Dollars bringt. Wäre schon längst in Klondike, hab' aber verfluchtes Pech gehabt. Auf dem ›Windigen Arm‹ hab' ich meine ganze Ausrüstung verloren … beinahe hatte ich den Kram schon über den Paß hinübergeschafft.«

      Abermals: Schwupp, Platsch! Sie schüttelte sich das Wasser aus den Augen und fröstelte, als eine nasse Ladung ihr den warmen Rücken hinunterrann.

      »Sie werden's schaffen!« sagte der Mann. »Sie sind aus dem richtigen Holz für dieses Land geschnitzt. Wollen Sie ganz hierbleiben?«

      Sie nickte freundlich.

      »Sie werden's schaffen! Also, wie gesagt, meine Ausrüstung ist da oben zum Teufel gegangen, und jetzt muß ich all das Zeugs neu zusammenbringen. Kann man da billiger rudern als für zwanzig Dollar die Fahrt? Wissen Sie, Fräulein, schlimmer als die andern bin ich auch nicht. Was meinen Sie, für diese alte Badewanne haben sie mir hundert Dollar aus den Zähnen gerissen. Drüben in den Staaten ist sie keine zehn wert. So ist es hier mit allem. Auf dem Weg nach Skaguay zahlt man Ihnen für einen alten Hufnagel einen Vierteldollar. Ein Mann geht in die Kneipe und trinkt einen Whisky, schmeißt zwei Hufnägel auf die Theke, und es ist o.k. Hufnägel sind da oben Scheidemünze.«

      »Sie müssen ein tüchtiger Kerl sein, daß Sie gleich noch einmal angefangen haben! Wie heißen Sie eigentlich? Vielleicht begegnen wir uns wieder einmal.«

      »Ich? Wie ich heiße? Also Del Bishop, Goldgräber. Wenn wir uns wieder begegnen, dann müssen Sie von vornherein wissen … mein letztes Hemd geb' ich für Sie her, Fräulein! Entschuldigen Sie, ich meine natürlich, den letzten Bissen Brot geb' ich für Sie.«

      »Danke«, sagte sie. »Das kam von Herzen. Das hört man gleich.«

      Er hielt einen Augenblick mit Rudern inne und fischte aus dem Wasser zu seinen Füßen eine alte Konservendose hervor.

      »Schöpfen Sie lieber!« befahl er und warf ihr die Dose zu. »Leck war die Kiste schon vorher, aber vorhin hat sie noch eins abbekommen.«

      Frona machte sich gehorsam an die Arbeit. So oft sie sich bückte, hoben und senkten sich die Berge mit ihren Gletschern am Horizont. Hin und wieder ruhte sie aus und sah nach dem von Menschen wimmelnden Strand, auf den sie zusteuerten, und dann wieder auf die Bucht, in der an zwei Dutzend große Dampfer ankerten. Von jedem dieser Schiffe ging ein Strom von Leichtern, Kähnen, Kanus hin und her zum Lande. Sie dachte an die Hörsäle, in denen sie vor ein paar Wochen noch zu Füßen ihrer Lehrer gesessen hatte. Diese Welt hier war ihr lieber … vor der hatte sie Respekt.

      »Aber Sie haben mir Ihren Namen noch nicht gesagt«, mahnte Bishop höflich.

      »Ich heiße Welse«, antwortete sie. »Frona Welse.«

      Sein Mund stand offen, er starrte sie an: »Dann ist ja … Jacob Welse … Ihr alter Herr?«

      »Jawohl, wenn Sie nichts dagegen haben.«

      Er spitzte die Lippen, stieß einen Pfiff aus und ließ die Riemen gleiten. »Klettern Sie in den Stern und ziehen Sie die Beine hoch!« befahl er. »Geben Sie mir die Dose.«

      »Arbeite ich denn nicht ordentlich?«

      »Doch, sehr gut sogar. Aber Sie sind … Sie sind …«

      »Genau dasselbe, was ich vorher war. Rudern Sie weiter … das ist Ihre Arbeit, und meine besorge ich.«

      »Alle Achtung, Sie werden's schaffen«, murmelte Bishop und beugte sich wieder über die Riemen. »Jacob Welse ist Ihr alter Herr! Donnerwetter, das hätte man wissen sollen!«

      Auf der sandigen Landzunge, im Gewimmel geschäftiger Menschen, die wie Ameisen hin und her ihre Lasten trugen, schüttelte sie dem Fährmann die Hand.

      Er war sehr stolz. »Nicht vergessen, Fräulein, mein letzter Bissen Brot gehört Ihnen.«

      »Und Ihr letztes Hemd auch! Vergessen Sie das nicht.«

      »Ganz bestimmt!«

      Als sie davongegangen war, sah er ganz entrückt seine Hand an, die sie gedrückt hatte.

      »Das ist ein Mädel … Donnerwetter!«

      Drittes Kapitel

      Das Trippeln auf städtischem Pflaster hatte ihre Füße nicht verdorben. Im Augenblick fand sie hier auf heimischem Strand die leichten, langen Wanderschritte wieder, die andere mit viel Mühe lernen müssen. Mehr als ein Goldgräber sah mit derselben Bewunderung wie Bishop auf ihre langen, elastischen Beine, aber die meisten blickten ihr ins Gesicht und freuten sich über den offenen, kameradschaftlichen Blick ihrer Augen. Wenn einer sie anlächelte, lächelte sie zurück, ermunternd, heiter, mitfühlend, je nachdem, aber immer kameradschaftlich.

      Für sie schien die Zeit rückwärts gerollt, auf einmal war sie wieder in jenes Mittelalter zurückversetzt, in dem sie herangewachsen, in dem es keine Bahnen und Automobile, nur Karren und breite Bücken als Verkehrsmittel gab. Männer, denen man ansah, daß sie bisher nur mit der Aktenmappe unterm Arm spaziert waren, beugten sich unter schweren Lasten. Ihre Beine bewegten sich schwer und stolpernd, sie waren diese Anstrengung nicht gewöhnt, und ihre Gesichter perlten von Schweiß. Andere luden ihr Gepäck mit stillem Triumph auf vierrädrige Karren und schoben los, aber sie blieben stecken, wo der erste große Stein ihnen den Weg versperrte. Nach etlichem Kampf fügten sie sich dann den für Reisen in Alaska geltenden Grundsätzen, ließen den Karren stehen oder zogen ihn an den Strand zurück, um ihn zu einem fabelhaften Preis an die Chechaquos zu verkaufen, die noch später als sie gelandet waren. Neulinge wanderten mit zehnpfündigen Colt-Revolvern, Patronengürteln und Jagdmessern drauflos, aber bald merkten sie, wie unnütz diese Mordgepäckstücke waren. Revolver, Patronen und Messer garnierten ihre Spur.

      Hier, an diesem Strand, den damals noch kein Strom goldgieriger Männer durchflutet hatte, war Frona Kind gewesen. Hier hatte sie im Grase gespielt und erschauernd gehört, wie das Echo ihre Stimme von Gletscher zu Gletscher trug und widerhallte. Über dieses Gras stapften jetzt zehntausend Männer rastlos hin und her. Zehntausend andere waren unterwegs über den Chilcoot. Abermals Zehntausend hatten die Pässe schon überwunden und marschierten zu dieser Stunde die Goldfelder an.

      Die Dyea stürzte sich, wie in alten Tagen, rauschend und tosend ins Meer, aber an ihren Ufern quälten sich Männer in wogenden Reihen an Tauen und Riemen, schleppten schwer beladene Boote heran und löschten die Fracht.

      Die Tür zu dem Laden, in dem einst Biberfänger oder Pelzhändler ihre bescheidenen Einkäufe gemacht hatten, war jetzt von einer lärmenden Schar von Kunden versperrt. Wo einst ein einsamer Brief Monate und Jahre darauf gewartet hatte, abgeholt zu werden, sah Frona jetzt die Post in Haufen liegen. Aufgeregte Leute schrien nach ihrer Korrespondenz. Auch die Waage vor der Theke war umlagert. Ein Indianer warf seinen Packen auf das Wiegebrett, ein weißer Beamter kritzelte das Gewicht in sein Notizbuch, ein neuer Packen flog heran, verschnürt und bereit, auf dem Rücken eines Mannes über den Chilcoot zu reisen.

      Zu Fronas Zeiten war hin und wieder einmal das Gepäck eines Goldgräbers oder Händlers für sechs Cent das Kilo über den Chilcoot transportiert worden. Der Chechaquo, dessen Gepäck gerade abgewogen wurde, sah traurig in seine Brieftasche.

      »Acht Cent«, bot er dem Indianer.

      Großes Hohnlachen.

      »Vierzig Cent«, verlangte die Rothaut.

      Der Mann sah sich ängstlich um, mit tieftraurigem Gesicht. Er las das Mitgefühl in Fronas Augen und starrte sie an.

      »Stellen

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