Die Memoiren des Sherlock Holmes: Holmes' erstes Abenteuer und andere Detektivgeschichten (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch). Ðртур Конан Дойл
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Читать онлайн книгу Die Memoiren des Sherlock Holmes: Holmes' erstes Abenteuer und andere Detektivgeschichten (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch) - Ðртур Конан Дойл страница 5
»Drei Quittungen von Händlern für geliefertes Heu; ein Brief von Oberst Roß mit Verhaltungsmaßregeln, ferner die Rechnung einer Schneiderin im Betrag von siebenunddreißig Pfund fünfzehn Schilling, von Madame Lesurier in Bondstreet für William Darbyshire ausgestellt. Frau Straker teilte mir mit, dieser Darbyshire sei ein Freund ihres Mannes gewesen, und zuweilen seien Briefe an ihn hierher adressiert worden.«
»Frau Darbyshire scheint etwas verschwenderischer Natur zu sein«, bemerkte Holmes, die einzelnen Beträge der Rechnung überfliegend. »Zweiundzwanzig Pfund ist eine hohe Summe für ein Straßenkostüm. – Nun habe ich hier wohl alles gesehen, und wir können uns an den Tatort selbst begeben.«
Als wir das Wohnzimmer verließen, trat eine Frau, die im Hausflur gewartet hatte, auf uns zu. Man sah es ihrem hagern, eingefallenen Gesicht und ihrer aufgeregten Miene an, daß sie erst kürzlich Entsetzliches erlebt hatte.
»Hat man sie gefunden und festgenommen?« stieß sie hastig hervor und legte ihre Hand auf den Arm des Inspektors.
»Nein, Frau Straker; aber Herr Holmes hier ist aus London gekommen, um uns zu helfen; wir werden alles Menschenmögliche tun.«
»Habe ich Sie nicht kürzlich bei einem Gartenfest in Plymouth gesehen, Frau Straker?« fragte Holmes.
»Nein, das muß ein Irrtum sein.«
»Wirklich? Ich hätte darauf schwören mögen; Sie trugen ein taubengraues Seidenkleid mit Straußenfedern besetzt.«
»Ein solches Kleid habe ich noch nie besessen«, erwiderte die Dame.
»So? – Dann habe ich mich freilich getäuscht. Entschuldigen Sie, bitte«, sagte Holmes und folgte dem Inspektor ins Freie.
Ein kurzer Weg über das Moor brachte uns nach der Talsenkung, wo der Getötete gefunden worden war. Am Rande der Senkung stand der Ginsterbusch, auf dem der Mantel gehangen hatte.
»Es ging in jener Nacht kein Wind, soviel ich weiß«, sagte Holmes.
»Nein, es regnete nur sehr stark.«
»Also ist der Mantel nicht in das Gebüsch geweht worden, sondern man hat ihn dort aufgehängt.«
»Ja, er war quer über den Busch gelegt.«
»Das ist mir von großem Interesse. Der Boden ist ringsherum ganz zertreten. Wahrscheinlich sind seit Montag nacht schon viele Leute hier gewesen.«
»Wir haben auf diese Seite eine Matte gelegt und standen darauf.«
»Ausgezeichnet!«
»In dem Sack hier habe ich einen von den Stiefeln, welche Straker angehabt hat, nebst einem Schuh von Simpson und ein Hufeisen von Silberstrahl.«
»Lieber Inspektor, Sie sind ganz unvergleichlich.«
Holmes nahm den Sack, stieg in die Talsenkung hinab und schob die Matte mehr nach der Mitte zu. Dann streckte er sich der Länge nach auf den Boden, stützte sein Kinn auf die Hände und begann den zertretenen Boden sorgfältig zu betrachten.
»Halt, was ist das?« rief er plötzlich.
Es war ein halb abgebranntes Wachskerzchen, aber so mit Schmutz überzogen, daß es kaum als solches zu erkennen war.
»Ich begreife nicht, wie ich das habe übersehen können«, sagte der Inspektor ärgerlich.
»Es war auch unsichtbar, ganz im Schlamm vergraben. Ich entdeckte es nur, weil ich danach suchte.«
»Was – Sie erwarteten, es zu finden?«
»Ich hielt es nicht für unwahrscheinlich.«
Holmes nahm jetzt den Schuh und den Stiefel aus dem Sack und verglich den Abdruck, welchen sie hinterließen, mit den Fußspuren auf dem Boden. Dann kletterte er an der Böschung hinauf und kroch unter den Farnkräutern und dem Gebüsch umher.
»Schwerlich werden noch andere Spuren vorhanden sein«, sagte der Inspektor. »Ich habe den Boden auf hundert Meter nach allen Richtungen hin sorgfältig untersucht.«
Holmes stand auf. »Wenn das der Fall ist«, meinte er, »so wäre es meinerseits mehr als überflüssig, wollte ich es noch einmal tun. Aber einen kleinen Gang über das Moor möchte ich doch machen, ehe es dunkel wird, damit ich morgen schon etwas Bescheid weiß. Auch möchte ich gern das Hufeisen in die Tasche stecken, das bringt Glück.«
Oberst Roß, der zuletzt nicht ohne deutliche Zeichen von Ungeduld der ruhigen und systematischen Arbeit meines Gefährten zugesehen hatte, zog jetzt die Uhr heraus.
»Es wäre mir lieb, wenn Sie mit mir zurückkämen, Herr Inspektor«, sagte er. »Ich möchte noch über verschiedene Punkte Ihren Rat hören; besonders frage ich mich, ob wir nicht dem Publikum gegenüber verpflichtet sind, den Namen des Pferdes aus der Wettbewerbsliste zu streichen.«
»Keinesfalls!« rief Holmes mit Entschiedenheit, »lassen Sie den Namen nur stehen!«
Der Oberst verbeugte sich. »Es freut mich sehr, daß Sie der Ansicht sind«, sagte er. »Sie werden uns im Haus des armen Straker finden, wenn Sie von Ihrem Gang zurückkommen, und wir fahren dann wieder zusammen nach Tavistock.«
Er kehrte in Begleitung des Inspektors um, während wir, Holmes und ich, langsam über das Moor schritten. Die Sonne begann eben hinter den Stallgebäuden von Mapleton zu sinken; über der weiten, abschüssigen Ebene vor uns lag ein goldener Schimmer ausgebreitet, der sich dort in ein sattes, prächtiges Rotbraun verwandelte, wo der Abendschein auf das dürre Farnkraut und das Dorngesträuch fiel. Aber die ganze landschaftliche Schönheit ging spurlos an meinem Gefährten vorüber, der tief in Gedanken versunken war.
»Es wird am besten sein, Watson«, sagte er endlich, »wir lassen die Frage, wer John Straker umgebracht hat, fürs erste ganz aus dem Spiel und beschränken uns darauf, zu ergründen, was aus dem Rennpferd geworden ist. Angenommen, es hätte sich vor oder nach dem Totschlag losgerissen, wohin könnte es gelaufen sein? – Das Pferd ist ein sehr geselliges Tier. Seinen eigenen Trieben überlassen, würde es entweder nach Kings Pyland zurückgekehrt oder nach Mapleton hinübergetrabt sein. Warum sollte es auf dem Moor in der Irre umherlaufen? Jedenfalls hätte man es dann schon aufgefunden. Auch daß die Zigeuner es gestohlen haben, ist unwahrscheinlich. Diese Leute machen sich immer aus dem Staube, wenn sie von einem Unfall hören, weil sie fürchten, durch die Polizei behelligt zu werden. Verkaufen könnten sie ein solches Pferd doch nicht; wenn sie es aber mit sich führten, würden sie sich nur einer großen Gefahr aussetzen und keinerlei Gewinn davon haben. Das liegt doch auf der Hand.«
»Wo soll es denn aber sein?«
»Wie ich dir schon gesagt habe – es muß nach Kings Pyland oder nach Mapleton gelaufen sein. In Kings Pyland ist es nicht, also ist es in Mapleton. Laß uns diese Annahme fürs erste festhalten und sehen, wohin uns das führt. Dieser Teil des Moors ist sehr hart und trocken, wie der Inspektor schon bemerkt hat. Aber nach Mapleton zu senkt sich der Boden, und der lange Hohlweg, den wir dort drüben sehen, muß Montag nacht ziemlich naß gewesen sein. Habe ich recht in meiner Vermutung, so ist das Pferd hinübergelaufen., und das ist auch die Stelle, wo wir nach seiner Spur suchen müssen.«
Wir waren während dieses Gesprächs