In der Mondnacht: Märchen. Hans Wachenhusen

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In der Mondnacht: Märchen - Hans Wachenhusen

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Giebt für mich gar keine Polizei! sagte er so stolz, als wäre er mindestens der Kaiser von Rußland.

      – Höre 'mal, kleiner Patron, Du scheinst mir ein Landstreicher zu sein!... Doch gleichviel, ich will Dich nicht verrathen; sag' mir nur, wer Du bist.

      – Du kennst mich also nicht mehr! Was für ein kurzes Gedächtniß Ihr Menschen doch habt!... Ich bin ja Puck!

      – So? Du bist Puck?... Und wer ist denn Puck, wenn ich fragen darf?

      – Was? Du willst ein Dichter sein und kennst den kleinen Puck nicht einmal?... Schämen solltest Du Dich!

      – Nun ja, Du närrischer Kauz, da wir unter uns sind, will ich das ja gerne thun; aber sage mir wenigstens...

      – Ich bin ja der kleine Puck, der Euch einfältigen Leuten, die Ihr Euch Dichter nennt, alle die schönen Märchenträume erzählt. Was wäret Ihr wohl ohne mich?

      – So? Also Du bist der kleine Schelm?

      – Das will ich meinen! Ich reise in der ganzen Welt umher und erzähle, was ich weiß, den Märchenschreibern. Andersen in Dänemark, die beiden Grimm's in Deutschland, Asbjörnsen und Jörgen Moe in Norwegen, Alle haben sie ihre Märchen von mir und noch gestern Nacht war ich in England und habe dem Charles Dickens ein ganz famöses Märchen erzählt.... Alle, wie sie da gebacken sind, wüßten sie nicht so viel ohne mich! rief der kleine Wicht, mir ein Schnippchen vor der Nase schlagend.

      – Aber was willst Du denn bei mir? fragte ich ihn.

      – Dir auch was erzählen!

      – Aber doch was Gescheidtes?

      – Das versteht sich! Thu' nur die Ohren auf!

      – Gut; so fange an!

      Rittlings setzte sich nun der kleine Knirps auf eine Falte meiner Bettdecke, fing an zu erzählen und machte dabei immer so und so mit den Händen wie der Pastor, wenn er auf der Kanzel steht.

      Das dauerte wohl bis gegen Morgen. Als er fertig war, griff er in die Tasche, legte mir ein Mohnkörnchen in jedes Auge, und ich schlief ein.

      Wo er geblieben ist, weiß ich nicht; was er mir aber erzählt, das habe ich hier getreulich nieder geschrieben.

       Inhaltsverzeichnis

      Hört an: Es war einmal ein König, der hatte viel Land und Leute, sein Reich erstreckte sich von Aufgang bis Niedergang der Sonne, auch herrschte viel Gelehrsamkeit und Verkehr in demselben, und Das, meinte er, sei sein Werk.

      Aber seine Unterthanen sagten ihm nach, er sei zwar ein recht guter König, doch lasse er sein Land durch seine Minister und Beamten regieren, die es aussögen, den König hintergingen und nur für ihre eigenen Säckel sorgten.

      So kam es denn, daß sehr viele Bittschriften von Unglücklichen im Schlosse einliefen. Von diesen aber kamen nur sehr wenige in die Hand des Königs und auf die wenigen, welche ihm vor Augen gelangten, antwortete er, es sei unmöglich, daß er Alles selbst übersehen könne, seine Minister seien alle brave Männer, die würden das schon besorgen; übrigens sei sein Land das allerglücklichste der Welt.

      Das war aber keineswegs der Fall, denn im Lande sah es von Jahr zu Jahr immer trüber aus; die Bürger verarmten, die Reichen verschluckten den Schweiß der Armen und je mehr Minister der König anschaffte, desto schlechter wurde es.

      Da kam eines Tages ein reisender Brillenhändler in das Schloß des Königs, der sagte, er komme aus dem fernen Orient und habe Gläser erfunden, durch welche man Alles sehen könne, was man wolle.

      – Das wäre! – sagte der König. Wenn Du also wahr sprichst, so gieb mir ein Glas, durch welches ich über mein ganzes Land blicken und Alles sehen kann, was in demselben vorgeht!

      Und der Brillenhändler gab ihm ein großes Fernglas, das war von außen ganz schwarz und wohl drei Ellen lang. Darauf reiste er ab.

      Der König aber stieg auf die höchste Zinne seines Schlosses und schaute hinaus in sein Land.

      Aber was sah er durch dieses Fernglas? Fast nichts als Armuth und Elend in den Hütten, Hader und Neid in den Häusern der Reichen, Uebermuth und schändliche Ausschweifungen in den Palästen. Er sah in den Hütten der Armen die Söhne ihre eigenen Eltern hinausstoßen und abgezehrte Kinder an trocknen Knochen und Schuhsohlen nagen; er sah in den Werkstätten der Handwerker die Arbeit ruhen und die Väter und Mütter ihre Hände vergebens nach Brot ringen; er sah an den Schwellen der Reichen den Bettler unbarmherzig verjagen und in den Palästen der Vornehmen das Geld aufgestapelt, das er alljährlich prägen ließ.

      – Das ist ein schändlicher Betrüger! rief der König aus und warf das Glas bei Seite. So sieht es in meinem Lande nicht aus, denn mein Land ist das allerglücklichste der Welt!

      Und der König schaute nie mehr durch dieses Glas, und setzte einen Preis aus für Denjenigen, welcher ihm den Betrüger zur Stelle schaffen könne, der ihm dieses Fernglas verkauft.

      Aber Niemand fand ihn und alle Nachforschungen blieben vergebens.

      Wohl ein Jahr war verflossen, da trat der reisende Brillenhändler wieder in das Schloß. Der König fuhr ihn hart an und befahl, ihn zu verhaften und in Ketten zu legen.

      – Hoher König, sagte der Brillenhändler, Du befahlst mir ja, Dir ein Fernglas zu geben, durch welches Du Alles sehen könnest, was in Deinem Lande vorgehe!

      – Dein Glas lügt aber! rief der König. Mein Land ist das glücklichste der Welt! Gieb mir ein Fernglas, durch welches ich meine Unterthanen glücklich sehen kann, so soll Dir vergeben sein!

      Und der Brillenhändler gab dem König ein anderes Fernglas, das war außen ganz weiß und ebenfalls wohl drei Ellen lang. – Dann reiste er wieder ab.

       Der König aber stieg auf die höchste Zinne seines Schlosses und schaute in sein Land hinaus. Wohl sah er viel weniger durch dieses, als durch das vorige Glas, aber was er sah, das war Glück und Frieden.

      – So sieht mein Land aus! Ich wußte ja, daß es glücklich sei! sagte er und stieg wieder von der Zinne herab und lobte seine Minister dafür, daß sie sein Land so glücklich verwalteten.

      Also verging wohl ein Jahr, während dessen der König alle vier Wochen auf die Zinne seines Schlosses stieg und ausschaute.... Er sah mit jedem Male immer weniger durch das Glas, aber was er sah, das war Glück und Frieden.

      Endlich konnte er gar nichts mehr durch das Fernglas sehen. Er gab es seinen Dienern, die sollten es putzen, denn der König meinte, es sei von dem langen Gebrauch blind geworden. Aber so viel die Diener auch putzten, das Glas blieb blind. Der König indeß wußte, daß sein Land glücklich sei.

      Und wieder verging ein Jahr. Da brach im Lande ein Bürgerkrieg aus; die Paläste der Reichen gingen in Flammen auf und eine Seuche verbreitete sich über alle Provinzen. Die Unruhen ließ der König zwar dämpfen, aber die Seuche wüthete fort und warf den König selbst aufs Krankenlager, der

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