Beiträge zur Entdeckung und Erforschung Africa's Berichte aus den Jahren 1870-1875. Gerhard Rohlfs
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Alle seefahrenden Nationen hatten sich bei dieser großartigen Feier durch ihre Flotten vertreten lassen und von Fürstlichkeiten waren der Kaiser von Oesterreich, der deutsche Kronprinz (damals noch Kronprinz von Preußen), die Kaiserin Eugenie und Prinz Heinrich der Niederlande erschienen. Alle waren Gäste des Chedive, aber nicht sie allein, sondern Tausend andere. Ja der Schreiber dieser Zeilen, welcher ebenfalls eine Einladung erhalten hatte, der er leider eingetretener Umstände halber nicht Folge geben konnte, weiß aus späterem Besuche in Aegypten, daß eine Menge ungeladener Gäste flott sich unter die Geladenen drängte und auf Kosten des Chedive den Festlichkeiten anwohnte. Man berechnet die Zahl der damals anwesenden Fremden auf 30,000 Personen.
Der dabei entwickelte Pomp, die Verschwendung, welche ostensibel zur Schau getragen wurde, sind unbeschreiblich; aber für den Orient, wo Alles auf Aeußerlichkeit berechnet ist, kann man sie kaum übertrieben nennen.
Wenn nun auch der Kanal bei der Eröffnung vollständig planmäßig hergestellt war, so war doch im Mai 1871 erst die Ausbaggerung des Kanals soweit vollendet, daß er in seiner ganzen Länge eine mittlere Tiefe von 8,50 Meter hatte, so daß Schiffe mit 7 Meter Tiefgang ungehindert den Kanal passiren konnten.
Im ersten Jahre hat man noch, eingeschlossen die Ausbaggerung des Außenhafens bei Port-Said, 563,060 Kubikmeter ausgeräumt, aber eine im December 1871 vorgenommene Sondirung in einer Entfernung von je 18,50 Meter vorgenommen ergab überall die Tiefe als normal. Es bestätigte sich denn auch, daß der Kanal keineswegs so viel zu leiden hatte von den Sandwehen der Dünen oder vom Abschwemmen der Ufer durch den Wellenschlag vorbeifahrender Dampfer. Ebenso haben die in Port-Said errichteten Molen vollkommen gut dem schlechtesten Wetter getrotzt, denn einige Senkungen, welche man übrigens vorausgesehen hatte, haben auf die allgemeine Sicherheit keinen Einfluß gehabt.
Die Leichtigkeit, mit welcher der Verkehr vor sich geht, hat überhaupt alle die bösartigen Voraussetzungen und Meinungen, die man anfangs mit der Lebensfähigkeit des Kanals in Verbindung brachte, zu nichte gemacht.
Im | Jahre | 1870 | passirten | 486 | Schiffe |
" | " | 1871 | " | 765 | " |
" | " | 1872 | " | 1082 | " |
" | " | 1873 | " | 1173 | " |
" | " | 1874 | " | 1264 | " |
Seit der Einweihung haben bis Ende 1874 4770 Schiffe den Kanal passirt mit einem Gesammttonnengehalt von 8,050,338; davon waren circa vier Fünftel Dampfer und nur ein Fünftel Segler. Die Einnahmen betrugen vom Beginn der Eröffnung bis Ende 1874 78,317,352 Frs. Am besten wird das stete Wachsen der Einnahme veranschaulicht, wenn wir die des ersten Jahres mit 5,159,327 Frs. gegen die des Jahres 1874 mit 24,859,383 Frs. halten.
Wir sehen aber, daß bei Weitem der größte Theil der Schiffe den Engländern gehört, ihr Land also in Wirklichkeit den größten Nutzen vom Durchstich der Landenge von Suez gehabt hat. Was würde Lord Palmerston, dieser eifrigste Gegner des Suezkanales, gesagt haben, hätte er ein solches Resultat noch erleben können.
Die jährlichen Ausgaben des Kanals waren auf circa 5,000,000 Frs. veranschlagt, da aber im ersten Semester 1872 die Einnahmen sich schon auf mehr als eine gleiche Summe bezifferte und da der Transit fortwährend im Steigen begriffen ist, so kann man mit Zuversicht der Zukunft entgegensehen.
Seit dem Juli 1872 hat die Umwandlung des officiellen Tonnengehaltes in die des sogenannten "gross tonnage" die Einnahmen um 40 bis 50% gesteigert.
Längs des ganzen Kanals hatte man von Mitte 1871 Fluthmesser angebracht auf sechszehn verschiedenen Stationen. Von sechs Uhr Morgens bis sechs Uhr Abends wird viertelstündlich die Höhe des Wassers, die Schnelligkeit der Strömung des Wassers und die Windrichtung gemessen, so daß man jeden Augenblick am Tage die Fluthwelle von Port-Said bis Suez in Erfahrung bringen kann. Das aus dem rothen Meere kommende Wasser fließt gegen das Mittelmeer mit einer intermittirenden Geschwindigkeit, welches von der ungleichen Gezeitung beider Meere verursacht wird.
Zu erwähnen ist noch, daß die Leuchtthürme von Port-Said und Suez ebenso wie die, welche längs des Kanals aufgestellt sind, von electrischem Lichte erleuchtet werden, der von Port-Said durch magneto-electrische Maschinen, welche durch Dampf in Thätigkeit gesetzt werden.
Trotz des großen Aufschwungs, den der Kanal genommen hat, knüpfen sich an seine Existenz nicht unwichtige Fragen, welche bei einer eventuellen Unabhängigkeitserklärung Aegyptens zum Austrag kommen dürften. Jedenfalls besitzen wir aber dermalen in der Verbindung der beiden Meere ein Werk so großartig, daß es bis jetzt durch kein anderes Unternehmen ähnlicher Art übertroffen worden ist.
2. Bauten in Afrika.
Wenn wir hier die Bauweise der in Afrika befindlichen Völker, soweit es dessen Norden und Centrum angeht, beschreiben wollen, so sehen wir selbstverständlich von den antiken Baudenkmälern ab. Allein die Schilderung der Bauten, welche wir in Aegypten namhaft machen könnten, würde Bände, oder der, welche wir in den sogenannten Berberstaaten antreffen, seien es nun Reste der Libyer, Phönicier, Griechen, Römer und Christen der ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung, würde Folianten füllen, wenn Jemand sich der Mühe unterziehen wollte, ausschließlich diesen Gegenstand zu behandeln.
Indem wir aber wiederum Aegypten außer unserem Bereiche lassen, so weit es die neuen Bauten jetzt lebender Generationen anbetrifft, so glauben wir damit vollkommen im Rechte zu sein; denn die Paläste, die Moscheen, welche von den jetzigen Herrschern des Landes der Pharaonen errichtet worden sind, wurden nicht von den Aegyptern selbst erbaut. Ausländische Architekten leiteten die Construction, und nur die roheste Arbeit wurde von den Eingeborenen selbst verrichtet.
Anders ist es in den Berberstaaten. Obschon auch hier der christlich-europäische Einfluß sich nicht leugnen läßt, namentlich bei den Baulichkeiten von Tripolitanien, Tunesien und Algerien, so finden wir hier doch noch mehr einheimisches Wesen und Form. Fast ganz rein von europäischen Einflüssen hat sich die Bauweise in Marokko gestaltet, obschon die monumentalen Gebäude fast alle aus der Periode her datiren, wo dieses Reich mit Spanien eng verknüpft war.
Die colossalen Bauten von Fes, die Djemma-el-Karuin, die Djemma-Mulei-Dris, die Paläste des Kaisers, drei an der Zahl, das umfangreiche