Der Wehrwolf: Eine Bauernchronik. Löns Hermann

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Der Wehrwolf: Eine Bauernchronik - Löns Hermann

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      Am folgenden Tage aber, als der kleine Hermke auf seinen Knieen Hopphoppreiter machte, ihm die Ohren lang zog und lustig krähte, bekam er wieder helle Augen, doch als er nachher säete, wollte ihm das, was er im Kruge belebt hatte, nicht aus dem Sinne.

      »Das soll doch mit dem Deubel zugehen,« dachte er, »daß ich dem hergelaufenen Kerl das Pferd für nichts und wieder nichts lassen soll und obendrein noch einen ausgeben muß!« Er dachte lange über die Sache nach und weil er doch auf dem Ulenhofe zu tun hatte, besprach er sich mit seinem Schwiegervater.

      »Tja,« sagte Ulenvater und spuckte in das Feuer, »tja, das ist eine dummerhaftige Sache. Du kannst den Schaden ja wohl bören, aber ein Pferd ist doch kein Hühnerei und reichlich gut zum Verschenken. Weißt du was? Ich habe sowieso in Celle zu tun, und da wollten die Völker ja hin, wie du sagst. Ich will mal sehen, was sich machen läßt. Ich komme mit den Herren vom Hofe ganz gut aus, seitdem sich unser Herzog damals hier auf der Jagd über das wilde Schweinelied halb ungesund gelacht hat. Vielleicht ist es gut, daß du mitfährst. Heute kann ich nicht, aber morgen.«

      Sie fuhren dann auch am andern Morgen los. Es war wieder ein schöner Tag; die Lerchen sangen über der Haide und im Bruche flötete der Kolüt. Die beiden Bauern aber sahen brummig vor sich hin und als sie vor sich drei Reiter zu Gesicht bekamen, faßte Harm die Zügel fester und Ulenvater legte die Pistole, die er mitgenommen hatte, neben sich in das Wagenstroh. Die Reiter aber ritten vorbei, indem sie ihnen nur eben dankten, als sie ihnen die Tageszeit boten.

      Es waren drei Kerle mit Gesichtern, wie sie der Teufel nicht besser haben kann; der eine konnte seine Augen gar nicht von dem Gespanne wegkriegen, und als Harm sich umdrehte, sah er, daß sie haltgemacht hatten und miteinander redeten. Aber dann setzten sie sich in Trab und ritten quer in die Haide hinein.

      Noch allerlei Volk begegnete ihnen; zuerst zwei Landstreicher, dann drei, dann Tatern, die mit ihrem Planwagen dahergezogen kamen, und in dem es von nackigten Kindern wimmelte. Eins davon, ein Mädchen, das wohl schon an die dreizehn Jahre alt war, aber so bloß war wie ein Fisch, sprang aus dem Wagen und ehe Harm es sich versah, saß es bei ihm auf dem Sattelpferd und bettelte ihn an und drei, vier andere machten sich bei Ulenvater im Wagen zu schaffen.

      »Das Takelzeug ist noch zäher als wie Hirschläuse,« meinte der Wulfsbauer, als sie die nackte Gesellschaft abgeschüttelt hatten, und er setzte hinzu: »Was für Völker jetzt im Lande herumstromen! Eine Schande ist es, daß da nichts getan wird! Gaudiebe und Vagelbunden sind beinahe die Herren jetzt. Wenn das so beibleibt, kann es noch gut werden.«

      Indem er sich nach den Zigeunern umsah, wurde er gewahr, daß die drei Reiter umgedreht hatten und hinter ihnen herkamen. Das schien ihm verdächtig und deshalb ließ er die Pferde ordentlich laufen; so kam er früher vor der Stadt an, als die Reiter.

      Bei dem Tore sah es bunt aus; eine Menge fremden Kriegsvolkes lag dort, und als die Bauern den Wächter fragten, was das für eine Bewandtnis habe, hörten sie, daß das allerlei Gesindel war, daß der Halberstädter Bistumsverwalter Christian von Braunschweig gegen die Kaiserlichen angeworben hatte. Die Leute hielten sich ziemlich anständig, denn sie lagen unter den Kanonen der Stadt und eine Abteilung herzoglicher Kriegsknechte unter einem Hauptmann paßte auf, daß sie keinen Unfug anstellten. Aber Harm dachte sich, als er sie besah: »Die mehrsten sehen aus, als wenn sie mit einem Strick um den Hals weggelaufen sind.«

      In Celle spannten sie in der Wirtschaft zur goldenen Sonne aus, wo sie gut bekannt waren, und frühstückten mit vier Bauern aus dem Gau Flottwede. »Wir werden bald allerlei gewahr werden,« meinte der Wathlinger Burvogt; »die Wienhäuser Nönnekens haben sich schon dünne gemacht, denn sonst könnten sie wohl bald ihr Nonnenfleisch losgeworden sein. In Altencelle haben die Halunken von Kriegsleuten den Bauern mit Gewalt die Würste und Schinken genommen und sie obendrein mit Schlägen zugedeckt. Der Vollmeier Pieper in Burg liegt auf den Tod; er wollte es nicht leiden, daß sie sich an seinen Töchtern vergriffen, und da hat ihm ein Kerl mit dem Säbel über den Kopf geschlagen, daß der Brägen herauskam.«

      Er sah sich um und flüsterte dann: »Der Kerl, der das getan hat, ist aber auch verschwunden; es wird gesagt, die Knechte haben ihn um die Ecke gebracht. In Wathlingen sind auch zwei von den Brüdern fortgekommen. Meinen Segen haben sie!«

      »Das ist das eine,« sagte ein Bauer aus Eicklingen, »das ist das eine. Seines Lebens ist man nicht mehr sicher, und dazu kommen noch die Steuern. Der Landtag hat die dreifache Schatzung ausgeschrieben und es heißt, daß das nicht das letztemal sein soll, denn das Land braucht jetzt Geld für Soldaten. Ja, das ist wohl so, und das wäre auch noch auszuhalten, aber dann kommen die fremden Völker und legen uns auch noch allerlei Lasten auf, das heißt, wenn sie nicht überhaupt nehmen, was sie kriegen können. Pohlmanns Ludjen haben sie eine milchende Kuh von der Weide genommen, und als er wenigstens Geld wollte, haben sie ihn ausgelacht, und als Hein Reimers vom Felde kam, ist er zwei gute Pferde auf die Art losgeworden. Wenn das so weiter geht, gibt es kein Recht und kein Gesetz mehr!«

      Nun erzählten die Ödringer, weswegen sie nach Celle gekommen waren; aber alle meinten, sie sollten den Falben ruhig in den Rauchfang schreiben, denn wenn die Obrigkeit hinter alle solche Sachen hinterfassen sollte, dann hätte sie viel zu tun. Ul aber meinte, versuchen wollte er es doch und ging los.

      Nach zwei Stunden kam er wieder und ließ den Kopf hängen, wie ein krankes Huhn. Ganz begossen sah er aus. »Ja, Junge,« sagte er, »ist das ein Betrieb! Angeschnauzt haben sie mich; ich sollte sie mit solchen Dummheiten in Ruhe lassen, denn sie hätten Notwendigeres zu tun, als hinter deinem Pferde herzulaufen. Na, so unrecht haben sie ja nicht, denn wie mir der zweite Koch erzählte, geht es ja jetzt in der Welt her, wie in einem Ameisenhaufen, bei dem der Specht zugange ist. Die Kaiserlichen kommen von der einen, der Braunschweiger und der Durlacher von der anderen Seite, und was unser regierender Herzog ist, der muß zusehen, daß er sich nicht dabei die Finger klemmt. Na, Mertens meinte, Herzog Georg, den sie doch zum Kreisoberst gemacht haben und der an die zwanzigtausend Mann unter sich hat, der wird schon dafür sorgen, daß sie uns nicht lebendig schinden. Aber den Falben bist du darum doch quitt. Tors Pferd soll den Kerl schlagen!«

      Er schlug sich Feuer für seine Pfeife, spuckte vor sich hin und sah seinen Eidam an: »Ich weiß nicht, ich glaube, es geht nicht anders: wir müssen daran denken, was dein Großvater immer sagte: Helf dir selber, dann helft dir auch unser Herregott! Denn warum? Die Obrigkeit, die wird alle Hände voll zu tun haben, daß sie im allgemeinen für Ordnung sorgt, soweit das angeht; der einzelne Mann muß sich selber wahren. Ich weiß man nicht, wie wir das anstellen sollen; denn was sollen wir zum Beispiel machen, wenn solche Galgenvögel, wie sie vor dem Tore liegen, hundert Stück und mehr, nach Ödringen verschlagen werden?«

      »Komm,« meinte er dann, »wollen weg! Hier haben wir ja doch nichts mehr zu holen.« Er rief den Wirt und bezahlte. »Nanu,« schrie er auf einmal, »Harm, Junge, was ist denn das?« Und schnell lief er aus der Türe. Als Harm ihm in den Hof nachging, sah er, daß einer der drei Reiter, die ihnen am Morgen begegnet waren, das Sattelpferd aus dem Stalle zog.

      »Hoho!« rief er und machte das Messer locker, »was soll denn das heißen?« Der fremde Mann sah ihn an und lachte: »Na, ich kann mir ja doch wohl das Pferd mal ansehen! Ich habe dem Knecht das ja gesagt und ihn gefragt, wem es gehörte. Ich bin nämlich Pferdehändler und dein Pferd hat mir gleich in die Augen gestochen, denn es paßt ganz zu einem, auf das ich handele, und das würde ein feines herrschaftliches Gespann geben. Was soll es gelten?«

      Der Wulfsbauer schüttelte den Kopf: »Es ist mir nicht feil,« sagte er und führte es vor den Wagen. »Na, denn nicht; was nicht ist, kann noch werden. Vielleicht besinnst

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