Dr. Daniel Staffel 1 – Arztroman. Marie Francoise

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Dr. Daniel Staffel 1 – Arztroman - Marie Francoise Dr. Daniel Staffel

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lange allein gelassen. Und glaub mir – gemeinsam werden wir einen neuen Anfang schaffen.«

      *

      Schon seit Stunden lag Kerstin Wenger wach im Bett. Neben sich hörte sie die gleichmäßigen Atemzüge ihres Mannes, und für einen Augenblick bereute sie, daß sie ihm nichts von dem Gespräch mit Dr. Daniel erzählt hatte. Jetzt war sie mit ihrer Angst völlig allein.

      Andererseits brauchte Helmut seine ungestörte Nachtruhe. Er hatte es in der CHEMCO schwer genug, vor allem seit er Vorsitzender des Betriebsrates war.

      Mit einem leisen Seufzer wälzte sich Kerstin auf die andere Seite. Im nächsten Moment spürte sie Helmuts tastende Hand.

      »Was ist los, Liebling? Kannst du nicht schlafen?« fragte er leise.

      Mit einem heftigen Aufschluchzen warf sich Kerstin in seine Arme.

      »Helmut, ich… ich glaube, ich habe Krebs«, platzte sie unter Tränen heraus.

      Helmut Wenger erschrak zutiefst. War er zuvor noch ein wenig schläfrig gewesen, so hatten Kerstins Worte ihn jetzt mit brutaler Grausamkeit wachgerüttelt.

      »Krebs?« wiederholte er fassungslos. »Aber… ich verstehe nicht… wieso glaubst du…«

      »Ich war heute bei Dr. Daniel«, begann Kerstin leise zu erzählen. »Er hat einen Abstrich genommen… die normale Krebsvorsorgeuntersuchung. Und bisher war auch nie etwas, aber heute… er hat gesagt, er muß es ins Labor schicken.«

      »Dann… ist es also noch nicht sicher.« Aus Helmuts Worten klang Hoffnung.

      »Nein, aber… ich habe Angst«, gestand Kerstin.

      Zärtlich nahm Helmut sie in die Arme. »Vielleicht solltest du nicht zu schwarz sehen, Liebes. Es kann doch wirklich ganz harmlos sein.«

      Kerstin nickte, doch sie dachte dabei an den besorgten Blick Dr. Daniels, und sie war sicher, daß er hinter dem veränderten Abstrich etwas Bösartiges vermutete.

      *

      Es tat Dr. Daniel richtig gut, von seiner Schwester ein bißchen verwöhnt zu werden. Er und Irene hatten sich ja immer gut verstanden, und so sah der Arzt ein wenig hoffnungsvoller in die Zukunft. Mit Irenes Hilfe würde alles einfacher werden.

      »Hast du mit der Wohnung alles geregelt?« wollte Irene wissen, als sie am Samstag nachmittag vor den gepackten Koffern stand.

      Dr. Daniel nickte. »Ich habe diesen Umzug von langer Hand geplant – auch wenn ich damals noch schreckliche Angst vor einem neuen Anfang hatte.« Er senkte den Kopf. »Und ich habe noch immer Angst. Schließlich kehre ich dorthin zurück, wo ich mit Christine so glücklich gewesen bin.«

      Mit einer liebevollen Geste streichelte Irene über seine Wange. »Du schaffst das schon, Robert, da bin ich ganz sicher.«

      Dr. Daniel seufzte. »Dann ist wenigstens einer von uns beiden davon überzeugt, daß ich das Richtige mache.«

      Das Hupen eines Lastwagens riß ihn in die Wirklichkeit zurück.

      »Ah, die Möbelspedition ist hier«, erklärte er. »Tja, dann gibt es ohnehin kein Zurück mehr.«

      Irene warf einen Blick in die Runde. »Wo willst du das ganze Zeug eigentlich unterbringen? Du hast dich hier doch vollkommen neu eingerichtet.«

      Dr. Daniel zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Vorerst werde ich wohl alles in den Keller stellen.« Er zwang sich zu einem Lächeln. »Vielleicht ziehe ich dort hinunter, wenn die Erinnerungen zu erdrückend für mich werden.«

      Irene winkte ab, dann ließ sie die Männer der Möbelspedition in die Wohnung. Sie schienen über diesen Auftrag nicht sonderlich erfreut zu sein. Es war ja auch kein Vergnügen, sperrige Möbel über fünf Stockwerke und durch ein schmales Treppenhaus nach unten zu befördern.

      »Wir können Sie hier allein lassen, oder?« fragte Dr. Daniel.

      Der große, breitschultrige Mann, der offensichtlich das Kommando führte, nickte. »Klar, Herr Daniel. Wir kriegen das Zeug schon heil hinunter. Und den Weg nach Steinhausen kennen wir auch.« Er zögerte. »Sagen Sie, in Ihrem Haus… müssen wir da mit den Möbeln wieder ein paar Stockwerke hoch hinauf?«

      Dr. Daniel schüttelte lächelnd den Kopf. »Keine Angst, meine Herren, da müssen Sie nur in den Keller hinunter, und ich habe ein sehr geräumiges Treppenhaus.«

      Der Mann atmete sichtlich auf. »Das ist gut. Also, Herr Daniel, bis in drei oder vier Stunden sind wir dann bei Ihnen.«

      »Gut.« Dr. Daniel sah seine Schwester an. »Dann fahren wir beide schon mal los.«

      Die Fahrt in den kleinen Vorgebirgsort Steinhausen verlief nahezu schweigend, und je näher sie ihrem Ziel kamen, desto mehr nahm Dr. Daniel das Tempo zurück.

      »Wenn du so weitermachst, dann kannst du gleich zu Fuß gehen«, meinte Irene mit einer Spur Sarkasmus, dann legte sie eine Hand auf Dr. Daniels Arm. »Irgendwann mußtest du diesen Schritt tun, Robert. Schließlich willst du deine Praxis doch nicht ewig geschlossen halten. Und Christine hat dir die Villa nicht umsonst hinterlassen. Sie wußte, daß sie sterben würde, und sie wollte, daß du dort weiterlebst.«

      Wieder seufzte Dr. Daniel. »Ich weiß, Irene, aber… es ist so furchtbar schwer.« Dann schwieg er wieder.

      Sie passierten das Ortsschild von Steinhausen und erreichten den Mittelpunkt des adretten Vorgebirgsdörfchens, den die romantische Pfarrkirche St. Benedikt darstellte. Hier hielt Dr. Daniel seinen Wagen an und sah prüfend durch die Windschutzscheibe.

      »Es hat sich nichts verändert«, stellte er fest, und es klang, als wäre er fast ein wenig überrascht. Fünf Jahre waren vergangen, doch in Steinhausen schien die Zeit stillgestanden zu haben. Dr. Daniels Blick fiel auf die schlanken Kamine der Chemiefabrik CHEMCO, die sich stolz in die Höhe reckten.

      »Die Bergmanns regieren also immer noch hier«, erklärte er mit leiser Bitterkeit. »Schau die diese hübschen Häuser an und dann die verdammte Chemiefabrik. Sie paßt überhaupt nicht hierher und ich…«

      »Reg dich nicht schon wieder auf«, fiel Irene ihm besänftigend ins Wort. »Dazu hast du künftig noch genug Zeit.«

      Dr. Daniel winkte ab. »Es ist unsinnig, sich darüber aufzuregen. Die CHEMCO wird noch stehen, wenn wir schon alle verrottet sind.«

      Er ließ den Motor wieder an und fuhr weiter, bis er den Kreuzbergweg erreichte, der sich steil nach oben schlängelte. Langsam nahm er die Steigung und bog schließlich auf dem großen Vorplatz ein. Sein Blick fiel auf das Schild »Patientenparkplatz«, und unwillkürlich mußte er daran denken, wie viele Autos hier immer gestanden hatten. Jetzt war der Vorplatz leer.

      Dr. Daniel zögerte einen Moment, dann wandte er sich seiner Schwester zu.

      »Läßt du mich bitte allein hineingehen?« fragte er leise.

      Irene nickte. »Natürlich, Robert. Laß dir nur Zeit.«

      Dankbar drückte Dr. Daniel ihre Hand, dann öffnete er die Autotür und stieg aus. Groß und wuchtig stand die weiße Villa am Hang und hinter ihr ragte majestätisch der Kreuzberg auf. Dr. Daniel dachte daran, wie

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