Die Vampirschwestern 9 - Ein Sommer zum Abhängen. Franziska Gehm

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Die Vampirschwestern 9 - Ein Sommer zum Abhängen - Franziska Gehm Die Vampirschwestern

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Franziska Gehm

      Die Vampirschwestern – Ein Sommer zum Abhängen

      Ein friedlicher Abend

      Es war Sommer in der Stadt. Die Sonne senkte sich wie eine bernsteinfarbene, glänzende Brosche über die Dächer von Bindburg und tauchte den Abendhimmel in ihr honiggelbes Licht. Es roch noch immer nach der Hitze des Tages, nach Sommerflieder, nach Erdbeereis und nach Sonnencreme. Durch den Geruch von frisch gemähtem Gras zogen sich aus den Gärten und Parks die ersten Schwaden von brutzelndem Grillfleisch.

      Das Knattern der Mofas hallte durch die staubigen Straßen, Kinderlachen drang aus den Hinterhöfen und zwei Vögel unterhielten sich zwitschernd von Birnbaum zu Apfelbaum. In einer Wohnsiedlung am nördlichen Rand der Großstadt tuckerte ein flaschengrüner alter Dacia im Rückwärtsgang aus der Einfahrt des letzten Hauses im Lindenweg. Am Steuer saß eine Frau mit rotbraunen Haaren und nachtblauen Augen. Der Beifahrer trug trotz der Hitze einen schwarzen Anzug mit breitem Kragen und darunter ein blutrotes Hemd. Statt eines Einstecktuchs ragte eine Scheibe Blutwurst aus seiner Brusttasche. Mihai Tepes, Vollblutvampir aus Transsilvanien, stolzer Vater der Halbvampirzwillinge Silvania und Daka und Besitzer des flaschengrünen Dacias, warf der Fahrerin, seiner Ehefrau Elvira, ein charmantes Lächeln zu. Sein schwarzer Schnauzbart (der sich normalerweise wie zwei Lakritzschnecken kringelte, aufgrund der Hitze aber wie zwei zerkochte Nudeln nach unten hing) zuckte kurz. „Endlich, moi Miloba“, hauchte er mit rauer Stimme. Moi Miloba war vampwanisch und hieß „meine Liebe“.

      Elvira Tepes, die seit 13 Jahren mit einem Vampir verheiratet war, verstand natürlich jedes Wort. Meistens verstand sie ihren Mann sogar ganz ohne Worte. „Endlich – gehen wir zu einer Ausstellungseröffnung?“, fragte sie und schmunzelte.

      Mihai und Elvira Tepes waren auf dem Weg in die Innenstadt. Im Museum für Moderne Kunst fand heute eine Vernissage statt. Die Ausstellung „Gebrauchskunst für Küche und Bad – vom Kochlöffel bis zur Klobürste“ wurde eröffnet. Frau Tepes hoffte, sich dort die eine oder andere Anregung für ihre eigene Kunst zu holen – der Gestaltung von Klobrillen. Und sie hoffte, ihren Mann aus der sommerlichen Trägheit wachzurütteln, die ihn seit ein paar Tagen befallen hatte. Selbst zum Autofahren fühlte sich Mihai zu schwach – es war erschütternd.

      „Endlich, moi Miloba, mal wieder ein Abend zu zweit“, fuhr Herr Tepes fort. „Nur wir zwei in einem gut klimatisierten Raum … und ein paar Kochlöffel und Klobürsten.“

      „Ich will dir ja nicht die Vorfreude verderben, aber außer uns werden sicher noch ein paar andere Gäste im Museum sein.“

      Mihai Tepes sah seine Frau zweifelnd an. „Um sich an einem lauen Sommerabend Kochlöffel und Klobürsten anzusehen?“

      „Stimmt. In einer Badewanne mit eiskaltem Wasser zu liegen wäre jetzt angenehmer.“ Frau Tepes tupfte sich mit einem Taschentuch ein paar kleine Schweißtropfen von der Stirn.

      „Oder in einem Eichensarg in einer herrlich kühlen und finsteren Gruft.“ Mihai Tepes lächelte selig vor sich hin, als würde er sich schon ins muffige Sargpolster kuscheln.

      Frau Tepes sah ein letztes Mal zum Haus. Silvania und Daka, ihre wunderbaren und nicht ganz normalen Töchter, würden sich bestimmt auch einen schönen Abend machen. Elvira Tepes kurbelte das Fahrerfenster herunter und legte den ersten Gang ein.

      Draußen vor dem Beifahrerfenster, das klemmte und daher meistens offen stand, entdeckte Herr Tepes plötzlich etwas, das seine in der Hitze dösenden Lebensgeister hellwach werden ließ. Blitzschnell steckte er den Kopf aus dem Fenster und schnappte danach. Als er die Zähne zusammenbiss, knackte es. Ein Insektenbein ragte noch aus seinem Mund und er zog es schmatzend hinein.

      „Mihai, das war widerlich!“

      „Nein, köstlich.“

      Elvira lachte gequält und trat aufs Gaspedal.

      Mihai schmatzte genüsslich seinen Snack, zog die Blutwurstscheibe aus der Einstecktasche des Jacketts, wedelte sich damit Luft zu und schaute nach rechts aus dem Fenster. Ihr unmittelbarer Nachbar kam gerade von der Arbeit nach Hause. Herr Tepes, der nicht nur ein verwegener, sondern auch ein sehr höflicher Vampir war, lächelte und winkte dem Nachbarn mit der Blutwurstscheibe zu, als sie im Schritttempo an dessen Haus vorbeifuhren.

      In dem Moment stieg Dirk van Kombast im fliederfarbenen Hemd und mit seinem Pharmavertreterkoffer aus seinem silbernen Sportwagen. Obwohl ein heißer Sommertag zu Ende ging, lag keinerlei Schweißglanz auf seinem Gesicht. Sein Hemd sah aus wie frisch gebügelt und seine Goldlocken wie frisch geföhnt. Ohne eine Miene zu verziehen, nickte er den Insassen des flaschengrünen alten Autos zu.

      Woraufhin Mihai Tepes den Arm ganz aus dem Fenster streckte und so schnell mit der Blutwurstscheibe winkte, dass Dirk van Kombast Angst bekam, sie würde ihm gleich an den Kopf fliegen.

      Der Pharmavertreter blickte seinen Nachbarn nach, bis sie am Ende des Lindenwegs langsam um die Ecke bogen und nur noch eine schwarzgraue Auspuffwolke von ihnen zurückblieb. „Wartet nur, ihr lieben transsilvanischen Mitbürger“, presste er zwischen den Zähnen hervor. Er wippte ein paarmal auf den Zehenspitzen, dann drehte er sich schwungvoll um und verschwand im Haus.

      Megatalente unter sich

      Im Haus nebenan, im Lindenweg Nummer 23, hatten es sich Silvania und Daka mit ihren Freunden Helene und Ludo im Wohnzimmer der Familie Tepes bequem gemacht. Silvania und Ludo saßen auf der Couch. Helene lag auf der Couch, die Beine über der Lehne, den Rücken auf der Sitzfläche. Daka hing kopfüber vom Lampenschirm. Der Fernseher lief und auf dem kleinen Couchtisch, unter dem Herr Tepes immer sein Katzenklo mit der Heimaterde abstellte, standen Schüsseln mit allerhand Leckereien wie Blut-Essig-Chips, madigen Kirschen und gerösteten Schweineborsten.

      „Ein Fernsehabend mit Freunden“, sagte Silvania und schob sich ein paar Chips in den Mund. Ihre lindgrünen Augen strahlten, als gäbe es nichts Schöneres, Aufregenderes und Beglückenderes auf der Welt, als mit ihrer Schwester und zwei Freunden an einem herrlichen Sommerabend vor dem Fernseher zu hocken. „Zusammen fernsehen ist einfach so …“

      „Langweilig?“, warf Daka von der Wohnzimmerdecke ein.

      „Nein. So wunderbar … menschlich!“ Silvania seufzte.

      Ludo seufzte ebenfalls, als der nächste Kandidat der Castingsendung auf die Bühne trat. Sie hatten schon eine Bauchtänzerin gesehen, einen Stimmenimitator und eine Frau, die mit Schaschlikspießen jonglierte. Jetzt zuckte ein Mann mit einem goldenen Basecap und einer weiten Jeans, für die er ein paar Jahre zu alt schien, über die Bühne. Dabei hielt er sich das Mikro dicht vor den Mund und machte Geräusche, die klangen, als kämen sie aus einer anderen Körperöffnung.

      „Der ist ganz schlecht“, sagte Ludo, kaum dass der Sänger angefangen hatte.

      „Sagt dir das deine besondere Fähigkeit?“, fragte Helene. Ludo konnte die Zukunft voraussehen – zumindest manchmal – und mit Geistern reden.

      „Nein. Mein gesunder Menschenverstand.“

      „Stimmt. Der singt schlimmer als Onkel Vlad bei den Versammlungen des Blutigen Einheitsflügels“, sagte Daka, steckte sich die Finger in die Ohren und schaukelte am Lampenschirm, dass es quietschte.

      „Dafür hat er süße Grübchen“, meinte Silvania.

      „Sieht leider so aus, als wäre das sein einziger Pluspunkt“, sagte Helene, strich sich die langen blonden Haare hinter die Ohren und schaltete ihr Hörgerät aus. „Ah, so ist es schon besser.“

      „Die

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