Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten. Sven Elvestad
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten - Sven Elvestad страница 30
»Wie lange glauben Sie, daß es dauern wird?« fragte Holst den Arzt.
»Ach – mindestens fünf, sechs Tage, vielleicht länger, das hängt von der Konstitution ab,« erwiderte der Arzt.
»Ich«, begann Barra mit seiner trockenen scharfen Stimme, »habe einen ähnlichen Fall gesehen, da wurde der Mann nie wieder der Alte. Und durch eine zweite Unvorsichtigkeit wurde er getötet – wie vom Blitz erschlagen,« fügte er hinzu und bohrte seine Augen in die Holsts.
»Ja, vor so etwas ist wohl nur der Mann im Monde sicher,« erwiderte Holst, ohne zu blinzeln.
Barra verbeugte sich ironisch, während die anderen verständnislose Gesichter zu der Bemerkung machten.
»Hat man einen Wagen geholt?« fragte der Arzt nun.
»Ja.«
Einige Augenblicke später wurde Krag in den Wagen getragen und nach Hause geführt. Holst kam mit und blieb dann an dem Bett des noch bewußtlosen Kranken sitzen, während der Arzt, nachdem er seine Anordnungen getroffen hatte, ging, um später wiederzukommen.
Nach einigen Stunden qualvollen Wartens sah der Telegrapheningenieur zu seiner Freude, daß Krag die Augen ganz aufschlug. Er versuchte, sich auch im Bett aufzurichten, aber vermochte es nicht. Dann blieb er ruhig liegen und starrte ernst vor sich hin, ganz als sammelte er alle seine Gedanken. Holst unterbrach ihn darum mit Absicht nicht.
»Ich bin zu Hause, wie ich sehe,« begann Krag endlich.
»Ja, und in ausgesprochener Besserung,« stimmte Holst zu.
»Der Stoß war also wirklich nicht tödlich. Das wird er noch bereuen.«
»Wer? Was?« fragte Holst.
»Nur Geduld,« erwiderte Asbjörn Krag mit einem Anflug seines alten verschmitzten Lächelns. »Wie lange muß ich nach Ansicht des Arztes hier liegenbleiben?« Und er sah seinen neuen Freund gespannt an.
»Der Arzt meint, so fünf bis sechs Tage,« erwiderte dieser.
»Wann hat er das gesagt?«
»Als Sie bewußtlos im Elektrizitätswerk lagen.«
»Wer hat es gehört?«
»Wir alle, die wir rings herumstanden.«
»Also der Rotbärtige auch?«
»Ja, der auch.«
»Schien es ihn besonders zu interessieren?«
»Ja,« rief der Telegrapheningenieur eifrig, »das ist mir eben aufgefallen!«
»Fünf bis sechs Tage« – Krag schüttelte ungeduldig den Kopf. »Nein, das ist zu viel. Ich muß in drei wieder auf den Beinen sein. Oder sagen wir allerhöchstens in vier. Können wir uns auf den Arzt verlassen?«
»Absolut. Ich kenne ihn persönlich.«
»Gut. Hören Sie, Holst, Sie müssen mir einen Gefallen erweisen.«
»Mit tausend Freuden.«
»Es muß das Gerücht verbreitet werden, daß mein hilfloser Zustand mindestens zehn Tage dauern wird. Sorgen Sie nur ja dafür, daß Barra dies erfährt.«
»Es wird geschehen, aber welchen Zweck soll das eigentlich haben?«
»Ich will diesen rotbärtigen Teufel hinters Licht führen. Bisher habe ich ihn unterschätzt, aber jetzt wird er diesen Fehler begehen. Während er mich hier krank und elend glaubt, bin ich in vollster Tätigkeit, ihn zu durchschauen und alle Karten in die Hand zu bekommen.«
»Was führt er denn eigentlich im Schilde, dieser Mann?« rief der Ingenieur.
»Er bereitet irgendeinen furchtbaren Coup vor. Er ahnt mich – ganz wie ich ihn. Darum mußte er mich für einige Tage aus dem Wege schaffen. Und ich Narr ging pardauz in die Falle, die allerdings recht schlau war – dies eine Mal.«
»Fürchten Sie nicht, daß er seinen Coup schon heute oder morgen ausführt?«
»Kaum – er hat offenbar noch nicht alles in Ordnung.«
»Wann erlangen Sie Klarheit über seinen geplanten Coup?«
»Ich habe noch keine Klarheit. Aber mein Spürsinn – meine Ahnung, wenn Sie wollen – für das Richtige hat mich noch nie im Stich gelassen. Und ich sah in seinem absonderlichen Arbeitsraum das, was niemand anderer entdeckte – und bringe es in Zusammenhang mit seiner unerlaubten telegraphischen Tätigkeit.«
Asbjörn Krag schloß nun wieder ermattet die Augen. Der junge Telegrapheningenieur blieb eine Weile stehen und sah ihn an, voll Bewunderung für seine Willenskraft und Energie, die sich sogar in diesem hilflosen Zustand offenbarte. Dann verließ, da er sah, daß der Detektiv wieder schlief, er leise das Zimmer, um seinen Auftrag auszuführen. Vorher trug er der Hauswirtin strenge auf, Krag zu überwachen und niemand anderen als ihn und den Arzt, gleichviel unter welchem Vorwand, zu dem Kranken zu lassen. Bei seinem jetzigen Zustand konnte sein Leben auf dem Spiele stehen. Wenn jemand sich nach seinem Befinden erkundigte, sollte sie sagen, daß Krag mindestens zehn Tage das Bett hüten müsse. Holst machte ihr begreiflich, daß diese Antwort von höchster Wichtigkeit für Krag war, und ging, nachdem er ihr noch eine Telephonnummer gesagt hatte, die sie im Notfall aufrufen konnte, um ihn zu erreichen.
Da die Ordinationsstunde des angesehenen Arztes, den man zu Asbjörn Krag gerufen hatte, schon vorbei war, nahm Holst einen Wagen und suchte den Doktor in seiner Privatwohnung auf. Er schickte seine Karte hinein, auf der er den Anlaß seines ungewöhnlichen Besuches angegeben hatte, und wurde sofort vorgelassen.
»Nun?« fragte der Doktor, nachdem er Holst begrüßt hatte. »Sie haben mir etwas mitzuteilen? Wie steht es mit unserem Patienten?«
»Er ist wieder zu sich gekommen. Aber jetzt schläft er tief.«
»Das ist recht! Hat er etwas Besonderes gesagt – vielleicht phantasiert?«
»Im Gegenteil,« rief Holst. »Ich bin voll Bewunderung für seine phänomenalen Geistesgaben. Er hat hier einen gefährlichen Schurkenstreich durchschaut, wenn nicht noch Schlimmeres.«
»Trotz seinem Zustand?«
»Gerade dadurch – vielleicht.«
»Ja,« sagte der Arzt nachdenklich, »ich habe auch die ganze Zeit den Verdacht gehabt, daß da irgend etwas nicht stimmt. Ein Mann wie Asbjörn Krag ist in einem solchen lebensgefährlichen Raum nicht leicht ohne weiteres so unvorsichtig. Was sagte er selbst darüber?«
Holst überlegte einen Augenblick und sah dann den Arzt mit einem scharfen Blick an.
»Es handelt sich hier um eine sehr ernste Sache, der Krag schon lange auf der Spur ist.«
»Das dachte ich mir.« Und der Arzt blinzelte verständnisvoll.
»Asbjörn