Opfer der Gefühle. Barbara Cartland

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Opfer der Gefühle - Barbara Cartland Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland

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      »Guten Abend, Harriet!« rief Sorilda und wartete auf eine Erklärung für den unerwarteten Besuch.

      »Ihre Gnaden hat mich beauftragt, Sie in einem neuen Stil zu frisieren, Miss.«

      »Ich bin sehr zufrieden mit meiner jetzigen Frisur.«

      Harriet nahm sich nicht einmal die Mühe zu antworten. Und da Sorilda wußte, daß sie einen Befehl befolgen mußte, setzte sie sich an den Toilettentisch. Die Zofe brachte einen Porzellantopf zum Vorschein, den Sorilda mißtrauisch betrachtete, und erklärte: »Ihre Gnaden findet, daß Ihr Haar zu trocken wirkt, Miss.«

      Sie öffnete den Topf und begann Pomade in die rötlichen Locken zu streichen.

      Die neue Frisur bestand aus einem straffen Knoten am Hinterkopf und kleinen, unkleidsamen Schlaufen über den Ohren. Sorilda schwieg, aber sie wußte ganz genau, was ihre Stieftante bezweckte, und fühlte sich ihr hilflos ausgeliefert. Erst als sie in aller Ruhe über ihre Situation nachdachte, kam ihr zu Bewußtsein, wie nachhaltig es ihr verwehrt wurde, jemanden zu treffen oder irgendwohin zu gehen. Sie verbrachte ihr Leben nur noch im Schloß, und es gab keine Fluchtmöglichkeit.

      Wann immer Gäste erwartet wurden, verhinderte Iris unter einem Vorwand, daß ihre Stiefnichte zum Dinner hinunterkam. So sagte sie etwa in Gegenwart des Herzogs: »Wir haben einen Herrn zu wenig und deshalb keinen Tischgefährten für dich, liebes Kind. Also wirst du heute ausnahmsweise allein speisen müssen. Dafür hast du doch sicher Verständnis.«

      Das geschah auch bei den Lunchpartys. Und sosehr es Sorilda auch drängte, sich zu wehren, so wußte sie doch, daß die Stieftante auf alles eine Antwort finden würde und der Unterstützung des Herzogs gewiß sein konnte.

      Allmählich gewann sie den Eindruck, auf Lebenszeit in ein Gefängnis gesperrt zu werden. Manchmal, wenn die Herzogin besonders unausstehlich gewesen war, ging Sorilda in ihr Zimmer, blickte auf den grünen Park hinaus, der sich bis zum Horizont erstreckte, und kam sich vor wie hinter Gittern. So müssen sich königliche Gefangene fühlen, wenn sie in ein einsames Schloß gebracht werden und wissen, daß es keinen Ausweg gibt außer dem Tod, dachte sie.

      Wie soll ich das ertragen? Wie kann ich für immer hierbleiben, wenn ich so behandelt werde? Aber sosehr sie sich auch den Kopf zerbrach, sie fand kein Schlupfloch und kein Zauberwort, um die unsichtbaren Barrieren zwischen ihr und der Freiheit zu überwinden.

      Dies alles war die Schuld der Herzogin. Trotzdem quälte sich Sorilda mit Selbstvorwürfen, weil sie es versäumt hatte, mit Onkel Edmund noch vor seiner Hochzeit über ihre Zukunft zu sprechen. Andererseits hatte sie sich nicht einmal in ihren wildesten Träumen vorgestellt, daß ein so alter Mann mit festgesetzten Gewohnheiten plötzlich ein neues Leben mit einer jungen Frau beginnen würde.

      Warum Iris ihn geheiratet hatte, erkannte Sorilda deutlich. Immer wieder beobachtete sie, wie die Stieftante sich bemühte, die Aufmerksamkeit des Herzogs zu fesseln und ihn zum willigen Sklaven ihrer Schönheit zu machen. Manchmal ließ Iris die Maske fallen, und Sorilda sah ihr an, daß der wesentlich ältere Ehemann sie grenzenlos langweilte oder ihre Ungeduld erregte. Nicht einmal der Rang einer Herzogin konnte sie für den Verlust der Bewunderer entschädigen, die sie früher umschwirrt hatten.

      Sorilda war sich nicht sicher, wann sie zum ersten Mal den Verdacht geschöpft hatte, daß ihre Stieftante dem Grafen von Winsford ein ganz besonderes Interesse entgegenbrachte. Vielleicht hatte sie ein ungewöhnliches Aufflackern in den hellblauen Augen bemerkt, wenn er erwähnt wurde, und eine plötzliche Wärme in der Stimme, die kalt und gleichgültig oder sogar bissig klang, wann immer die Herzogin mit einer anderen Frau sprach. Woran es auch liegen mochte - Sorilda begann in Iris’ Gesicht nach Anzeichen menschlicher Regungen zu forschen, sobald der Name des Grafen fiel.

      Als sie der Herzogin durch den Korridor folgte, erkundigte sie sich: »Wirst du Winsford schreiben und ihm zur Verleihung des Hosenbandordens gratulieren?«

      Sie konnte Iris’ Gesicht nicht sehen, spürte aber, daß diese Idee Anklang fand.

      Es dauerte eine Weile, bis die Herzogin antwortete: »Ja, das wäre vermutlich angebracht. Ist er hier oder in London?«

      »Hier, in Winsford Park.«

      »Woher weißt du das?« fragte Iris in scharfem Ton.

      »Die Reitknechte haben gestern über ihn gesprochen und gesagt, er habe mehrere Pferde bei Tattersall gekauft und hierhergebracht.«

      Sorilda bezweifelte nicht, daß die Herzogin genauestens über den Verbleib des Grafen informiert war.

      »Dann müssen wir ihn zum Dinner einladen!« rief Iris aus. »Eine kleine Party wäre wundervoll! Ich hoffe nur, dein Onkel wird nicht unentwegt über den Kristallpalast schimpfen.«

      Sie stiegen die Treppe hinauf, und die Herzogin ging in ihr Boudoir voraus, das an ihr Schlafzimmer grenzte.

      Der Duft von Blumen, die aus dem Treibhaus im ummauerten Garten stammten, erfüllte den Raum, vermischt mit dem Aroma eines exotischen französischen Parfüms, das Iris auf Schritt und Tritt begleitete.

      »Laß mich mal überlegen . . .«

      Die Herzogin trat an ihren Sekretär, der vor einem Fenster stand.

      »Ich nehme an, der Graf wird nicht allzu lange auf dem Land bleiben. Deshalb werde ich einen Reitknecht mit meiner Einladung zu ihm schicken. Ich will sie sofort schreiben, dann kannst du sie zum Stall hinunterbringen und Huxley sagen, daß sie unverzüglich in Winsford Park abgegeben werden muß.«

      Sorilda wartete. Sie wußte, daß ihr der Brief nur deshalb anvertraut werden sollte, damit ihr Onkel nichts von der Dinnerparty erfuhr, ehe es zu spät für eine Absage sein würde.

      Während die Herzogin schrieb, sah sich das junge Mädchen im Boudoir um und stellte wieder einmal fest, daß Iris in diesem Raum die schönsten und kostbarsten Antiquitäten und Kunstgegenstände von Schloß Nuneaton angehäuft hatte.

      Ein angemessener Rahmen für ihre Schönheit, sagte sich Sorilda.

      Sie war nicht die einzige im Schloß, die unter Iris’ Machtansprüchen litt oder für ihre Anziehungskraft bestraft wurde. Mehrere Dienstmädchen, denen nichts vorzuwerfen war, als daß sie hübsch aussahen, waren ohne Empfehlungsschreiben entlassen worden.

      Die Herzogin beendete den Brief, steckte ihn in ein Kuvert und versiegelte ihn.

      »Lauf zu den Ställen, Sorilda, und wenn du Huxley die Einladung übergeben hast, trödle nicht bei den Pferden herum. Komm sofort wieder zurück.«

      Wortlos nahm Sorilda den Umschlag und ging zur Tür. Dort drehte sie sich noch einmal um und begegnete einem Blick ihrer Stieftante, der sie erschauern ließ. Warum haßt sie mich? fragte sie sich, während sie die Treppe hinabstieg.

      In einem der hohen, golden gerahmten Spiegel betrachtete sie ihr Bild. Wie armselig sie wirkte, verglichen mit der elegant gekleideten Herzogin . . . Das pomadisierte Haar und das triste braune Kleid über der traurigen Imitation einer Krinoline ließen sie wie eine Gouvernante oder eine mittellose Verkäuferin aussehen.

      Nur Sorildas Augen konnte Iris nicht verändern. Übergroß und leuchtend grün im hellen Frühlingssonnenschein, der durch die hohen Hallenfenster hereinströmte, beherrschten sie ein zartes, herzförmiges Gesicht. Aber in ihrer Tiefe spiegelten sich eine dunkle Verzweiflung und Angst.

      Im

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