Die wichtigsten Werke von Leo Tolstoi. Leo Tolstoi

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Die wichtigsten Werke von Leo Tolstoi - Leo Tolstoi

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– denn ein Knabe ist dazu immer mehr oder weniger veranlagt –, sich nicht wie jene Petersburger Herren benehmen wird.«

      »Welch reizendes junges Mädchen, Ihre Jüngste! Wie Schießpulver!«

      »Ja, sie gleicht mir sehr«, erwiderte naiv der Papa. »Und welche Stimme! Ich muß gerecht sein, obgleich ich ihr Vater bin, sie wird eine zweite Salomoni werden.«

      »Wissen Sie, daß sie schon in Boris verliebt ist?« fragte die Gräfin lächelnd und wechselte einen Blick mit ihrer Freundin, der Fürstin Drubezkoi. »Wenn ich sie streng halten und ihr verbieten würde, mit ihm umzugehen, Gott weiß, was geschehen könnte!« Damit wollte sie sagen, daß sie sich heimlich küssen würden. »Jetzt aber weiß ich alles, was sie unter sich sprechen, sie erzählt mir selbst alles abends. Ich habe sie verwöhnt, das ist möglich, aber so ist es doch besser, glauben Sie mir!… Meine ältere Tochter ist sehr streng erzogen worden.«

      »Ja, das ist wahr, ich bin ganz anders erzogen worden«, sagte die junge Gräfin Wera lächelnd.

      Leider aber verschönte sie dieses Lächeln nicht, es gab ihr einen unangenehmen und affektierten Ausdruck. Dennoch war sie ziemlich hübsch, verständig und gebildet und ihre Bemerkung war vollkommen richtig. Endlich entschloß sich Madame Karagin zu gehen, mit dem Versprechen, zum Diner zu erscheinen.

      »Welche alberne Person«, rief die Gräfin, nachdem sie sie begleitet hatte, »ich glaubte, sie werde heute nicht mehr gehen.«

      13

       Inhaltsverzeichnis

      Natalie war in den Wintergarten entflohen und erwartete dort Boris, indem sie zugleich auf das Gespräch im Salon horchte. Endlich stieß sie ungeduldig mit dem Fuße auf und war dem Weinen nahe, als sie hörte, wie der junge Mann ganz gemächlich sich näherte. Sie hatte kaum Zeit, sich hinter einem hohen Gebüsch zu verbergen. Boris blickte sich im Wintergarten um und näherte sich dem Spiegel, um sich zu betrachten. Natalie folgte seinen Bewegungen. Sie sah, wie er lächelte und auf die gegenüberliegende Tür zuging, ihr erster Gedanke war, ihn zu rufen. »Doch nein«, sagte sie, »er soll mich suchen.«

      Kaum war er verschwunden, als Sonja weinend in den Wintergarten stürzte. Natalie wollte ihr entgegengehen, aber das Vergnügen unsichtbar zu sein, wie in einem Feenmärchen, und zu beobachten, hielt sie zurück. Sonja sprach leise mit sich selbst, als Nikolai eintrat.

      »Sonja, was hast du?« rief er leise.

      »Nichts! Laß mich!« Und sie zerfloß in Tränen.

      »Sonja! Ein Wort! Ist es recht, daß du dich und mich so quälst um nichts?« sagte er und ergriff ihre Hand.

      Sonja weinte, ohne die Hand zurückzuziehen.

      »Was wird nun kommen?« fragte sich Natalie mit glühenden Augen.

      »Sonja, die ganze Welt ist mir nichts, du allein bist mir alles, und ich werde es dir beweisen.«

      »Ich kann es nicht ertragen, daß du sprichst mit… mit…« sagte Sonja.

      »Gut, ich werde es nicht mehr tun, verzeihe!« Er zog sie an sich und küßte sie.

      »Aha, wie schön!« murmelte Natalie, und als Nikolai und Sonja den Wintergarten verließen, folgte sie ihnen bis zur Tür und rief Boris.

      »Boris«, sagte sie mit geheimnisvoller Miene, »kommen Sie hierher! Ich habe Ihnen etwas zu sagen! Hier! Hier!«

      Und sie führte ihn bis zu ihrem Versteck zwischen den Blumen. »Was haben Sie mir zu sagen?« fragte Boris lächelnd.

      Sie wurde verlegen und blickte sich um, dann bemerkte sie ihre Puppe, welche verlassen auf einem Stuhl lag, ergriff sie und reichte sie ihm.

      »Küssen Sie meine Puppe!«

      Boris rührte sich nicht und betrachtete ihr lächelndes Gesichtchen.

      »Sie wollen nicht? Nun, dann kommen Sie hierher!…« Sie zog ihn nach sich bis hinter die Gewächse und warf die Puppe weg.

      »Näher! Näher!« sagte sie. »Und mich – werden Sie mich küssen?« murmelte sie, rot vor Aufregung und dem Weinen nahe.

      Boris wurde purpurrot.

      »Wie sonderbar Sie sind!« Unentschlossen beugte er sich zu ihr herab. Plötzlich sprang sie auf eines der Gefäße, umfaßte mit ihren kleinen nackten Armen den Hals ihres Gefährten, schüttelte die Haare zurück und gab ihm einen Kuß auf die Lippen. Dann entfloh sie, schlüpfte rasch zwischen den Pflanzen hindurch und blieb auf der anderen Seite mit gesenktem Kopfe stehen.

      »Natalie, ich liebe Sie, Sie wissen es wohl, aber…«

      »Sind Sie verliebt in mich?«

      »Ja, ja, aber ich bitte Sie, wir dürfen das nicht wieder tun, noch vier Jahre … dann werde ich um Ihre Hand anhalten …«

      Natalie begann an den Fingern zu zählen, dreizehn, vierzehn, fünfzehn, sechzehn! »Gut, abgemacht! …« Ein Lächeln des Vertrauens und der Zufriedenheit erhellte ihr Gesichtchen.

      »Abgemacht!« rief Boris.

      »Für immer? Auf Leben und Tod?« rief die Kleine. Dann erfaßte sie seine Hand und zog ihn glücklich und zufrieden in den Salon.

      14

       Inhaltsverzeichnis

      Die Gräfin fühlte sich angegriffen und hatte ihre Tür schließen lassen und dem Portier aufgetragen, alle diejenigen, welche noch kommen sollten, um Glück zu wünschen, zum Diner einzuladen. Sie wollte nun mit ihrer Jugendfreundin, der Fürstin Drubezkoi, sich unterhalten, welche vor kurzem aus Petersburg zurückgekommen war.

      »Ich werde ganz aufrichtig gegen dich sein«, sagte die Fürstin. »Es sind uns leider so wenige von den alten Freundinnen geblieben, daß deine Freundschaft mir doppelt kostbar ist.«

      Sie warf einen Blick auf Wera und schwieg.

      Die Gräfin drückte ihr zärtlich die Hand. »Wera, verstehst du nicht?«

      Es war leicht zu sehen, daß sie ihre Tochter nicht liebte.

      Mit einer hochmütigen Miene ging Wera in den Salon, wo sie zwei Pärchen, jedes an einem Fenster sitzend, bemerkte. Mit spöttischer Miene betrachtete sie sie. Nikolai schrieb für Sonja Verse seiner eigenen Mache auf, Boris und Natalie flüsterten miteinander und verstummten bei Weras Annäherung. Die beiden jungen Mädchen verrieten ihre Liebe durch ihre freudige, erregte und schuldbewußte Miene. Es war reizend und komisch zugleich, aber bei Wera erweckte dieser Anblick andere Gefühle.

      »Wie oft habe ich euch gebeten, nichts von meinen Sachen anzurühren! Ihr habt ja ein Zimmer für euch!« Darauf nahm sie Nikolai das Tintenfaß aus der Hand.

      »Noch einen Augenblick!« sagte Nikolai, die Feder eintauchend.

      »Ihr

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