Gesammelte Werke. George Sand

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Gesammelte Werke - George Sand Gesammelte Werke bei Null Papier

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noch und woll­te einen Teil des Ta­ges im Bet­te blei­ben.

      Al­bert konn­te sich wohl vor­stel­len, wie ab­ge­mat­tet sei­ne Ret­te­rin sein müss­te, den­noch mal­te sich bei die­ser Nach­richt der Schre­cken auf sei­nem Ge­sich­te.

      – Tan­te, sag­te er, da er sei­ne Un­ru­he nicht län­ger be­meis­tern konn­te, ich den­ke doch, wenn die Ad­op­tiv­toch­ter Por­po­ra’s ernst­lich krank wäre, so wür­den wir nicht alle hier ru­hig um einen Tisch sit­zen und es­sen und schwat­zen.

      – Be­ru­hi­ge dich doch, Al­bert! sag­te Ama­lie, rot vor Ver­druss, die Nina ist da­bei, von dir zu träu­men und dei­ne Wie­der­kunft zu pro­phe­zei­en, die sie schla­fend ab­war­tet, wäh­rend wir sie hier voll Freu­de fei­ern.

      Al­bert erb­lass­te und schleu­der­te sei­ner Cou­si­ne einen zer­schmet­tern­den Blick zu:

      – Wenn je­mand hier mich schla­fend er­war­tet hat, so ist es ge­wiss nicht die Per­son, die Sie nen­nen, sie, die den Dank da­für ver­dient. Aber Ihre fri­schen Ba­cken, schö­ne Cou­si­ne, be­zeu­gen, dass Sie in mei­ner Ab­we­sen­heit kei­ne Stun­de Ihres Schla­fes ge­op­fert und jetzt nicht nö­tig ha­ben, sich auch end­lich einen Au­gen­blick der Ruhe zu gön­nen. Ich dan­ke Ih­nen herz­lich da­für, denn es wür­de mir sehr pein­lich sein, Sie um Ver­zei­hung zu bit­ten, wie ich alle üb­ri­gen Glie­der und Freun­de mei­ner Fa­mi­lie mit Schmerz und Reue um Ver­zei­hung bit­te.

      – Gro­ßen Dank für die Aus­nah­me, ver­setz­te Ama­lie, feu­er­rot vor Zorn, ich wer­de mich be­mü­hen, sie stets zu ver­die­nen, in­dem ich mei­ne Nacht­wa­chen und mei­ne Sor­gen für einen auf­spa­re, der sie mir Dank weiß und nicht da­mit sein Spiel treibt.

      Die­ser Wort­wech­sel, der zwi­schen Al­bert und sei­ner Braut nichts Neu­es war, an den aber bei­de Tei­le die­ses­mal eine un­ge­wöhn­li­che Leb­haf­tig­keit setz­ten, mach­te, un­ge­ach­tet al­ler Mühe, die man sich gab, Al­bert nicht wei­ter dar­an den­ken zu las­sen, dass Zwang und Ver­stim­mung den gan­zen Mor­gen herrsch­ten.

      Das Stifts­fräu­lein ging mehr­mals, um nach der Kran­ken zu se­hen, und fand sie je­des Mal glü­hen­der und krän­ker. Ama­lie, die Al­ber­t’s Un­ru­he wie eine per­sön­li­che Be­lei­di­gung auf­nahm, ging in ihr Zim­mer, um zu wei­nen. Der Ka­plan sprach sich ge­gen das Stifts­fräu­lein da­hin aus, dass, wenn das Fie­ber nicht bis ge­gen Abend wi­che, nach dem Arz­te ge­schickt wer­den müss­te.

      Graf Chris­ti­an hielt sei­nen Sohn bei sich zu­rück, um ihn zu zer­streu­en, da er sein ge­dan­ken­vol­les We­sen nicht be­griff und noch für krank­haft hielt. Wäh­rend er ihn aber durch lie­be­vol­le Wor­te an sei­ne Sei­te fes­sel­te, fand der gute Greis nicht den ge­rings­ten Ge­gen­stand der Un­ter­hal­tung, nichts, um die­sen Geist zu be­schäf­ti­gen, den er nie hat­te tiefer er­for­schen mö­gen, aus Furcht, von ei­nem dem sei­ni­gen über­le­ge­nen Ver­stan­de in Sa­chen der Re­li­gi­on über­wäl­tigt und be­sto­chen zu wer­den.

      Zwar sah Graf Chris­ti­an für einen Irr­wahn je­nes hel­le Licht an, wel­ches un­ter Al­ber­t’s Aben­teu­er­lich­kei­ten stets her­vor­brach und des­sen Glanz die schwa­chen Au­gen ei­nes stren­gen Ka­tho­li­ken frei­lich nicht er­tra­gen konn­ten, aber er ver­här­te­te sich den­noch ge­gen den Zug sei­nes Her­zens, das ihn an­trieb, ernst­li­cher mit Fra­gen in Al­bert zu drin­gen. Je­des Mal, wenn er den Ver­such un­ter­nom­men hat­te, ihn von sei­nen Ket­ze­rei­en zu­rück­zu­füh­ren, war er durch sei­nes Soh­nes kla­re und be­stimm­te Grün­de zum Schwei­gen ge­bracht wor­den. Er war von Na­tur nicht be­redt. Er be­saß nicht jene klin­gen­de Wort­fül­le, wo­mit sich ein Dis­put un­ter­hal­ten lässt, noch we­ni­ger die Gabe der So­phis­te­rei, durch wel­che man in Er­man­ge­lung ei­ner ge­sun­den Lo­gik sich ein gründ­li­ches An­se­hen gibt und mit dem Schei­ne der Über­zeu­gung im­po­niert. Ehr­lich und be­schei­den ließ er sich bald den Mund schlie­ßen, er be­dau­er­te es, sich in sei­ner Ju­gend nicht mit den Tat­sa­chen der Er­kennt­nis be­schäf­tigt zu ha­ben, die ihm Al­bert ent­ge­gen­hielt, und sich da­mit trös­tend, dass in den Tie­fen der Theo­lo­gie Schät­ze von Wahr­heit ver­bor­gen lä­gen, durch die ein Ge­schick­terer und ein Ge­lehr­te­rer als er leicht Al­ber­t’s Ket­ze­rei zu Bo­den schla­gen könn­te, klam­mer­te er sich an sei­nen einen Au­gen­blick er­schüt­ter­ten Glau­ben fest und zog sich vor der An­for­de­rung sei­nes Ge­wis­sens, kräf­ti­ger auf­zu­tre­ten, hin­ter sei­ne Un­wis­sen­heit und sei­ne Ein­falt zu­rück, die den Re­bel­len nur noch über­mü­ti­ger und das Übel nur noch är­ger ma­chen müss­ten.

      Ihr Ge­spräch, zwan­zig­mal durch eine Art ge­gen­sei­ti­ger Scheu un­ter­bro­chen und zwan­zig­mal mit An­stren­gung bei­der­seits wie­der auf­ge­nom­men, erstarb zu­letzt in sich selbst. Der alte Chris­ti­an schlum­mer­te auf sei­nem Lehn­stuh­le ein und Al­bert ver­ließ ihn, um sich nach Con­sue­lo’s Be­fin­den zu er­kun­di­gen, wel­ches ihn im­mer mehr be­un­ru­hig­te, je mehr man es ihm zu ver­ber­gen such­te.

      Er irr­te län­ger als zwei Stun­den in den Cor­ri­do­ren des Schlos­ses um­her, und fing das Stifts­fräu­lein und den Ka­plan im Vor­über­ge­hen auf, um Nach­richt von Con­sue­lo zu er­hal­ten. Der Ka­plan ant­wor­te­te ihm stets nur kurz und zu­rück­hal­tend; das Stifts­fräu­lein gab sich, so­bald sie sei­ner an­sich­tig wur­de, eine lä­cheln­de Mie­ne, und fing ge­flis­sent­lich von an­de­ren Din­gen zu re­den an, um ihn durch einen Schein von Gleich­gül­tig­keit zu täu­schen. Aber Al­bert be­merk­te den­noch, dass sie sich zu be­un­ru­hi­gen an­fing, dass sie häu­fi­ge­re Gän­ge nach Con­sue­lo’s Zim­mer mach­te; es fiel ihm auch auf, dass man kein Be­den­ken trug, je­den Au­gen­blick die Tü­ren zu öff­nen und zu schlie­ßen, als ob die­ser an­geb­lich ru­hi­ge und so nö­ti­ge Schlaf durch das Geräusch und Hin- und Her­ge­hen nicht zu stö­ren ge­we­sen wäre. Er wag­te sich bis an das Zim­mer selbst, in wel­ches er für sein Le­ben gern nur einen Au­gen­blick ein­ge­tre­ten wäre. Man ge­lang­te durch ein Vor­ge­mach hin­ein und zwei fes­te Tü­ren trenn­ten es vom Cor­ri­dor, wel­che we­der dem Ohre noch dem Auge Zu­gang ver­stat­te­ten.

      Wences­la­wa, die sei­ne Ver­su­che merk­te, hat­te al­les ver­schlos­sen und ver­rie­gelt und ging zu der Kran­ken nur durch Ama­li­ens Zim­mer, wo Er­kun­di­gung zu ho­len Al­bert sich schwer­lich über­win­den konn­te. Da sie ihn end­lich ganz un­ge­dul­dig wer­den sah und einen Rück­fall sei­nes Übels fürch­te­te, ent­schloss sie sich, ihn zu be­lü­gen; und Gott in ih­rem Her­zen um Ver­zei­hung bit­tend, er­zähl­te sie ihm, es gin­ge mit der Kran­ken schon viel bes­ser und sie hät­te sich vor­ge­nom­men, her­un­ter zu Ti­sche zu kom­men.

      Al­bert setz­te kein Miss­trau­en in das Wort sei­ner Tan­te, de­ren rei­ne Lip­pen noch nie wie eben jetzt die Wahr­heit of­fen­bar ver­ra­ten hat­ten, und ging zu dem al­ten Gra­fen, wäh­rend er im Stil­len sehn­lich die Stun­de her­bei­wünsch­te, die ihm Con­sue­lo und sein Glück wie­der­ge­ben soll­te.

      Aber die Stun­de schlug ver­ge­bens; Con­sue­lo er­schi­en nicht. Das Stifts­fräu­lein, mit schnel­lem Fort­schritt in der Kunst zu lü­gen, be­rich­te­te, sie wäre auf­ge­stan­den,

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