Die schönsten Erzählungen von Guy de Maupassant. Ги де Мопассан

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Die schönsten Erzählungen von Guy de Maupassant - Ги де Мопассан

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der Gedanke an das Kind. Sein Sohn! Ach, wenn er es bestimmt gewußt hätte! Und was wollte er dann thun?

      Er hatte sich das Haus gemerkt. Er fragte. Er hörte, ein Nachbar, ein anständiger, würdiger Mann habe sie geheiratet, der Mitleid mit ihrem Unglück gehabt. Dieser Mann, der ihren Fehltritt gekannt und ihr verziehen, hatte sogar das Kind anerkannt, sein, Franz Tessiers, Kind!

      Alle Sonntage kehrte er zum Park Monceau zurück, jeden Sonntag sah er sie, und jedesmal packte ihn das wahnsinnige Bedürfnis, seinen Sohn in die Arme zu schließen, ihn mit Küssen zu bedecken, ihn mit sich fortzunehmen, ihn zu stehlen.

      Er litt entsetzlich unter seiner elenden, lieblosen Alt-Junggesellen-Einsamkeit, es quälte ihn furchtbar. Väterliche Liebe mit Gewissensbissen vermischt, mit Eifersucht und Lust und Bedürfnis, ein solch kleines Wesen zu lieben, das die Natur den Menschen geschenkt.

      Endlich wollte er einen verzweifelten Versuch unternehmen, näherte sich ihr eines Tages, als sie in den Park trat, stellte sich mitten auf dem Weg ihr entgegen und sagte bleich mit zitternden Lippen:

      – Erkennen Sie mich nicht?

      Sie blickte auf, sah ihn an, stieß einen Schrei des Entsetzens aus, packte ihre beiden Kinder bei der Hand, und indem sie sie hinter sich herzog, rannte sie spornstreichs davon.

      Er kehrte heim und weinte.

      Monate gingen wieder hin, er sah sie nicht mehr, aber Tag und Nacht quälte ihn die väterliche Liebe. Er hätte sterben wollen, nur um seinen Sohn einmal zu küssen, er hätte jemanden ermordet, er hätte alle schweren Lasten übernommen, aller Gefahr getrotzt, alles gethan, nur dafür.

      Und er schrieb ihr. Sie antwortete nicht. Nachdem er zwanzig Briefe abgesandt, sah er ein, daß er keine Hoffnung hatte, sie weich zu machen.

      Da faßte er einen verzweifelten Entschluß, vollkommen darauf gefaßt, vielleicht eine Revolverkugel ins Herz zu bekommen. Er schickte ihrem Mann einen Brief mit den wenigen Worten:

      Sehr geehrter Herr!

      Mein Name muß Ihnen ein Gegenstand des Anstoßes sein, aber ich bin so traurig, so vom Leid bedrückt, daß ich nur noch auf Sie hoffe. Ich bitte Sie um eine Unterredung von nur zehn Minuten.

      Mit vorzüglicher Hochachtung

       u. s. w.

      Am anderen Tage lief die Antwort ein:

      Sehr geehrter Herr!

      Ich erwarte Sie Dienstag um fünf Uhr.

      Als Franz Tessier die Treppe hinaufschritt, blieb er auf jeder Stufe stehen, so laut pochte sein Herz, es war, als galoppierte ein wildes Tier in seiner Brust und vollführte einen dumpfen, heftigen Lärm.

      Er konnte nur noch mühsam atmen und mußte sich am Geländer halten, um nicht hinunterzustürzen. Im dritten Stock klingelte er. Ein Mädchen öffnete, er fragte:

      – Ist Herr Flamel zu Haus?

      – Gewiß, bitte, treten Sie ein!

      Er ward in einen bürgerlich möblierten Salon geführt; er war allein, er wartete verzweifelt, als würde ein furchtbares Unglück geschehen.

      Die Thür ging auf, ein Mann erschien. Er war groß, ernst, ein wenig wohlbeleibt und trug einen schwarzen Gehrock. Mit der Hand deutete er auf einen Stuhl. Franz Tessier setzte sich, dann sagte er stammelnd:

      – Herr Flamel … Herr Flamel . . ich weiß nicht … ob Sie meinen Namen kennen … ob Sie wissen ….

      Herr Flamel unterbrach ihn:

      – Bitte, bemühen Sie sich nicht, ich weiß alles, meine Frau hat mir von Ihnen gesprochen.

      Er hatte den Ton eines guten Mannes, der streng sein will, eine gewisse bürgerliche Würde. Franz Tessier antwortete:

      – Nun, Herr Flamel, hier bin ich, ich sterbe vor Kummer, vor Gewissensbissen und Scham. Und ich möchte einmal, nur ein einziges Mal das Kind umarmen.

      Herr Flamel erhob sich, ging an den Kamin, klingelte, das Mädchen erschien, er sagte:

      – Rufen Sie mal Ludwig!

      Sie verschwand. Stumm wartend, denn sie hatten sich nichts mehr zu sagen, blieben sie vor einander stehen. Und plötzlich stürmte ein kleiner Knabe von zehn Jahren in das Zimmer und lief auf den zu, den er für seinen Vater hielt, aber verlegen blieb er stehen, als er einen Fremden sah.

      Herr Flamel küßte ihn auf die Stirn, dann sagte er:

      – Nun mein Liebling, küsse einmal diesen Herrn!

      Das Kind kam nett auf den Fremden zu und blickte ihn an. Franz Tessier war aufgestanden, er ließ seinen Hut fallen und wäre beinahe selbst hingeschlagen. Er betrachtete seinen Sohn.

      Herr Flamel hatte aus Zartgefühl sich herumgedreht und sah durch das Fenster auf die Straße. Das Kind wartete erstaunt, hob den Hut auf und gab ihn dem Fremden. Da nahm Franz den Kleinen in seine Arme und küßte ihn rasend über das ganze Gesicht, auf die Augen, auf die Wangen, auf den Mund, auf das Haar.

      Der Bengel war erschrocken durch diesen Hagel von Küssen, suchte sich ihnen zu entziehen, wandte den Kopf ab und streckte dem Manne abwehrend seine kleinen Hände entgegen.

      Aber Franz Tessier setzte das Kind schnell wieder zu Boden, dann rief er:

      – Adieu! Adieu!

      Und wie ein Dieb lief er davon.

      Das Geständnis

       Inhaltsverzeichnis

      Strahlend liegt die Sonne auf den Feldern, die hüglig zwischen den Bäumen um die Gutshöfe herum sich breiten, und die verschiedenen Saaten: das gelbliche Korn, der hellgrüne Hafer, der dunkelgrüne Klee spannen einen großen, gestreiften, leis wogenden Mantel über den nackten Leib der Erde.

      Dort drüben auf einer Bodenwelle werden in einer unendlich langen Reihe die Kühe. Einzelne liegen, andere stehen, und mit ihren großen Augen blinzeln sie beim glühenden Sonnenlicht, muhen und fressen vom Kleefeld, das sich dehnt wie ein See.

      Zwei Frauen, Mutter und Tochter, gehen wiegenden Schrittes, eine hinter der andern, auf einem schmalen Fußweg zwischen den Saatfeldern zu der Viehherde.

      Sie tragen beide je zwei Zinkeimer, die ihnen an einem Tragegestell über den Schultern weit vom Leibe abhängen, und bei jedem Schritt, den sie thun, glitzert augenblendend das weiße Metall in der Sonne.

      Sie sprechen nicht; sie gehen zur Melke. Nun sind sie da, setzen die Eimer nieder, nähern sich den beiden ersten Tieren und geben ihnen mit den Holzschuhen einen Tritt in die Seite, daß sie sich aufrichten. Das Tier erhebt sich langsam, erst auf den Vorderbeinen, dann streckt es sein breites Hinterteil, das noch gewaltiger erscheint durch das riesige goldbraune, hängende, fleischige Euter, und Mutter und Tochter Malivoire knien unter dem Leib der Kuh und ziehen mit kurzer, scharfer Bewegung das geblähte Euter herab, das bei jedem Druck einen feinen Milchstrahl in den Eimer spritzt. Der ein

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