Sophienlust 144 – Familienroman. Aliza Korten
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Schwester Regine sah auf ihre Uhr. »Es ist schon spät. Wer noch einmal ins Wasser will, muss es jetzt tun. Magda wartet nicht gern mit dem Essen.«
Eine letzte fröhliche Wasserschlacht entwickelte sich. Henrik ließ sich auf dem Wasser treiben und spielte »Gudrun im reißenden Fluss«. Fabian »rettete« ihn unter lautem Geschrei. Die größeren Kinder beobachteten dieses Treiben ein wenig herablassend. Doch auch sie beschäftigten sich in Gedanken mit dem Schicksal des kleinen Mädchens, das aus den gefährlichen Fluten gerettet worden war.
*
»Es ist so schön wie ein richtiges Schloss. Der Papagei Habakuk wohnt in einem goldenen Käfig im Wintergarten, und alles gehört Nick.«
»Dem Nikolaus?«
Peggy lachte schallend. »Nick ist ein Junge, Gudrun. Er ist schon ziemlich groß. Aber er geht noch zur Schule.«
»Wenn er noch ein Junge ist, kann ihm das Schloss nicht gehören.«
»Du wirst schon sehen, es gehört ihm wirklich.«
»Ist er ein Prinz?«
»Nein, ein ganz richtiger Junge und sehr nett. Er macht sich nichts daraus, dass ihm Sophienlust gehört. Erst wenn er erwachsen sein wird, übernimmt er es richtig. Jetzt ist dafür Tante Isi da.«
Eugen Luchs stupste Peggy an. »Du redest und redest, Peggy. Es ist für Gudrun völlig unmöglich, sich aus deinen krausen Erklärungen einen Vers zu machen.«
»Es stimmt also nicht, Onkel Luchs?«, fragte Gudrun scheu. »Hat Peggy bloß ein Märchen erzählt? Gibt es gar keinen Vogel, der sprechen kann?«
»Doch, Kleines. Den Vogel werden wir dir zeigen. Wir sind nämlich gleich da. Und das Haus, das ein bisschen so ausschaut wie ein Schloss, gibt es ebenfalls. Lass dich überraschen.«
Die dunkle gütige Stimme hatte der kleinen Gudrun schon so oft Mut gegeben. Sie vertraute dem freundlichen Mann mit dem dichten Vollbart, obwohl es ihm bisher nicht gelungen war, ihre Mutti zu finden.
»Da ist das Haus«, schrie Peggy jetzt begeistert, sodass Balthasar erschrocken zusammenzuckte. Er war etwas geräuschempfindlich. Doch Peggy nahm darauf keine Rücksicht. Dazu war sie viel zu temperamentvoll.
Eben tauchte das Dach des Herrenhauses von Sophienlust zwischen den dicht belaubten Bäumen auf.
»Na, wie findest du es?«, wandte sich Peggy triumphierend an Gudrun.
»Wie ein Schloss«, bestätigte die Kleine. »Das stimmt.«
Wenige Minuten später hielt der große Wohnwagen vor dem Portal. Es blieb ein Rätsel, wie es möglich war, dass sofort sämtliche Sophienluster Kinder vor dem Haus erschienen, um die Heimkehrer und das neue Kind willkommen zu heißen.
Die kleine schwarze Peggy sprang als erste aus dem Wagen, gefolgt von Balthasar, der heilfroh war, dass er nicht länger fahren musste.
»Wir sind wieder da«, verkündete Peggy.
»Was du nicht sagst«, spottete Henrik, der den Collie zärtlich tätschelte.
Blitzschnell steckte Peggy dem Jungen die Zunge heraus. Henrik war zwar ihr bester Freund, doch kabbelten sich die beiden ständig.
Eugen Luchs hob Gudrun aus dem Wagen und stellte sie mitten zwischen die Kinder.
»So viele?«, fragte die Kleine verwundert.
»Wohnt ihr alle im Schloss?«
»Ein Schloss ist es nicht. Aber wir wohnen drin«, antwortete Pünktchen. »Du kannst es dir anschauen.«
»Ich … ich möchte den Vogel sehen, der sprechen kann«, verlangte Gudrun.
»Kannst du haben. Komm nur.«
Henrik nahm Gudruns Händchen und zog sie mit sich fort. Die übrigen Kinder folgten den beiden. Eugen Luchs stellte verwundert fest, dass er allein geblieben war. Sogar der Collie Balthasar hatte ihn im Stich gelassen. Das ist der Zauber des Hauses der glücklichen Kinder, dachte er bewegt. Sollten wir Gudruns Mutter nicht finden, dann weiß ich das Kind hier wohlgeborgen.
Eugen Luchs betrat die Halle. Aus dem Wintergarten hörte er die kreischende Stimme des Papageis Habakuk, der mit Begeisterung seine Künste zum besten gab. Mit einem Lächeln auf den Lippen klopfte er an die Tür des Biedermeierzimmers.
»Herein!« Denise war kaum überrascht, als der Schriftsteller vor ihr stand. »Halb und halb haben wir Sie schon heute erwartet, Herr Luchs. Ich freue mich, dass Sie heil wieder bei uns sind. Ihre Erlebnisse in Kärnten waren ein wenig anders als geplant.«
Eugen Luchs küsste Denises Hand. Er verehrte diese schöne gütige Frau aufrichtig. »Dafür bringe ich Ihnen die kleine Gudrun Namenlos, Frau von Schoenecker. Beinahe erscheint es mir fraglich, dass sich die Herkunft des Kindes je herausstellen wird. Deshalb war es mir wichtig, Gudrun zu Ihnen zu bringen.«
»Das haben Sie gut gemacht, Herr Luchs.«
»Es war nicht ganz einfach. Aber ich habe einen friesischen Dickschädel und setze ihn im Allgemeinen auch durch. Genau wie Nick bin ich felsenfest davon überzeugt, dass heimatlose Kinder nirgends auf der Welt besser aufgehoben sind als hier in Sophienlust bei Ihnen.«
»Danke. Das haben Sie lieb gesagt, Herr Luchs. Wo steckt denn Gudrun? Ich möchte sie begrüßen.«
»Die Kinder haben sie mit in den Wintergarten genommen. Peggy hat ihr von Habakuk erzählt. Deshalb wollte sie den Papagei sofort sehen.«
»Das Eis ist also bereits gebrochen, wie mir scheint.«
»Peggy und Gudrun verstehen sich ausgezeichnet. Sie kennen ja Peggys betuliche Art. Trotzdem kommt bei Gudrun immer wieder die Sehnsucht nach ihrer Mutter durch. Das wird wohl ziemlich lange dauern.«
»In der großen Gemeinschaft vergisst sich ein Schmerz leichter als anderswo, Herr Luchs. Wir wollen versuchen, die kleine Gudrun wieder glücklich zu machen.«
Denise ging in den Wintergarten. Die Kinder umringten sie und vergaßen Habakuk, der eben seine schönsten Schimpfworte herunterrasselte. Es war eine beachtliche Sammlung.
»Was soll die arme Gudrun denn von uns denken?«, schalt Denise lachend. Freundlich beugte sie sich zu dem kleinen Mädchen hinab und schloss es in die Arme. »Ich bin Tante Isi und habe dich lieb, Gudrun. Willst du bei uns in Sophienlust bleiben?«
Gudrun schaute sie zutraulich an.
»Bis meine Mutti kommt, Tante Isi«, sagte sie leise.
Denise strich über das weiche Haar des Kindes. »Ja, Gudrun, bis deine Mutti kommt.«
»Nick, altes Mistvieh«, keifte Habakuk höchst unfeierlich.
Gudrun lachte silberhell. »Er ist komisch, Tante Isi. Er bringt alle zum Lachen. Und jetzt möchte ich die kleinen Pferde sehen.«
»Klar, wir zeigen sie dir«, rief Henrik. »Kommt ihr alle mit?«
Die