Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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Zeit, wo er Dich holen darf, bestimmst Du das Gottesleichnamsfest in Trawies, welches auf einen Neumond fällt!«

      »Ich verstehe es nicht.«

      »Du weißt es ja, An diesem Tage mag uns allsammt der Teufel holen.«

      »Ist mir zu früh, kann in wenigen Jahren schon sein,« bemerkte Erlefried.

      »Junge,« sagte der Stromer und klammerte sich wie eine Schlange an Erlefried, »wer sich dem Teufel verschreibt, der schaut nicht in den Kalender. Neumond und Gottsleichnam trifft alle hundert Jahr kaum einmal zusammen, und wenn auch: Trawies liegt im Kirchenbann, das weißt Du, so wirst auch wissen, daß zu Trawies kein Gottsleichnamsfest sein kann. Und ist keins, so kann es ewig nicht auf Neumond fallen. Mach’s wie Du willst und sei bedankt, daß Du mich geführt hast.«

      Sie waren zur Stelle angelangt, wo sich die graue Felswand erhob, in welcher der Stromer sein Nest hatte. Der Alte hatte es verstanden, den Burschen durch das Gespräch mit sich zu locken, so lange er dessen bedurfte. Hier mußte er ihn verabschieden und versuchen, allein zu seiner Höhle emporzuklettern, wollte er dieselbe nicht verrathen.

      Erlefried ging in der Dunkelheit verwirrt davon und suchte Sela und trachtete dem Teufelssteine zu.

      Schwül war ihm, die Phantasie hatte ihn übermannt ganz und gar, eng und enger zog sich der Leidenschaft Feuerring um sein zitterndes Herz. Rasch ging er hin und that, was ihm der Stromer gerathen hatte. –

      Als er den Arm entblößte, um ihn zu ritzen, sah er an demselben die Narben jenes Schusses, der ihn einst als Knaben auf der Wildwiesen gestreift hatte. Dort stach er hinein ...

      Noch zitterte am Halme das Tröpflein Blut, noch hatte er auf den Lippen den letzten Hauch seines Schwures, als er vom nahen Torfstein her einen Ruf vernahm. Wie eine weibliche Stimme war’s. Sollte der neue Genosse schon seines Dienstes walten? Und sollte es Sela sein? – Im Augenblicke, als sein Blut floß, durchrieselte ihn kalter Schauer. Und nun? Es war plötzlich nicht mehr so sehr das Weib, es war die liebe, schützende Freundin, nach der er sich sehnte. Der Ruf am Felsen wiederholte sich. Erlefired stieg hinan. –

      Der Stromer saß auf Schutt und Sand und sammelte Kräfte zum Klettern. Gingen zwei mit Knitteln bewaffnete Männer die Schlucht entlang. Der Eine schlug Feier, da sahen sie ihn, bevor er sich noch hinter dürrem Gestrüppe verbergen konnte.

      »Ha, da hockt der Fuchs!« Sie setzten sich zu ihm hin, Einer rechts, der Andere links, und sagten: »Es ist uns recht, daß wir Dich finden, Wir haben Dir eine höfliche Frage.«

      »Wird mich gefreuen,« antwortete er und sein Lächeln war ein Grinsen. Dann folgendes Gespräch:

      »Roderich, wo hast Du die schöne Maid versteckt?«

      »Welche schöne Maid?«

      »Die Du auf dem Johannesberg gefunden hast.«

      »Sie ist meine Tochter.«

      »Das geht uns nichts an, wir wollen nur wissen, wo Du sie versteckt hältst.«

      »Das sage ich nicht. Laßt mich ungeschoren.«

      »Laß Du die Maid ungeschoren, Schelm! Heute hilft Dir nichts, Du sagst, wo sie ist, oder wir schlagen Dich todt.«

      »Daß ich sie umsonst verrathen soll, werdet Ihr als billige Männer nicht verlangen,« entgegnete kleinlaut der Stromer.

      »Gut wir geben Dir zwölf Schinderlinge, wenn Du ehrlich nist.«

      »Ehrlich bin ich, aber die zwölf Schinderlinge stehen zu Trawies nicht in Werth. Baargeld – Schlechtgeld jetzund, Ihr wißt es.«

      »Aber unsere Schinderlinge, lieber Spitzbub!, die heißen Baargeld – Gutgeld!«

      Sie hielten ihm, beim Scheine des Zunders, in hohler Hand schwere Goldmünzen vor. Er blinzelte darauf hin, seine Finger geriethen in ein absonderliches Zucken.

      »Gebt her!« zischelte der Stromer.

      »Sobald wir wissen, wo Du Dein Schurschäflein birgst.«

      »Was soll ich’s nicht sagen? Am Trasank, in der Rabenkirche wohnt sie seit etlichen Tagen. Gebt her!«

      »Ja glaubst Du, wir trauen Dir? Ha, ha, so kindisch sollt’ der Stromer Roderich nicht sein. Du gehst mit uns, und wenn wir sie haben, kriegst Du Dein Geld.«

      »Wenn Ihr mich tragen wollt? Ich habe mir den Fuß gebrochen und kann nicht weiter.«

      Er zeigte ihnen das stark geschwollene Bein, dabei gelang es ihm, die Goldmünzen zu erhaschen. Den stundenlangen Weg bis zur Rabenkirche ihn zu tragen, hatten sie keine Lust; das Geld schloß der Alte in der Faust, so sagte Einer: »Das Nest wissen wir, das Geld wollen wir. Ein krüppelhafter Schragen ist er. Schlagen wir ihn todt.«

      »Ist das Vernünftigste,« versetzte der Andere und warf den Zunder weg.

      Da war ein verzweifeltes Aufbäumen und ein Gebrüll, daß es hoch im Felsen widerhallte.

      Das Reisig leuchtete und zur selben Stunde flog die Flamme in den dürren Tärn ...

      Wahnfred saß auf einem Steine des Johannesberges und blickte in die rauchdurchzogenen Thäler und Schluchten von Trawies. Da unten qualmte es träge herum und bisweilen wehte der bläuliche Hauch den Hang heran zwischen den Bäumen und brachte prickelnden Brandgeruch. Dort, jenseits der Trach, unter dem Ritscher hin bis zu den Grenzen des Sehkreises, lag der feurige See. Zur Tageszeit waren die Flammenwälder theils verdeckt von den schmutzigen Rauchwirbeln und Dunstschichten, des Nachts aber leuchtete der Tärn wie ein Höllenpfuhl. Zu Zeiten, wenn die Ostluft zog, war auf dem Johannisberge das Knistern krachender Äste, das Dröhnen stürzender Stämme vernehmbar. Manches fliehende Gethier kam geflattert und suchte neues Heim in den grünen Wäldern diesseits der Trach. Es war schon spät in den Septembertagen, aber das strich warm bei Tag und Nacht, und zu Trawies fiel kein Thau mehr. Luftzüge, die über den brennenden Tärn geweht kamen, waren heiß, und hoch am Trasank, wo sie mit kalten Schichten zusammentrafen, bildeten sich Wolken, aus denen nicht selten Blitzscheine zuckten.

      Wahnfred saß auf dem Stein und blickte hinab. Was die Leute unten trieben, das konnte er freilich nicht sehen, aber er vermuthete, daß sie thätig sein würden gegen das Feuer und daß die Arbeit und Kämpfe läuternd auf sie wirken müßten. Als in einer Nacht sich ein heftiger Wind erhob und die Gluthfelder des Tärn neuerdings wild aufloderten und das Feuer auseinanderstob, da meinte der Einsiedler auf dem Berge, es würde auch den Ritscher erfassen und die Wälder im Dürrbachgraben, an der Miesling und an der Trach, und so das herz von Trawies verbrennen. Dann wollte er hinabsteigen und den Hingeworfenen im Scheine solcher Herrlichkeit sein Evangelium verkünden. Er hatte gemeint, daß die verhärteten Herzen der Leute von Trawies wie Eisen sind, die erst im Feuer der Noth und Jammers geglüht werden müssen, bevor sie bildsam werden.

      Nun begann es wohl zu brennen an einem Hange des Birstling und hoch oben im Ritscherwalde, aber es verkohlte und es verlosch im Busche, die Flammen gingen über die Grenzen des dürren Tärn nicht hinaus. Und Wahnfred blieb auf dem Berge.

      Der Wald aber, welcher an jenem Abende, da die beiden Männer den Stromer Roderich erschlugen, durch ein Ungefähr in Brand gesteckt worden war, loderte und glühte viele Tage lang fort. Keiner hatte auch nur versucht, dem Feuer zu wehren und die Flammen flogen in hellem Hohne das Gestämme an, wie es früherhin die Schwärme des

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