Grundsätze der Philosophie der Zukunft. Ludwig Feuerbach

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Grundsätze der Philosophie der Zukunft - Ludwig  Feuerbach

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– nur praktisch; theoretisch ließ er ihn bestehen; er ist, aber nur nicht für den Menschen, d.h. den religiösen Menschen – er ist ein jenseitiges Wesen, ein Wesen, das einst erst dort im Himmel ein Gegenstand für den Menschen wird. Aber was jenseits der Religion, das liegt diesseits der Philosophie, was kein Gegenstand für jene, das ist gerade der Gegenstand für diese.

      § 4.

      Die rationelle oder theoretische Verarbeitung und Auflösung des für die Religion jenseitigen ungegenständlichen Gottes ist die spekulative Philosophie.

      § 5.

      Das Wesen der spekulativen Philosophie ist nichts anderes als das rationalisierte, realisierte, vergegenwärtigte Wesen Gottes. Die spekulative Philosophie ist die wahre, die konsequente, die vernünftige Theologie.

      § 6.

      Gott als Gott – als geistiges oder abstraktes, d.i. nicht menschliches, nicht sinnliches, nur der Vernunft oder Intelligenz zugängliches und gegenständliches Wesen ist nichts anderes als das Wesen der Vernunft selbst, welches aber von der gemeinen Theologie oder vom Theismus vermittels der Einbildungskraft als ein von der Vernunft unterschiedenes, selbstständiges Wesen vorgestellt wird. Es ist daher eine innere, eine heilige Notwendigkeit, daß das von der Vernunft unterschiedene Wesen der Vernunft endlich mit der Vernunft identifiziert, das göttliche Wesen also als das Wesen der Vernunft erkannt, verwirklicht und vergegenwärtigt werde. Auf dieser Notwendigkeit beruht die hohe geschichtliche Bedeutung der spekulativen Philosophie.

      Der Beweis, daß das göttliche Wesen das Wesen der Vernunft oder Intelligenz ist, liegt darin, daß die Bestimmungen oder Eigenschaften Gottes – so weit natürlich diese vernünftige oder geistige sind, nicht Bestimmungen der Sinnlichkeit oder Einbildungskraft – Eigenschaften der Vernunft sind.

      «Gott ist das unendliche Wesen, das Wesen ohne alle Einschränkungen«. Aber was keine Grenze oder Schranke Gottes, das ist auch keine Schranke der Vernunft. Wo z.B. Gott ein über die Schranken der Sinnlichkeit erhabenes Wesen ist, da ist es auch die Vernunft. Wer keine andere Existenz denken kann als eine sinnliche, wer also eine durch die Sinnlichkeit beschränkte Vernunft hat, der hat auch eben deswegen einen durch die Sinnlichkeit beschränkten Gott. Die Vernunft, welche Gott als ein unbeschränktese Wesen denkt, die denkt in Gott nur ihre eigene Unbeschränktheit. Was der Vernunft das göttliche, das ist ihr auch erst das wahrhaft vernünftige Wesen – d.h. das vollkommen der Vernunft entsprechende und eben deswegen sie befriedigende Wesen. Das aber, worin sich ein Wesen befriedigt, ist nichts anderes als sein gegenständliches Wesen. Wer sich in einem Dichter befriedigt, ist selbst eine dichterische, wer in einem Philosophen, selbst eine philosophische Natur, und daß er es ist, das wird ihm und anderen erst in dieser Befriedigung Gegenstand. Die Vernunft» bleibt aber nicht bei den sinnlichen, endlichen Dingen stehen; sie befriedigt sich nur in dem unendlichen Wesen«– also ist uns erst in diesem Wesen das Wesen der Vernunft aufgeschlossen.

      «Gott ist das notwendige Wesen«. Aber diese seine Notwendigkeit beruht darauf, daß er ein vernünftiges, intelligentes Wesen ist. Die Welt, die Materie hat den Grund, warum sie ist und so ist, wie sie ist, nicht in sich, denn es ist ihr völlig einerlei, ob sie ist oder nicht ist, ob sie so oder anders ist1. Sie setzt daher notwendig als Ursache ein anderes Wesen voraus, und zwar ein verständiges, selbstbewußtes, nach Gründen und Zwecken wirkendes Wesen. Denn nimmt man von diesem anderen Wesen die Intelligenz weg, so entsteht von neuem die Frage nach dem Grund desselben. Die Notwendigkeit des ersten, höchsten Wesens beruht darum auf der Voraussetzung, daß der Verstand allein das erste und höchste, das notwendige und wahre Wesen ist. Wie überhaupt die metaphysischen oder ontotheologischen Bestimmungen erst Wahrheit und Realität haben, wenn sie auf psychologische oder vielmehr anthropologische Bestimmungen zurückgeführt werden, so hat also auch die Notwendigkeit des göttlichen Wesens in der alten Metaphysik oder Ontotheologie erst Sinn und Verstand, Wahrheit und Realität in der psychologischen oder anthropologischen Bestimmung Gottes als eines intelligenten Wesens. Das notwendige Wesen ist das notwendig zu denkende, schlechterdings zu bejahende, schlechterdings unleugbare oder unaufhebbare Wesen, aber nur als ein selbstdenkendes Wesen. In dem notwendigen Wesen beweist und zeigt also die Vernunft nur ihre eigene Notwendigkeit und Realität.

      «Gott ist das unbedingte, allgemeine – ›Gott ist nicht dies und das‹ —, unveränderliche, ewige oder zeitlose Wesen. «Aber Unbedingtheit, Unveränderlichkeit, Ewigkeit, Allgemeinheit sind selbst nach dem Urteil der metaphysischen Theologie auch Eigenschaften der Vernunftwahrheiten oder Vernunftgesetze, folglich Eigenschaften der Vernunft selbst; denn was sind diese unveränderlichen, allgemeinen, unbedingten, immer und überall gültigen Vernunftwahrheiten anderes als Ausdrücke von dem Wesen der Vernunft?

      «Gott ist das unabhängige, selbständige Wesen, welches keines anderen Wesens zu seiner Existenz bedarf, folglich von und durch sich selbst ist. «Aber auch diese abstrakte metaphysische Bestimmung hat nur Sinn und Realität als eine Definition von dem Wesen des Verstandes und sagt daher nichts weiter aus, als daß Gott ein denkendes, intelligentes Wesen oder umgekehrt nur das denkende Wesen das göttliche ist; denn nur ein sinnliches Wesen bedarf zu seiner Existenz andere Dinge außer ihm. Luft bedarf ich zum Atmen, Wasser zum Trinken, Licht zum Sehen, pflanzliche und tierische Stoffe zum Essen, aber nichts, wenigstens unmittelbar, zum Denken. Ein atmendes Wesen kann ich nicht denken ohne die Luft, ein sehendes nicht ohne Licht, aber das denkende Wesen kann ich für sich isoliert denken. Das atmende Wesen bezieht sich notwendig auf ein Wesen außer ihm, hat seinen wesentlichen Gegenstand, das, wodurch es ist, was es ist, außer sich; aber das denkende Wesen bezieht sich auf sich selbst, ist sein eigener Gegenstand, hat sein Wesen in sich selbst, ist, was es ist, durch sich selbst.

      § 7.

      Was im Theismus Objekt, das ist in der spekulativen Philosophie Subjekt, was das dort nur gedachte, vorgestellte Wesen der Vernunft, ist hier das denkende Wesen der Vernunft selbst.

      Der Theist stellt sich Gott als ein außer der Vernunft, außer dem Menschen überhaupt existierendes, persönliches Wesen vor – er denkt als Subjekt über Gott als Objekt. Er denkt Gott als ein dem Wesen, d.h. seiner Vorstellung nach geistiges, unsinnliches, aber der Existenz, d.h. der Wahrheit nach sinnliches Wesen; denn das wesentliche Merkmal einer objektiven Existenz, einer Existenz außer dem Gedanken oder der Vorstellung ist die Sinnlichkeit. Er unterscheidet Gott von sich in demselben Sinne, in welchem er die sinnlichen Dinge und Wesen als außer ihm existierende von sich unterscheidet; kurz, er denkt Gott vom Standpunkt der Sinnlichkeit aus. Der spekulative Theologe oder Philosoph dagegen denkt Gott vom Standpunkt des Denkens aus; er hat daher nicht zwischen sich und Gott in der Mitte die störende Vorstellung eines sinnlichen Wesens; er identifiziert somit ohne Hindernis das objektive, gedachte Wesen mit dem subjektiven, denkenden Wesen.

      Die innere Notwendigkeit, daß Gott aus einem Objekt des Menschen zum Subjekt, zum denkenden Ich des Menschen wird, ergibt sich aus dem bereits Entwickelten näher so: Gott ist Gegenstand des Menschen, und nur des Menschen, nicht des Tieres. Was aber ein Wesen ist, das wird nur aus seinem Gegenstand erkannt; der Gegenstand, auf den sich ein Wesen notwendig bezieht, ist nichts anderes als sein offenbares Wesen. So ist der Gegenstand der pflanzenfressenden Tiere die Pflanze; aber durch diesen Gegenstand unterscheiden sich wesentlich dieselben von den anderen, den fleischfressenden Tieren. So ist der Gegenstand des Auges das Licht, nicht der Ton, nicht der Geruch. Im Gegenstand des Auges ist uns aber sein Wesen offenbar. Ob einer nicht sieht oder kein Auge hat, ist darum einerlei. Wir benennen daher auch im Leben die Dinge und Wesen nur nach ihren Gegenständen. Das Auge ist das» Lichtorgan«. Wer den Boden bebaut, ist ein Bauer; wer die Jagd zum Objekt seiner Tätigkeit hat, ist ein Jäger; wer Fische fängt, ein Fischer usw. Wenn also Gott – und zwar, wie er es ja ist, notwendig und wesentlich – ein Gegenstand des Menschen ist, so ist in dem Wesen dieses Gegenstandes nur das eigene Wesen des Menschen ausgesprochen. Stelle Dir vor, ein denkendes Wesen auf einem Planeten oder gar Kometen bekäme

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