Die Braut des Rebellen. Barbara Cartland
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Als die Kutschen den Hafen Khevea verließen, um in die Hauptstadt Zanthos zu fahren, glaubte sich Theola in einem Märchen. Eine solche Pracht von Blüten und Farben war einfach unvorstellbar. Die Straßen waren mit Girlanden überzogen, überall wehten Fahnen, die Brücken, über die sie fuhren, waren von Soldaten bewacht.
In den Dörfern war alles auf der Straße. Die Menschen in ihrer farbenfrohen Tracht winkten und jubelten. Die Frauen hatten sich Blüten ins Haar gesteckt.
Theola konnte es einfach nicht fassen, daß Catherine sich nicht mehr für ihre zukünftigen Untertanen interessierte. Die Menschen, die die Straße einsäumten, schienen ihr egal zu sein. Es berührte sie nicht im geringsten, daß man sie mit so großer Herzlichkeit empfing. Sie hatte nur Augen für den Premierminister, der sie im Auftrag des Königs am Schiff abgeholt hatte. Theola und Captain Petlos, die ihr gegenüber saßen, ignorierte sie total.
Der Premierminister war ein älterer Mann mit einer knarrenden Stimme und stechenden Augen. Er war Österreicher.
Der Herzog folgte in einer zweiten Kutsche mit dem Feldmarschall und anderen Würdenträgern des Landes. Insgesamt waren es sechs Kutschen, die von Soldaten zu Pferd begleitet wurden.
„Die Soldaten an der Spitze“, erklärte Captain Petlos, „gehören zur Leibgarde des Königs.“
Theola nickte nur. Sie hätte sich gern mit dem jungen Offizier unterhalten, aber sie hatte Angst, dadurch die Konversation zwischen Catherine und dem Premier zu stören und schwieg. Wie gerne hätte sie wenigstens den Kindern zugewinkt, die kleine Blumensträuße auf die Kutschen warfen, aber von niemand beachtet wurden. Ihre Sträußchen wurden unter den Pferdehufen zertrampelt, die Kinder selbst blieben unbeachtet.
Nach einer Stunde Fahrt hatten sie den Rand der Hauptstadt erreicht. Sie überquerten einen breiten Fluß. Die Brücke war mit Blumengirlanden geschmückt und von Soldaten bewacht.
Sie kamen durch enge Sträßchen. Zu beiden Seiten bescheidene Häuser. Zu Theolas Erstaunen waren sie nicht geschmückt und sahen fast unbewohnt aus. Die Fensterläden waren geschlossen. Keine lachenden, winkenden Menschen, keine Blumensträuße. Die Pferde schienen schneller zu laufen, und Theola hätte Captain Petlos gern gefragt, warum hier alles so finster und freudlos war. Nicht einmal der Himmel war mehr strahlend. Eine Wolke hatte sich vor die Sonne geschoben.
Sie kamen schließlich durch eine Gasse, in der ein paar ärmlich gekleidete barfüßige Kinder spielten. Die Kutsche schwankte plötzlich, ein Aufschrei, und der Kutscher zügelte die Pferde und brachte sie zum Stehen.
„Was ist denn los?“ fragte der Premierminister. „Ist was passiert?“
Captain Petlos sprang aus der Kutsche.
„Ein Kind ist angefahren worden, Exzellenz“, rief er nach einem Moment. „Ein kleines Mädchen. Es muß direkt in die Räder hineingelaufen sein.“
„Ein Kind?“ rief Theola.
Ohne eine Sekunde zu überlegen, stieg sie aus der Kutsche. Neben dem rechten Vorderrad lag ein Mädchen von vielleicht vier Jahren. Die kleinen Beinchen waren voll Blut.
Theola kniete sich neben dem Kind auf den Boden. Es war besinnungslos und schien kaum zu atmen. Im linken Oberschenkel klaffte eine tiefe Wunde.
Theola legte den Kopf des Kindes in ihren Schoß.
„Ihr Taschentuch, bitte“, sagte sie zu Captain Petlos, der neben ihr stand.
Der junge Offizier kramte in den Taschen. Da er offensichtlich kein Taschentuch bei sich zu haben schien, zog sich Theola kurz entschlossen den Seidenschal vom Hals und band damit dem kleinen Mädchen das Bein ab.
„Das Kind muß sofort in ein Krankenhaus gebracht werden“, sagte sie. „Es muß ärztliche Hilfe bekommen. Ist die Mutter in der Nähe?“
Theola sah hoch und mußte zu ihrem Erstaunen feststellen, daß niemand mehr da war. Die Kinder waren weggelaufen.
„Was ist denn los?“ rief der Premierminister aus der Kutsche. „Wir können hier nicht stehenbleiben, Captain Petlos.“
„Das Kind ist verletzt, Exzellenz.“
„Dann sollen sich die Eltern darum kümmern.“
„Es ist niemand da, Sir.“
„Legen Sie das Kind an den Straßenrand. Wir müssen weiter.“
„Das können wir doch nicht machen“, sagte Theola zu Captain Petlos. „Ich habe das Bein zwar abgebunden, aber das Kind muß schnellstens von einem Arzt behandelt werden. Versuchen Sie doch die Eltern zu finden. Oder wenigstens jemand, der sich um das Kind kümmert. Schauen Sie sich die Wunde an! Das Kind muß ins Krankenhaus!“
„Es gibt kein Krankenhaus“, entgegnete Captain Petlos leise.
„Hallo!“ rief der junge Offizier in dem Moment laut. „Jemand wird doch noch so viel Anstand haben und sich um das Kind kümmern!“
Es dauerte eine ganze Weile, bis schließlich eine Tür aufging und ein Mann auf sie zukam.
„Das muß der Vater sein“, meinte Theola erleichtert. „Bitte, erklären Sie ihm - ich weiß ja nicht, ob er mich versteht - daß die Binde in zehn Minuten abgenommen werden muß, sonst verliert das Kind das Bein. Der Mann muß es schnellstens zu einem Arzt bringen.“
Dann war der Mann bei ihnen.
Und nun traute Theola ihren Ohren nicht.
„Bist du wahnsinnig?“ flüsterte der Captain dem Mann zu. „Wenn sie dich erkennen, knallen sie dich ab.“
„Das weiß ich“, entgegnete der Mann leise.
„Mann Gottes!“ stöhnte Captain Petlos. Aus seiner Stimme schwang Angst.
„Ihr Kind ist leider verletzt worden“, setzte er laut hinzu. „Die Dame hier läßt Ihnen ausrichten, daß es sofort zu einem Arzt gebracht und die Binde innerhalb von zehn Minuten abgenommen werden muß.“
Der Mann bückte sich und nahm das Kind in die Arme. Jetzt sah Theola zum ersten Mal sein Gesicht. Sie zweifelte keinen Moment daran, daß er griechischer Abstammung war? Doch nach den Bildern, die ihr ihr Vater gezeigt hatte, waren Theola diese Züge so vertraut, daß sie das Gefühl hatte, den Mann schon seit langem zu kennen.
Und als sich ihre Blicke trafen, schrak sie zusammen. Noch nie hatte sie in den Augen eines Menschen so viel Verachtung gesehen.
„Wer ist dieser Mann?“ fragte der Premierminister scharf.
„Ich nehme an, der Vater des Kindes, Exzellenz“, antwortete Captain Petlos.
Der Mann, der jetzt das kleine Mädchen in den Armen hielt und sich aufgerichtet hatte, wandte sich an Theola.
„Vielen Dank für Ihre Hilfe“, sagte er ruhig. „Dürfte ich Sie noch um einen Gefallen bitten?“
„Nämlich?“