Lederstrumpf. Джеймс Фенимор Купер
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Es gibt Augenblicke des lebhaften Bewusstseins, wo die strenge Gerechtigkeit Gottes in so auffallenden Farben vor einen hintritt, dass sie aller Bestrebungen spottet, sie dem Auge zu verschleiern, wie unangenehm sie auch das Gemüt berühren, wie beflissen man auch sein mag, ihrer Anerkennung auszuweichen. So war es jetzt bei Judith und Hetty, welche beide den Ratschluss einer vergeltenden Vorsehung in der Art des Leidens ihres Vaters erblickten, als Strafe für die von ihm kürzlich gegen die Irokesen gemachten Anschläge. Dies erkannte und fühlte Judith mit der scharfen Empfindung und Erkenntnis, die ihrem Charakter gemäß war; während der auf das einfältigere Gemüt ihrer Schwester gemachte Eindruck vielleicht weniger lebhaft war, obwohl er sich vielleicht als nachhaltiger auswies.
Oh! Judith! rief das schwachsinnige Mädchen, sobald sie dem Leidenden ihre erste Sorgfalt gewidmet hatte, Vater ging selbst auf Skalpe aus, und wo ist jetzt der seinige? die Bibel hätte wohl diese fürchterliche Strafe vorhersagen können!
Still – Hetty – still, arme Schwester – er öffnet die Augen; er hört und versteht Dich vielleicht. Es ist, wie Du sagst und denkst; aber es ist zu schrecklich, davon zu sprechen.
Wasser! stammelte Hutter wie mit verzweifelter Anstrengung, die seine Stimme fürchterlich tief und stark machte für einen sichtlich dem Tode so Nahen – Wasser – närrische Mädchen – wollt Ihr mich Durstes sterben lassen?
Wasser ward gebracht und dem Leidenden gereicht – das erste, das er in Stunden körperlicher Schmerzen und Pein gekostet hatte. Es hatte die doppelte Wirkung, seine Kehle rein zu machen und für einen Augenblick seine erlöschende Kraft wieder zu beleben. Seine Augen öffneten sich mit jenem ängstlichen, verzerrten Blick, der oft das Scheiden einer vom Tod überraschten Seele begleitet, und er schien sprechen zu wollen.
Vater – sagte Judith, in unaussprechlicher Angst und Betrübnis über seinen jammervollen Zustand, und umso mehr, als sie nicht wusste, welche Mittel anzuwenden wären – Vater, können wir Etwas für Euch tun? Kann ich und Hetty Eure Schmerzen erleichtern?
Vater! wiederholte langsam der alte Mann. Nein, Judith – nein. Hetty – ich bin kein Vater. Sie war Eure Mutter, aber ich bin kein Vater. Seht in dem Schranke nach – dort ist alles – mehr Wasser!
Die Mädchen erfüllten seinen Wunsch; und Judith, deren frühere Erinnerungen viel weiter zurück reichten als die ihrer Schwester, und die in jeder Hinsicht viel deutlichere Eindrücke von der Vergangenheit hatte, empfand, als sie jene Worte vernahm, eine nicht zu unterdrückende Anwandlung von Freude. Es hatte nie viel Sympathie zwischen ihrem vermeintlichen Vater und ihr geherrscht, und eine Vermutung eben dieser Wahrheit hatte oft ihre Seele durchzuckt in Folge von Gesprächen zwischen Hutter und ihrer Mutter, die sie belauscht hatte. Vielleicht gienge es zu weit, wenn man sagte, sie habe ihn nie geliebt, aber das darf man keck behaupten, sie habe sich gefreut, dass es nicht mehr ihre Pflicht war. Hettys Empfindungen waren anders. Unfähig, alle die Unterscheidungen zu machen, wie ihre Schwester, war sie ihrer ganzen Natur nach voll Zärtlichkeit, und sie hatte ihren vermeintlichen Vater geliebt, obwohl viel weniger zärtlich als ihre wirkliche Mutter; und es betrübte sie jetzt, von ihm die Erklärung zu hören, dass er nicht durch natürliche Bande zu dieser Liebe berechtigt war. Sie fühlte einen doppelten Schmerz, als ob sein Tod und seine Worte zusammen sie doppelt des Vaters beraubten. Ihren Gefühlen nachgebend trat das arme Mädchen beiseite und weinte.
Die entgegengesetzten Gemütsbewegungen der beiden Mädchen machten beide lange Zeit stumm. Judith reichte dem Leidenden oft Wasser, aber sie enthielt sich, mit Fragen in ihn zu dringen. einigermaßen aus Rücksicht für seinen Zustand, aber wenn man die Wahrheit gestehen soll, ebenso sehr auch, damit nicht, was er bei einer weitern Erläuterung etwa hinzufügte, den angenehmen Glauben störte, dass sie nicht Thomas Hutter’s Kind sei. Endlich trocknete Hetty ihre Tränen, kam herbei und setzte sich auf einen Schemel neben den Sterbenden, welcher der Länge nach auf den Boden gelegt worden war, das Haupt auf einigen abgetragnen Kleidern aufliegend, die im Hause zurückgeblieben waren.
Vater, sagte sie, Ihr werdet mich Euch Vater nennen lassen, obgleich Ihr sagt, Ihr seid es nicht – Vater, soll ich Euch aus der Bibel lesen – Mutter sagte immer, die Bibel sei gut für Leute in Nöten. Sie war selbst oft in Not und Unruhe, und dann ließ sie sich von mir aus der Bibel lesen; denn Judith war nicht eine solche Freundin von der Bibel, wie ich – und es tat ihr immer gut. Oft habe ich es erlebt, dass Mutter anfing zuzuhören, während Ihr die Tränen aus den Augen strömten, und am Ende ganz Lächeln und Heiterkeit war. O! Vater, Ihr wisst nicht, wie viel Gutes die Bibel wirken kann, denn Ihr habt es nie versucht; jetzt will ich Euch ein Kapitel lesen, und es wird Euer Herz besänftigen, wie es die Herzen der Huronen besänftigt hat.
Während die arme Hetty so viel Ehrfurcht vor der Tugend der Bibel, und so viel Glauben daran hatte, war ihr Verstand zu schwach, als dass sie imstande gewesen wäre, ihre Schönheiten vollständig zu würdigen, oder ihre tiefe, manchmal geheimnisvolle Weisheit zu ergründen. Jener instinktmäßige Sinn für das Rechte, der sie vor der Begehung eines Unrechts zu schützen schien, und selbst einen Mantel sittlicher Liebenswürdigkeit und Wahrheit um ihren Charakter warf, konnte nicht in tiefsinnige Wahrheiten eindringen, oder die feinen Fäden der Verkettung zwischen Ursache und Wirkung, neben dem in die Augen fallenden und unbestreitbaren Zusammenhang, auffinden und verfolgen, obwohl sie selten verfehlte, diesen letztern wohl einzusehen und sich allen gerechten Consequenzen zu unterwerfen. Mit einem Wort, sie gehörte zu Denjenigen, die richtig empfinden und handeln, ohne imstande zu sein, logische Gründe dafür anzugeben, selbst wenn man ihr die Offenbarung als Autorität gelten ließ. Ihre aus der Bibel gewählten Abschnitte zeichneten sich daher gewöhnlich aus durch die Einfalt ihres eignen Gemütes, und fielen eher dadurch auf, dass sie Bilder von bekannten und handgreiflichen Dingen enthielten, als jene höhern Züge sittlicher Wahrheiten, wovon die Blätter dieses wunderbaren Buches erfüllt sind – wunderbar und beispiellos, auch abgesehen von seinem göttlichen Ursprung, als ein Werk voll der tiefsten Philosophie, vorgetragen in der edelsten Sprache. Ihre Mutter hatte, in Kraft einer Ideenverbindung, die dem Leser auffallen wird, eine besondere Vorliebe für das Buch Hiob gehabt; und Hetty hatte großenteils das Lesen gelernt bei den häufigen Unterrichtsstunden, welche diesem ehrwürdigen und erhabnen Gedicht gewidmet waren, das man jetzt für das älteste Buch der Welt hält. Auch in diesem Falle folgte das arme Mädchen der Gewohnheit ihrer Erziehung und Bildung, und wandte sich zu diesem wohlbekannten Teile des heiligen Buches mit der schnellen Besonnenheit, mit der etwa der geübte Anwalt seine Autoritäten aus den Schätzen juristischer Weisheit zitieren würde. Bei der Wahl des Kapitels ließ sie sich durch die Überschriften leiten, und wählte das, was in der englischen Übersetzung die Überschrift hat: ›Hiob rechtfertigt sein Verlangen nach dem Tod.‹ (Kap. 7.) Dies las sie stetig, vom Anfang bis zum Ende, mit süßer, leiser und wehmütigklagender Stimme, in der frommen Hoffnung, die allegorischen und tiefsinnigen Sprüche würden wohl dem Herzen des Leidenden den Trost bieten, dessen er bedürfe. Es ist auch eine Eigentümlichkeit der umfassenden Weisheit der Bibel, dass man kaum ein Kapitel aufschlagen kann, es sei denn streng erzählender Art, das nicht irgend eine tiefer gehende Wahrheit enthielte, die ihre Anwendung findet auf den Zustand jedes menschlichen Herzens, so wie auf den zeitlichen Stand seines Besitzers, entweder mittelst der Regungen dieses Herzens, oder auch in noch unmittelbarerer Weise. Im gegenwärtigen Fall war schon der erste Spruch: ›Muss nicht der Mensch immer im Streite