Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler. Артур Шницлер
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler - Артур Шницлер страница 4
Anatol. Ja! ... ein wenig müde.
Cora. Ein wenig, ja ...
Anatol. ... Deine Augenlider werden dir schwer ... sehr schwer, deine Hände kannst du kaum mehr erheben ...
Cora. (leise). Wirklich.
Anatol. (ihr weiter über Stirne und Augen streichelnd, eintönig). Müd ... ganz müd bist du ... nun schlafe ein, mein Kind ... Schlafe ... ganz müd bist du ... nun schlafe ein, mein Kind ... Schlafe. (Er wendet sich zu Max, der bewundernd zusieht, macht eine siegesbewußte Miene.) Schlafen ... Nun sind die Augen fest geschlossen ... Du kannst sie nicht mehr öffnen ...
Cora. (will die Augen öffnen).
Anatol. Es geht nicht... Du schläfst ... Nur ruhig weiter schlafen ... So ...
Max. (will etwas fragen). Du ...
Anatol. Ruhig. (Zu Cora.) ... Schlafen ... fest, tief schlafen. (Er steht eine Weile vor Cora, die ruhig atmet und schläft.) So ... nun kannst du fragen.
Max. Ich wollte nur fragen, ob sie wirklich schläft. Anatol. Du siehst doch ... Nun wollen wir ein paar Augenblicke warten. (Er steht vor ihr, sieht sie ruhig an. Große Pause.) Cora! ... Du wirst mir nun antworten ... Antworten. Wie heißt du?
Cora. Cora.
Anatol. Cora, wir sind im Wald.
Cora. Oh ... im Wald ... wie schön! Die grünen Bäume ...und die Nachtigallen.
Anatol. Cora ... Du wirst mir nun in allem die Wahrheit sagen ... Was wirst du tun, Cora?
Cora. Ich werde die Wahrheit sagen.
Anatol. Du wirst mir alle Fragen wahrheitsgetreu beantworten, und wenn du aufwachst, wirst du wieder alles vergessen haben! Hast du mich verstanden?
Cora. Ja.
Anatol. Nun schlafe ... ruhig schlafen. (Zu Max.) Jetzt also werde ich sie fragen ...
Max. Du, wie alt ist sie denn?
Anatol. Neunzehn ... Cora, wie alt bist du?
Cora. Einundzwanzig Jahre.
Max. Haha.
Anatol. Pst ... das ist ja außerordentlich ... Du siehst daraus ...
Max. Oh, wenn sie gewußt hätte, daß sie ein so gutes Medium ist!
Anatol. Die Suggestion hat gewirkt. Ich werde sie weiterfragen. – Cora, liebst du mich ...? Cora ... liebst du mich?
Cora. Ja!
Anatol (triumphierend). Hörst du's?
Max. Nun also, die Hauptfrage, ob sie treu ist.
Anatol. Cora! (Sich umwendend.) Die Frage ist dumm.
Max. Warum?
Anatol. So kann man nicht fragen!
Max. ...?
Anatol. Ich muß die Frage anders fassen.
Max. Ich denke doch, sie ist präzis genug.
Anatol. Nein, das ist eben der Fehler, sie ist nicht präzis genug.
Max. Wieso?
Anatol. Wenn ich sie frage: Bist du treu, so meint sie dies vielleicht im allerweitesten Sinne.
Max. Nun?
Anatol. Sie umfaßt vielleicht die ganze ... Vergangenheit... Sie denkt möglicherweise an eine Zeit, wo sie einen anderen liebte ... und wird antworten: Nein.
Max. Das wäre ja auch ganz interessant.
Anatol. Ich danke ... Ich weiß, Cora ist andern begegnet vor mir ... Sie hat mir selbst einmal gesagt: Ja, wenn ich gewußt hätte, daß ich dich einmal treffe ... dann ...
Max. Aber sie hat es nicht gewußt.
Anatol. Nein ...
Max. Und was deine Frage anbelangt ...
Anatol. Ja ... Diese Frage ... Ich finde sie plump, in der Fassung wenigstens.
Max. Nun so stelle sie etwa so: Cora, warst du mir treu, seit du mich kennst?
Anatol. Hm... Das wäre etwas. (Vor Cora.) Cora! Warst du ... Auch das ist ein Unsinn!
Max. Ein Unsinn!?
Anatol. Ich bitte ... man muß sich nur vorstellen, wie wir uns kennenlernten. Wir ahnten ja selbst nicht, daß wir uns einmal so wahnsinnig lieben würden. Die ersten Tage betrachteten wir beide die ganze Geschichte als etwas Vorübergehendes. Wer weiß ...
Max. Wer weiß ...?
Anatol. Wer weiß, ob sie nicht mich erst zu lieben anfing – als sie einen andern zu lieben aufhörte? Was erlebte dieses Mädchen einen Tag, bevor ich sie traf, bevor wir das erste Wort miteinander sprachen? War es ihr möglich, sich da so ohne weiteres loszureißen? Hat sie nicht vielleicht tage- und wochenlang noch eine alte Kette nachschleppen müssen, müssen, sag ich.
Max. Hm.
Anatol. Ich will sogar noch weiter gehen ... Die erste Zeit war es ja nur eine Laune von ihr – wie von mir. Wir haben es beide nicht anders angesehen, wir haben nichts anderes voneinander verlangt, als ein flüchtiges, süßes Glück. Wenn sie zu jener Zeit ein Unrecht begangen hat, was kann ich ihr vorwerfen? Nichts – gar nichts.
Max. Du bist eigentümlich mild.
Anatol. Nein, durchaus nicht, ich finde es nur unedel, die Vorteile einer augenblicklichen Situation in dieser Weise auszunützen.
Max. Nun, das ist sicher vornehm gedacht. Aber ich will dir aus der Verlegenheit helfen.
Anatol. – ?
Max. Du fragst sie, wie folgt: Cora, seit du mich liebst... bist du mir treu?
Anatol. Das klingt zwar sehr klar.
Max. ... Nun?
Anatol. Ist es aber durchaus nicht.
Max. Oh!
Anatol. Treu! Wie heißt das eigentlich: Treu? Denke dir ... sie ist gestern in einem Eisenbahnwaggon gefahren, und ein gegenübersitzender Herr berührte mit seinem Fuße die Spitze des ihren. Jetzt mit diesem eigentümlichen, durch den Schlafzustand ins Unendliche gesteigerten Auffassungsvermögen, in dieser verfeinerten Empfindungsfähigkeit, wie sie ein Medium zweifellos in der Hypnose besitzt, ist es gar nicht ausgeschlossen, daß sie auch das schon als einen Treubruch ansieht.
Max. Na höre!
Anatol. Um so mehr, als sie in unseren Gesprächen über dieses Thema, wie wir sie manchmal zu führen pflegten, meine vielleicht etwas übertriebenen Ansichten kennenlernte. Ich selbst