Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler. Артур Шницлер

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Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler - Артур Шницлер

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Das ist's, was Sie mir raten –?

      Der Arzt. Ja. Und ich wollte, er nähme Sie rasch von hier fort . . . morgen . . . heute noch. Mir ist angst um Sie. Wie Sie nur aussehn –! Zögern Sie nicht, wenn er das entscheidende Wort spricht. Nicht lang mehr, und ich fürchte, Sie verlieren selbst die Fähigkeit, glücklich zu werden.

      Marie. Glücklich –? Kennen Sie den Adjunkten so gut?

      Der Arzt. Ja, ich kenn' ihn. An jenem Winterabend, da ich ihn bei Ihnen kennen lernte, sind wir – Sie erinnern sich noch – von hier miteinander fortgegangen. Lange, in stillen Straßen, auf leuchtendem Schnee sind wir umhergewandert. Von seinen stillen Wäldern, von der Freude seiner Jagden, von seiner Mutter, die ihm eben gestorben war, von einem Mädchen, das er geliebt und verlassen, sprach er viel . . . kein Wort von Ihnen. Und doch redete jedes Wort, das er sprach, nichts anderes als Sie. Von dieser Stunde an dacht' ich mir kein andres Glück für Sie als dies an seiner Seite.

      Marie. Vielleicht wäre es das Glück gewesen. Aber ich glaube, es ist nicht mehr das Glück, wonach ich mich sehne. Hat das Leben nicht mehr zu verschenken als Glück . . . viel mehr –? Und das, das ist versäumt . . . unwiederbringlich versäumt!

      Der Arzt etwas befremdet. Das Vergangene – ja. Aber das Zukünftige bringt ein Entschluß Ihnen wieder.

      Marie. Es gibt keine Zukunft mehr.

      Der Arzt. Keine Zukunft? Was bedeutet das? Hat er Ihnen denn auf Nimmerwiedersehen Lebewohl gesagt . . . Oder haben Sie selbst ihn fortgeschickt?

      Marie. Der Adjunkt wird in wenig Minuten wieder da sein. Aber das andere ist vorbei, das kommt nicht wieder.

      Der Arzt. Es gibt anderes?

      Marie. Wer weiß, vielleicht wollte der Himmel, daß ich erst heute solche Worte von Ihnen höre – heute, da sie in eine grundlose Tiefe fallen und darin begraben sein müssen, – heute, da es zu spät ist. – – Nein, nicht der Himmel wollte es! Und wär' es der Himmel, ich könnt' es ihm nicht danken . . . Aber wußt' ich denn nicht selbst all das, was Sie heute mir sagen? . . . Wußt' ich nicht, daß ich hätte fort müssen? . . . Und fing die Welt nicht erst mit dem Tage für mich an, da ich's wußte? . . . Und was hielt mich zurück – was? . . . Ich weiß es nicht mehr. Warum haben Sie nicht früher . . . nicht gestern so zu mir gesprochen? Warum nicht? . . . Da hätten Ihre Worte mich hinausgetrieben, denn da wußt' ich wohin . . . da lag das Leben vor mir . . . Und wär' es nur für einen Tag und eine Nacht gewesen, es war das Leben, das mich rief, das Leben, das mich erwartete. Nun ist es davongeflohen, und ich hab' es verschlafen, und Sie wecken mich auf! . . .

      Der Arzt. Was ist Ihnen, Marie? Haben wirklich meine Worte diesen seltsamen Aufruhr in Ihnen verursacht? Nicht ins Ungewisse wollt' ich Sie treiben . . . Mir war, als läge Ihr Weg klar vor Ihnen.

      Achte Szene

       Inhaltsverzeichnis

      Der Arzt, Marie, der Adjunkt.

      Der Arzt. Sie kommen, da ich eben wieder gehen muß. – Leben Sie wohl, Fräulein. Guten Abend, Herr Adjunkt; auf Wiedersehen.

      Der Adjunkt. Auf Wiedersehen sag' auch ich. Aber nehmen Sie's nicht nur als leeres Wort. Erinnern Sie sich Ihres Versprechens aus diesem Winter und lassen Sie mich die Freude erhoffen, Sie einmal in meinem Revier zu begrüßen.

      Der Arzt. In der Grünau heißt der Ort, nicht wahr?

      Der Adjunkt. In weniger als in einem Monat übersiedle ich nach Tauplitz. Ich bin zum Oberförster dort ernannt.

      Der Arzt. Wahrhaftig? So könnte es sich fügen, daß ich Sie in der Grünau besuche und, wenn Sie Lust zu einer gemeinsamen Fußwanderung haben, Sie übers Gebirge an Ihre neue Wohnstätte begleite

      Der Adjunkt. Ich nehme Sie beim Wort.

      Der Arzt. Hoffentlich gestattet mir's diesmal mein Beruf, die Stadt zu verlassen. Denken Sie, mehr als drei Jahre bin ich nicht mehr von hier fortgekommen

      Der Adjunkt. Wie erträgt man das nur?

      Der Arzt. Man muß wohl.

      Der Adjunkt. Ich könnte in einer Stadt überhaupt nicht wohnen. Heute fühl' ich's wieder. Wie ein Grauen überfällt es mich manchmal im Lauf der Straßen. Es liegt wohl daran, daß das Leben der Stadt so geheim tut. Stockwerk baut sich über Stockwerk, die Fenster sind verhängt, die Türen zu, eine Steinwand starrt die andere an – ein beklemmender Ernst lastet über den Dächern, verworren scheint der Tag und die Nacht gefährlich, und Schicksale fallen über die Menschen wie Räuber her. Wäre mir hier eine Mutter gestorben, ich glaube, ich hätte dem Himmel geflucht . . . in meinem Walde verlor ich sie an den Frieden, der mich umgab, und finde sie dort immer wieder, wenn ich allein bin und den Frieden verstehe.

      Der Arzt. Es muß schön sein, so leben zu dürfen wie Sie. In Ihre Weltabgeschiedenheit klingt manches Wort wahnhaft und machtlos hinein, nur vom Echo seines eigenen Sinns getragen; wir Armen hier, von der Vielheit der Menschen umringt, beugen uns gar oft seinem trügerischen Widerhall aus tausend angsterfüllten Seelen.

      Der Adjunkt. So will es mir manchmal selber scheinen.

      Der Arzt. Nun, leben Sie wohl. Sie werden von mir hören. Ich muß nun doch endlich gehen. Das sind meine Wege: Von Irrenden zu Leidenden, von Leidenden zu Sterbenden. – Auf morgen, Fräulein Marie. Rechts ab.

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