Der Held unserer Zeit: Kaukasische Lebensbilder. Михаил Лермонтов

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Der Held unserer Zeit: Kaukasische Lebensbilder - Михаил Лермонтов

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mit einer Leichtigkeit herauf, daß es eine Freude war sie anzusehen. Dieser Umstand erregte meine Verwunderung. Hinter dem Wagen folgte dessen Eigenthümer, aus einem kleinen Kabardinerpfeifchen, das mit Silber beschlagen war, rauchend. Er trug einen Offiziersrock ohne Epaulettes, und eine verbrämte Tscherkessenmütze. Er mochte in den Fünfzigern sein; seine dunkle Gesichtsfarbe zeigte ganz klar, daß er schon seit langer Zeit mit der kaukasischen Sonne bekannt war; sein zu früh ergrauter Schnurrbart entsprach nicht seinem festen Gange und seinem rüstigen Aussehen. Ich ging an ihn heran und begrüßte ihn; er erwiederte schweigend meine Verbeugung und blies eine ungeheure Rauchwolke in die Luft.

      „Es scheint daß wir Reisegefährten sind?“

      Er antwortete abermals durch eine stumme Verbeugung.

      „Sie gehen wahrscheinlich nach Stawropol? . . .“

      — So ist’s . . . mit Kronssachen.

      „Bitte, sagen Sie mit doch, woher kommt es, daß Ihren schwerbeladenen Wagen vier Ochsen spielend ziehen, während sechs dieser Thiere bei aller Hülfe der Osseten mit meinem leichten Wägelchen kaum von der Stelle kommen?“

      Er lächelte verschmitzt und warf einen bedeutungsvollen Seitenblick auf mich. —

      — Sie sind wahrscheinlich noch nicht lange im Kaukasus?

      „Seit einem Jahre,“ antwortete ich.

      Er lächelte abermals.

      „Nun, und wozu das?“

      — Nun, so! Es sind infame Bestien, diese Asiaten! Sie glauben wohl, die helfen mit ihrem Schreien? Der Teufel mag entziffern, was sie schreien; so viel ist gewiß, daß die Ochsen sie verstehen; und wenn Sie deren zwanzig vorspannten, — fangen die Kerls einmal an auf ihre Art zu schreien, so rühren sie sich nicht vom Flecke . . . . Infame Spitzbuben! Aber was fängt man mit ihnen an? . . Sie suchen die Reisenden um ihr Geld zu bringen, . . . und man hat die Schelme auch verdorben! Sie werden sehen, daß sie noch zu Ihnen kommen und Trinkgeld fordern. Ich kenne sie schon, mich führen sie nicht an!

      „Sie dienen wohl schon lange hier?“

      — Ja wohl, ich diente hier schon unter Alekséi Petrówitsch,5) antwortete er, indem er sich in die Brust warf. Als er hierher in die Linie kam, war ich Seconde-Lieutenant — fügte er hinzu — und unter ihm habe ich zwei fernere Grade im Kriege gegen die Gorzen erhalten.

      „Und jetzt sind Sie . . .?“

      — Jetzt gehöre ich zum dritten Linien-Bataillone. Und Sie, wenn ich fragen darf?

      Ich sagte es ihm.

      Hiermit brach unser Gespräch ab, und wir setzten unsern Weg schweigend neben einander fort. Auf der Höhe des Berges fanden wir Schnee. Die Sonne war untergegangen und die Nacht dem Tage ohne Abenddämmerung gefolgt, wie dies gewöhnlich im Süden der Fall ist; doch konnten wir beim Wiederscheine der Schneemassen den Weg ganz leicht erkennen, der sich noch immer bergan zog, obgleich nicht mehr so steil wie bisher. Ich ließ meinen Koffer auf die Teläga packen, befahl die Ochsen gegen Pferde umzuwechseln, und warf noch einen letzten Abschiedsblick hinunter in das Thal; allein ein dichter Nebel, der in strömenden Wogen aus den Felsklüften quoll, verdeckte es vollkommen, und kein einziger Laut berührte von dorther mehr unser Ohr. Die Osseten stürmten lärmend an und forderten Trinkgeld; allein der Stabskapitain schrie sie so zornig an, daß sie sich im Augenblicke aus dem Staube machten. — „Das ist ein Volk!“ sagte er „nicht Brod können sie auf russisch sagen, aber sie wissen recht gut, wie „Offizier, gieb Trinkgeld“ heißt! Nein, da ziehe ich mir noch die Tataren vor, das sind doch wenigstens keine Trinker . . . .“

      Bis zur Station hatten wir noch ungefähr eine Werst zurückzulegen. Rundum war es still, so still daß man dem Fluge einer Mücke nach ihrem Summen hätte folgen können.

      Links lagen tiefe, dunkle Felsenklüfte; hinter ihnen und vor uns zeichneten sich die dunkelbraunen Spitzen der Berge, mit Runzeln und Schneelagern bedeckt, gegen das blaße Himmelsgewölbe ab, an welchem der letzte matte Wiederschein des Abendrothes dahinstarb. Am dunkeln Himmel fingen die Sterne an zu schimmern, und, — sonderbar, es schien mir als ob sie hier höher hingen als bei uns im Norden. An beiden Seiten des Weges starrte nacktes, schwarzes Gestein empor; dann und wann guckte ein Gesträuch aus dem Schnee hervor, doch kein einziges vertrocknetes Blättchen regte sich und es that einem wohl, inmitten dieses Todesschlafes der Natur das Schnauben der ermüdeten Troika6) zu vernehmen, so wie das unregelmäßige Gebimmel des russischen Wagenglöckchens.

      „Morgen wird herrliches Wetter sein!“ sagte ich. Der Stabskapitain antwortete kein Wort, sondern zeigte nur mit dem Finger nach einem hohen Berge, der sich grade vor uns erhob.

      „Was ist da?“ fragte ich.

      — Der Gudberg.

      „Nun, und was ist mit dem?“

      — Sehen Sie nur, wie er raucht.

      In der That rauchte der Gudberg; an seinen Abhängen krochen leichte Wolkengebilde dahin, aber auf seinem Gipfel lagerte ein schwarzes Gewölk, so schwarz, daß es gegen den dunkeln Himmel wie ein schwarzer Fleck abstach.

      Schon konnten wir die Poststation und die Dächer der sie umringenden Hütten erkennen, aus denen einladende Feuer uns entgegenblinkten, als sich ein feuchter, kalter Wind erhob, die Felsenklüfte zu heulen anfingen und ein feiner Regen herabfiel. Kaum hatte ich Zeit gehabt mir meine Burka7) umzuwerfen, als auch, schon Schnee fiel. Mit Ehrfurcht blickte ich auf den Stabskapitain.

      — Jetzt bleibt uns nichts anderes übrig als hier zu übernachten, sagte er verdrießlich: in einem solchen Schneegestöber kann man diese Berge gar nicht passiren. Sag’ mal, sind am Kreuzberge schon Lawinen gestürzt, fragte er den Postillon.

      „Noch nicht, Herr“ antwortete der Ossete, „aber es hängt viel, viel.“

      In Ermangelung eines Passagierzimmers theilte man uns ein Nachtlager in einer räucherigen Hütte zu. Ich lud meinen Reisegefährten zu einem Glase Thee ein, denn ich führte meine eiserne Theemaschine — mein einziges Labsal auf meinen kaukasischen Reisen — immer mit mir. Die Hütte (hier Saklja genannt) lehnte sich von der einen Seite an den Felsen; drei schlüpfrige, feuchte Stufen führten zu ihrer Thüre. Tappend ging ich voran und stieß auf eine Kuh (der Viehstall vertritt bei diesen Leuten die Stelle des Bedientenzimmers). Ich wußte nicht wohin ich mich wenden sollte: da blöcken Schafe, dort knurren Hunde. Zum Glücke schimmerte an der Seite ein trüber Lichtstrahl durch und half mir eine andere thürähnliche Oeffnung finden. Ein ziemlich interessantes Bild eröffnete sich vor uns: Die umfangreiche Hütte, deren Dach sich auf zwei verräucherte Pfeiler stützte, war mit Menschen angefüllt. In der Mitte flackerte ein Feuer, das auf dem Fußboden angemacht war, und dessen Rauch, da er vom Winde aus der Oeffnung im Dache wieder zurückgetrieben wurde, sich rundum gleich einer so dichten Hülle ausbreitete, daß ich lange nichts zu unterscheiden vermochte; am Feuer saßen zwei alte Weiber, eine Menge Kinder und ein abgemagerter Grusier, alle in Lumpen. So blieb uns weiter nichts übrig; wir nisteten uns gleichfalls am Feuer ein, rauchten unser Pfeifchen und bald kochte die Theemaschine auf die einladendste Weise.

      „Was für ein jämmerliches Volk!“ sagte ich zum Stabskapitaine, indem ich auf unsere schmutzigen Wirthsleute wies, die uns schweigend und in einer Art von Erstarrung anblickten.

      — Und ein erzdummes Volk! antwortete er. Wollen Sie wohl glauben, daß sie durchaus nichts können, daß sie

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