Sherlock Holmes: 40+ Krimis in einem Buch. Arthur Conan Doyle

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Sherlock Holmes: 40+ Krimis in einem Buch - Arthur Conan Doyle

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sollte.«

      »Darüber sind wir also einig?«

      »Vollkommen. Wünschen Sie sonst noch etwas?«

      »Nur, daß Sie mit uns speisen. In einer halben Stunde ist das Mittagessen bereit. Ich habe Austern und ein paar Birkhühner besorgt, auch eine feine Sorte Weißwein. – Sie sollen meinen wirtschaftlichen Talenten Ihre Anerkennung zollen, Watson.«

       Zurück

      Unser Mahl war ein sehr heiteres. Holmes befand sich in vortrefflicher Stimmung; ich habe ihn nie so glänzend in der Unterhaltung gesehen. Er sprach über die verschiedenartigsten Gegenstände – über Passionsspiele, mittelalterliche Töpferarbeit, berühmte Violinen, den Buddhismus von Ceylon und die Kriegsschiffe der Zukunft – so eingehend, als hätte er aus jedem ein spezielles Studium gemacht. Sein guter Humor bildete den größten Gegensatz zu der düstern Niedergeschlagenheit der vorhergehenden Tage. Jones erwies sich als liebenswürdiger Gesellschafter und genoß sein Mahl mit der Miene eines Feinschmeckers. Mich selbst erregte der Gedanke, daß wir uns dem Ende unserer Aufgabe näherten, auf das angenehmste, und ich ließ mich durch Holmes’ Heiterkeit fortreißen. Keiner von uns machte auch nur eine Anspielung auf den Grund unseres Beisammenseins.

      Als der Tisch abgeräumt war, sah Holmes nach der Uhr und füllte drei Gläser mit Portwein.

      »Ein Glas auf das glückliche Gelingen unserer kleinen Expedition. Und nun ist es hohe Zeit, aufzubrechen. Haben Sie eine Pistole, Watson?«

      »Nur den alten Revolver in meinem Pult.«

      »Nehmen Sie ihn ja mit. Es ist gut, auf alles vorbereitet zu sein. Die Droschke steht vor der Thür; ich habe sie auf halb sieben bestellt.«

      An der Westminster-Werft fanden wir das Boot schon für uns bereit; Holmes prüfte es mit kritischen Blicken.

      »Woran läßt sich erkennen, daß dies ein Polizeiboot ist?« fragte er.

      »An der grünen Lampe auf der Seite.

      »Dann schaffen Sie sie fort.«

      Die kleine Veränderung war bald gemacht, wir bestiegen das Boot und die Seile wurden gelöst. Jones, Holmes und ich saßen auf dem Hinterdeck. Ein Mann war am Steuerruder, ein anderer bediente die Maschine und zwei stämmige Polizeibeamte standen auf dem Vorderteil.

      »Wohin?« fragte Jones.

      »Nach dem Tower. Sagt ihnen, daß sie gegenüber Jakobsons Werft halten.«

      Unser Fahrzeug war augenscheinlich ein sehr schnelles. Die langen Reihen beladener Kähne, an denen wir vorüberschossen, schienen uns still zu stehen. Holmes lächelte vor Zufriedenheit, als wir einen Flußdampfer überholten und hinter uns zurückließen.

      »Wenn es so weiter geht, sollte uns, denke ich, nichts auf dem Flusse entgehen können,« sagte er.

      »Das meine ich auch, und es giebt gewiß nicht viele Boote, die es uns zuvor thun werden.«

      »Wir müssen es mit der ›Aurora‹ aufnehmen, die als ein Schnellsegler bekannt ist; das wird nicht leicht sein. Nun lassen Sie sich aber erzählen, wie es mir ergangen ist, Watson:

      »Um mich von meinem Aerger über das Hindernis zu zerstreuen, das uns im Wege lag, hatte ich mich, wie Sie wissen, in eine chemische Analyse gestürzt. Einer unserer größten Staatsmänner sagt, daß ein Wechsel in der Arbeit die beste Ruhe ist. Und er hat recht. Nachdem mir das Experiment mit dem Kohlenwasserstoff gelungen war, kehrte ich zu unserm Scholto-Problem zurück und dachte die ganze Geschichte von neuem durch. Meine Jungen hatten stromaufwärts und -abwärts gesucht, ohne Erfolg. Das Boot war an keinem Landungsplatz, an keiner Werft, und war auch nicht zurückgekommen. Daß sie es versenkt haben sollten, hielt ich für unwahrscheinlich. Ich traute dem Small einen gewissen Grad von Schlauheit zu; die hatte er bewiesen bei seiner fortgesetzten Wacht über Pondicherry-Lodge. Er mußte wahrend seines Aufenthalts in London irgend ein geheimes Versteck gehabt haben, das er gewiß nicht aufgeben würde, ohne erst sicher zu sein, daß er den Zufluchtsort entbehren könne. Besonders mußte ihm daran liegen, seinen Kameraden vor allen Blicken zu verbergen, denn, mochte er ihn zustutzen wie er wollte, seine Erscheinung blieb höchst auffallend. Die beiden waren aus ihrem Schlupfwinkel unter dem Deckmantel der Dunkelheit aufgebrochen und mußten wünschen, ihn vor Tagesanbruch wieder zu erreichen. Nun war es nach Angabe der Frau Smith drei Uhr vorbei, als sie das Boot bekamen. Eine Stunde später wurde es ganz hell und viele Leute waren schon auf den Füßen. Daraus folgerte ich, daß sie nicht weit gefahren sein könnten. Sie bezahlten den Smith gut dafür, daß er reinen Mund hielt, legten einstweilen Beschlag auf sein Boot bis zur schließlichen Flucht, und eilten mit dem Schatz in ihr Versteck. In einer späteren Nacht konnten sie dann unter dem Schutz der Dunkelheit nach irgend einem Schiff bei Gravesend oder in den Downs abdampfen, wo sie ohne Zweifel schon ihre Ueberfahrt nach den Kolonien oder Amerika vorbereitet hatten.«

      »Aber das Boot? Das haben sie doch nicht in ihr Versteck genommen.«

      »Sehr wahr. Doch konnte die ›Aurora‹, trotz ihrer Unsichtbarkeit nicht weit sein. Ich versuchte, mich an Smalls Stelle zu setzen und die Sache zu betrachten, wie ein Mann von seiner Urteilskraft es thun würde. Das Boot zurückschicken oder es auf irgend einer Werft behalten, hieße der Polizei die Verfolgung erleichtern. Wie konnte er also sein Fahrzeug zugleich verbergen, und es dennoch bei der Hand haben, sobald er es brauchte? Ich überlegte, was ich selbst gethan hätte, wenn ich in seinen Schuhen steckte. Da konnte ich mir nur ein Mittel ausdenken. Ich würde das Boot einem Schiffbauer oder Schiffszimmermann übergeben mit der Weisung, irgend eine unbedeutende Ausbesserung daran vorzunehmen. Der hätte es in seinen Schuppen oder Bauhof bringen lassen, und auf diese Art wirklich verborgen, während man es nach Bedarf in ein paar Stunden wieder haben konnte.«

      »Das scheint allerdings einfach.«

      »Eben diese allereinfachsten Dinge sind es, die so leicht übersehen werden. Es kam auf einen Versuch an. Als Matrose verkleidet, durchforschte ich alle Schiffsbauhöfe den Fluß entlang. Fünfzehnmal war’s vergeblich, aber beim sechzehnten – Jakobsons – erfuhr ich, daß die ›Aurora‹ ihnen vor zwei Tagen von einem Mann, einem Stelzfuß übergeben worden wäre, zur Ausbesserung des Steuers. ›Aber das Steuerruder ist heil und ganz,‹ sagte der Werkführer; ›die dort ist’s mit den roten Streifen.‹ Es traf sich merkwürdig, daß ich gerade in dem Augenblick Mordecai Smith zu Gesichte bekam, den verschwundenen Eigentümer des Dampfboots. – Er war stark angetrunken und brüllte selbst seinen Namen und den Namen seines Boots heraus; sonst hätte ich ihn schwerlich erkannt. ›Ich brauch’ die ›Aurora‹ heut abend um acht Uhr,‹ rief er – ›wohl zu merken – Punkt acht Uhr; ich hab’ zwei Herren, die auf mich warten!‹ Sie hatten ihn offenbar gut bezahlt; denn er war sehr freigebig mit dem Gelde und teilte rechts und links Schillinge aus. Ich folgte ihm eine Weile, bis er in einer Kneipe verschwand; dann ging ich auf den Bauhof zurück und stellte einen Jungen aus meiner Bande, den ich unterwegs traf, als Wache auf. Er soll uns vom Ufer aus mit seinem Taschentuch zuwehen, wenn die ›Aurora‹ abdampft. Wir bleiben mit unserem Fahrzeug abseits im Flusse liegen, und es müßte sonderbar zugehen, wenn es uns nicht gelänge, die Männer, den Schatz, kurz alles zu fangen.«

      »Sie haben jedenfalls den Plan sehr fein ausgedacht; mögen es nun die rechten Leute sein oder nicht,« sagte Jones. »Wäre die Sache in meinen Händen gewesen, so hätte ich eine Anzahl Polizisten in die Nähe postiert, um sie festzunehmen,

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