Sherlock Holmes: 40+ Krimis in einem Buch. Arthur Conan Doyle

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Sherlock Holmes: 40+ Krimis in einem Buch - Arthur Conan Doyle

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liegen, da es hier einen Mann gibt, der von dem Verbrechen schon wußte, bevor es begangen wurde. Wir brauchen nur diesen Mann in die Hände zu bekommen, und das Weitere wird sich finden.«

      »Unzweifelhaft, Mr. Mac, aber wie wollen Sie es bewerkstelligen, den angeblichen Porlock in die Hände zu bekommen?«

      McDonald nahm den Brief, den ihm Holmes überreichte und betrachtete ihn eingehend.

      »Aufgegeben in Camberwell; das will wenig besagen. Der Name ist, wie Sie meinen, fingiert? Das ist nicht viel für den Anfang. Sagten Sie nicht, daß Sie ihm Geld geschickt haben?«

      »Jawohl, zweimal.«

      »Und wie?«

      »In Banknoten, postlagernd Camberwell.«

      »Haben Sie sich die Mühe genommen, festzustellen, wer die Briefe abgeholt hat?«

      »Nein.«

      Der Inspektor blickte überrascht und etwas ärgerlich auf.

      »Warum denn nicht?«

      »Einfach, weil ich gewohnt bin, mein Wort zu halten. Ich hatte ihm, als er das erstemal schrieb, versprochen, ihm nicht nachzuspüren.«

      »Sie glauben, daß irgend jemand hinter ihm steht?«

      »Ich glaube es nicht, ich weiß es.«

      »Dieser Professor, den Sie schon mehrmals erwähnt haben?«

      »So ist es.«

      McDonald konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, und seine Augen blitzten vielsagend, als er mich anblickte.

      »Ich kann Ihnen nicht verschweigen, Mr. Holmes, daß wir in der Kriminalabteilung Ihre Sache mit dem Professor für eine Art fixer Idee halten. Ich bin der Geschichte nachgegangen und habe herausgefunden, daß er ein sehr angesehener und gelehrter Herr ist.«

      »Ich freue mich, daß Sie sich wenigstens schon über seine Gelehrsamkeit im klaren sind.«

      »Mein lieber Herr, das war nicht schwierig. Nachdem Sie mir Ihre Ansicht über ihn mitgeteilt hatten, hielt ich es für meine Pflicht, ihn mir einmal zu besehen. Ich plauderte mit ihm über die Eklipse. Wie wir auf dieses Thema gekommen sind, weiß ich nicht. Da er mich unwissend fand, holte er eine Projektionslampe und einen Globus hervor und machte mir im Nu die Sache klar. Auch lieh er mir ein Buch, von dem ich allerdings sagen muß, daß es etwas über meinen Horizont geht, obwohl ich doch eine ziemlich gute Schulbildung genossen habe. Der Mann hätte einen prächtigen Pfarrer abgegeben mit seinem hageren Gesicht, seinem grauen, ehrwürdigen Haar und der feierlichen Manier, in der er spricht. Als er beim Abschied die Hand auf meine Schulter legte, kam er mir vor wie ein Vater, der seinen Sohn segnet, der sich in die kalte, grausame Welt hinausbegibt.«

      Holmes rieb sich frohlockend die Hände.

      »Großartig,« rief er, »großartig. Sagen Sie einmal, mein lieber Freund McDonald, diese niedliche und gemütliche Plauderei hat wohl in der Bibliothek des Professors stattgefunden?«

      »Stimmt.«

      »Ein schöner Raum, nicht wahr?«

      »Prachtvoll – hochelegant, Mr. Holmes.«

      »Sie saßen seinem Schreibtisch gegenüber?«

      »Jawohl.«

      »Das Licht in Ihrem Gesicht und seines im Schatten?«

      »Nun ja, das dürfte stimmen. Es war am Abend und ich erinnere mich, daß die Studierlampe mir zugedreht war.«

      »Selbstverständlich. Bemerkten Sie auch ein Bild an der Wand hinter dem Professor?«

      »Mir entgeht nicht so leicht etwas, Mr. Holmes. Wahrscheinlich habe ich das von Ihnen gelernt. Jawohl, ich sah das Bild – eine junge Frauensperson, das Gesicht in die Hände gestützt, den Blick seitwärts gerichtet.«

      »Ein Gemälde von Jean Baptiste Grenze.«

      Der Inspektor gab sich alle Mühe, interessiert zu scheinen.

      »Jean Baptiste Grenze«, fuhr Holmes fort, die Fingerspitzen der ausgebreiteten Hände aneinandergepreßt und sich dabei weit in seinen Stuhl zurücklehnend, »war ein französischer Maler, der zwischen 1705 und 1800, zu seinen Lebzeiten also in hohem Ansehen stand. Die Nachwelt hat bekanntlich die Geltung, die er schon bei seinen Zeitgenossen hatte, in vollem Maße bestätigt.«

      Ein abwesender Blick machte sich in den Augen des Inspektors bemerkbar.

      »Wollen wir nicht lieber – –,« sagte er.

      »Nein, wir wollen nicht, denn wir sind ohnedies dabei,« unterbrach ihn Holmes. »Was ich Ihnen sage, hat ganz unmittelbar Bezug auf das, was Sie das Geheimnis von Birlstone nennen. Tatsächlich möchte ich sagen, daß es geradezu dessen Ausgangspunkt ist.«

      »Ihre Gedanken laufen mir zu schnell, Mr. Holmes. Sie lassen meistens ein Glied oder mehrere sogar aus in der Kette, und ich verliere darüber den Anschluß. Was, um des lieben Himmels willen, hat dieser tote Maler mit der Sache in Birlstone zu tun?«

      »Für den Detektiv ist Wissen jeder Art nützlich,« bemerkte Holmes. »Selbst die anscheinend belanglose Tatsache, daß im Jahre 1865 das Bild von Grenze, das unter der Bezeichnung. ›Das junge Mädchen mit dem Lamm‹ bekannt ist, bei der Portalis-Auktion nicht weniger als 4000 Pfund brachte, sollte Ihnen zu denken geben.«

      Das tat es anscheinend auch. Der Inspektor war höchlich interessiert.

      »Vielleicht vergegenwärtigen Sie sich,« fuhr Holmes fort, »daß das Gehalt des Professors aus verschiedenen Nachschlagewerken unzweifelhaft festgestellt werden kann. Es beträgt genau 700 Pfund pro Jahr.«

      »Wie konnte er denn dann –«

      »Sehr richtig, wie konnte er?«

      »Jawohl, das ist sonderbar,« sagte der Inspektor nachdenklich. »Schießen Sie los, Mr. Holmes. Ich bin auf das höchste gespannt. Sie machen derartige Sachen wunderbar.«

      Holmes lächelte. Für ehrliche Bewunderung war er in hohem Maße empfänglich, das Kennzeichen einer wahrhaften Künstlernatur.

      »Über was wollen Sie etwas hören? Über Birlstone?« fragte er.

      »Das hat noch Zeit,« sagte der Inspektor, indem er einen Blick auf seine Uhr warf. »Ich habe einen Wagen unten, und wir brauchen nur zwanzig Minuten bis zum Viktoriabahnhof. Ich möchte über dieses Bild etwas Näheres wissen. – Ich war der Ansicht, Sie und Professor Moriarty seien sich noch nicht begegnet.«

      »So ist es auch.«

      »Woher kennen Sie dann seine Wohnung?«

      »Ah, lieber McDonald, das ist etwas anderes. Ich war bereits dreimal in seiner Wohnung. Zweimal wartete ich auf ihn unter verschiedenen Vorwänden, und das letztemal – nun, darüber kann ich mit Ihnen als Amtsperson nicht sprechen. Nur das eine kann ich Ihnen sagen, daß ich mir bei dem letzten Besuch gestattete, seine Papiere durchzugehen, mit den

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