Sherlock Holmes: 40+ Krimis in einem Buch. Arthur Conan Doyle
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Читать онлайн книгу Sherlock Holmes: 40+ Krimis in einem Buch - Arthur Conan Doyle страница 80
»Ihre Fragen, lieber Watson, sind unangenehm gradlinig«, sagte Holmes, mit seiner Pfeife vor meinem Gesicht hin-und herwippend. »Wie aus der Pistole geschossen. Wenn Sie mich fragen würden, ob Mrs. Douglas und Barker die Wahrheit über den Mord wissen und sie auf Verabredung geheim halten wollen, dann könnte ich Ihnen eine vorbehaltlose Antwort geben. Dessen bin ich nämlich sicher. Aber von Ihrer blutrünstigen Auffassung bin ich nicht so fest überzeugt. Wir wollen uns die Schwierigkeiten, die uns hier begegnen, etwas näher besehen.
Angenommen, daß sich die beiden, die durch das Band einer schuldigen Liebe geeint sind, entschlossen haben, den Mann, der ihnen im Wege steht, beiseite zu schaffen. Diese Liebe ist eine etwas kühne Vermutung, denn eingehende und diskrete Nachforschungen bei den Bediensteten haben nichts ergeben, was darauf hindeutet. Im Gegenteil, es hat sich herausgestellt, daß die beiden Eheleute sehr aneinander hingen –«
»Das möchte ich aus das lebhafteste bezweifeln«, sagte ich, indem ich an ihr lachendes Gesicht im Garten dachte.
»Nun gut, jedenfalls haben sie aber diesen Eindruck erweckt. Wir müssen also annehmen, daß die beiden, Barker und Mrs. Douglas, ganz besonders verschlagene Menschen sind, die es verstanden haben, alle Leute über diesen Punkt zu täuschen, bevor sie planten; den Ehegatten gemeinsam zu ermorden. Es traf sich gut, daß der letztere in Gefahr schwebte.«
»Dafür haben wir keinen anderen Beweis als das, was uns die beiden selbst sagten.«
Holmes sah mich nachdenklich an.
»Ich sehe schon, Watson, Sie machen sich da eine Ansicht zurecht, nach der alles, was die beiden gesagt haben, von Anfang bis zu Ende erlogen ist. Nach Ihrer Ansicht gab es niemals eine geheime Bedrohung durch einen Geheimbund, ein Tal des Grauens, einen Logenmeister McGinty, oder sonst etwas. Schön, das ist eine gute und umfassende Verallgemeinerung. Wir wollen einmal sehen, wohin sie uns führt. Die beiden machen sich also einen Plan zurecht, um das Verbrechen zu maskieren. Wie von ungefähr lassen sie das Zweirad im Park als Beweis der Existenz einer Außenperson auffinden. Zu demselben Zweck erzeugen sie Fußspuren auf dem Fensterbrett. Die Karte, die sie neben der Leiche niederlegen, und die ebensogut jemand im Hause selbst geschrieben haben könnte, soll den Eindruck noch verstärken. Das alles paßt sehr gut in Ihre Hypothese, lieber Watson. Nun aber kommen wir zu einigen unangenehmen, scharfkantigen, unbeugsamen Widersprüchen, die absolut nicht hineinpassen. Warum diese ausgefallene, abgesägte Schrotflinte, und noch dazu eine amerikanischer Herkunft? Woher konnten die beiden wissen, daß der Schuß nicht die Leute im Hause aufstören und herbeiholen würde? Es ist schon ein reiner Zufall, daß Frau Allen, als sie das Zuschlagen einer Tür zu hören glaubte, nicht nachgesehen hat, was es war. Wenn die beiden das Verbrechen begangen haben, warum haben sie sich nicht besser vorgesehen, Watson?«
»Ich muß gestehen, ich habe keine Erklärung dafür.«
»Und dann noch etwas: wenn eine Frau und ihr Liebhaber gemeinsam den Ehegatten ermorden, warum sollten sie sich die Mühe nehmen, dies an die große Glocke zu hängen, indem sie ihm nach seinem Tode ostentativ den Ehering abziehen? Kommt Ihnen das wahrscheinlich vor, Watson?«
»Keineswegs.«
»Und schließlich, was hätte es für einen Zweck, draußen ein Zweirad zu verbergen, da doch selbst der dümmste aller Detektive dies unfehlbar für eine Finte halten dürfte, da ein Verbrecher, der sich davonmachen will, sein Zweirad unter keinen Umständen zurücklassen würde.«
»Auch das ist mir völlig unerklärlich.«
»Und doch gibt es kein Zusammentreffen von Umständen, für die der Geist des Menschen nicht eine Erklärung finden kann. Lediglich als eine Gedankenübung und ohne behaupten zu wollen, daß sich die Sache wirklich so verhalten hat, wollen wir uns eine mögliche Theorie bilden; sie beruht, wie ich zugeben muß, lediglich auf Eingebung, aber wie oft ist nicht Eingebung der Schlüssel zur Wahrheit.«
»Wir wollen annehmen, daß es wirklich einen dunklen Punkt im Leben von Douglas gab, ein schändliches Geheimnis, das er allen Anlaß hatte, für sich zu behalten. Dies führt zu einem Mord durch jemanden, den wir als einen Rächer ansehen wollen – jemanden von außen. Dieser Rächer bemächtigte sich aus irgend einem Grund, der mir völlig unerklärlich ist, des Eheringes. Möglicherweise datiert die Fehde aus der ersten Ehe des Mannes und vielleicht ist darin der Grund für den Raub des Ringes zu suchen. Nehmen wir ferner an, daß Barker und Frau Douglas das Zimmer betraten, bevor der Rächer entfliehen konnte.
Dieser hat nun den beiden zu verstehen gegeben, daß seine Verhaftung unweigerlich die Veröffentlichung eines scheußlichen Skandals aus dem Leben des Toten zur Folge haben würde. Die beiden haben dies eingesehen und darum den Mörder entfliehen lassen. Wahrscheinlich haben sie zu diesem Zweck die Zugbrücke herabgelassen und dann wieder aufgezogen, was sehr leicht und geräuschlos geschehen kann. Der Mörder machte sich davon und zwar zu Fuß, weil er aus irgend einem Grund glaubte, daß dies sicherer sei als auf dem Zweirad. Er ließ daher sein Rad zurück, derartig gut versteckt, daß er glauben konnte, es werde nicht gefunden werden, bevor er in Sicherheit war. So weit sind wir noch im Bereich der Möglichkeit, nicht wahr?«
»Das scheint mir auch so«, sagte ich mit einiger Zurückhaltung.
»Wir müssen uns bewußt bleiben, daß das, was immer auch geschehen ist, offenbar höchst ungewöhnlich war. Also, um auf unseren angenommenen Fall zurückzukommen, die beiden Leute, die nicht unbedingt schuldig zu sein brauchen, erkennen, nachdem der Mörder entflohen ist, daß sie sich in eine Lage gebracht haben, die es für sie äußerst schwierig macht, zu beweisen, daß sie nicht entweder selbst den Mord verübt, oder dazu Beihilfe geleistet haben. Sie entschließen sich, der Polizei eine Falle zu stellen, und tun dies rasch, aber in einer plumpen Weise. Mit seinem Pantoffel hat Barker die Fußspur auf dem Fenster erzeugt, um das Entrinnen des Flüchtigen auf diesem Wege anzudeuten. Da sie die beiden einzigen waren, die den Schuß gehört hatten, mußten sie natürlich die Dienerschaft alarmieren, aber sie taten dies erst, als sie mit ihren Vorbereitungen zu Ende waren, ungefähr eine halbe Stunde nach dem Ereignis.«
»Und wie wollen Sie all dies beweisen?«
»Vielleicht dadurch, daß, wenn es eine Außenperson gab, diese aufgespürt und festgenommen wird. Dies wäre wohl der wirksamste aller Beweise. Wenn nicht, – nun dann möchte ich sagen, daß wir noch keineswegs am Ende unserer Weisheit sind. Ich glaube, daß mir eine kurze Nachtwache in der Bibliothek eine ganze Menge enthüllen würde.«
»Eine Nachtwache, dort, allein?«
»Jawohl, ich werde mich sogleich dorthin begeben. Ich habe die Sache bereits mit dem ehrenwerten Ames besprochen, der sich hinsichtlich Barkers recht unbehaglich fühlt. Ich werde in jenem Raum sitzen und verlasse mich darauf, daß mir die Umgebung eine Inspiration bringt. Ich glaube an den Genius loci. Sie lachen darüber, Watson, aber wir werden sehen. Übrigens, Sie haben doch noch Ihren großen Regenschirm, nicht wahr?«
»Jawohl, er ist hier.«
»Kann ich ihn mir von Ihnen leihen?«
»Sicher, aber was wollen Sie damit? Wollen Sie ihn als Waffe benutzen? Wenn Sie in Gefahr sind, –«
»Nichts von Bedeutung, mein lieber Watson, sonst würde ich Sie schon um Ihren Beistand angegangen haben. Aber geben Sie mir wenigstens den Schirm. Ich warte nur noch auf die Rückkehr unserer Kollegen aus Tunbridge Wells. Die beiden sind hinübergefahren, um zu sehen, ob sie nicht den Besitzer des Zweirades ermitteln können.«
Die Dämmerung hatte sich bereits herniedergesenkt, als Inspektor McDonald und White Mason von ihrem Ausflug zurückkehrten,