Mami Bestseller 10 – Familienroman. Corinna Volkner
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»Wirklich?« Sofort erstrahlt Rosalies Gesicht, und schwungvoll lenkt sie den Wagen in den schmalen Seeweg ein.
»Ob sich Hermine auch mal wieder bei Mama einfindet?« Sie stellt den Motor ab und stößt die Wagentür auf. »Eigentlich eine gute Idee, mich mit hinauszulotsen. Wie schön der Garten aussieht, jetzt, wo die Bäume blühen!«
Sie will aussteigen, als Priska sie leise bittet: »Warte noch, Kleines. Ich muss dir etwas sagen. Es ist ein schreckliches Unglück passiert mit Dorothea und Stefan.«
Priskas Gesicht ist erstarrt im Schmerz, ihre Hand zittert, die sich auf den Arm der jüngeren gelegt hat.
»Nein!«, murmelt Rosalie abwesend und streckt jäh die Hand vor. »Nein, Priska, nein!«
Verstört sieht sie zur Haustür hinüber, die sich auftut. Ihre Mutter kommt heraus, dahinter wird Hermine sichtbar.
Priska stößt einen Seufzer aus und fühlt sich etwas erleichtert. Hermine ist da, gottlob.
Sie steigen nun beide aus dem Wagen, schließen die Türen und gehen langsam in den Garten hinein.
Priska muss Rosalie zurückhalten, die sonst sofort auf ihre Mutter zugestürzt wäre.
»Sei tapfer«, raunt sie ihr stattdessen zu und erntet einen großen, fragenden Blick von der jüngeren.
»Weiß Mama denn noch nichts?«
»Nein«, erwidert Priska leise.
»Aber Doro lebt doch noch, nicht wahr, Priska? Sie darf doch nicht …«
»Komm!«, stößt Priska hervor. »Gehen wir ins Haus. Ich zähle auf dich, Rosalie. Wir müssen jetzt alle sehr tapfer sein und zusammenhalten.«
Tapfer sein? Gefasst? Für Rosalie ist es unmöglich, sich zu verstellen. Und als ihre Mutter mit ihrem lieben, glücklichen Gesicht auf sie zugeht, weil sie sich freut über den unverhofften Besuch ihrer Jüngsten, da bricht Rosalie in ein wildes, fassungsloses Schluchzen aus. An der Mutter vorbei eilt sie ins Haus.
»Was hat sie denn?« Anna Bona blickt Priska an.
»Komm, Mutter. Gehen wir hinein. Gut, dass du hier bist.«
Das gilt Hermine.
Die Schwestern sehen sich an, und sofort weiß Hermine, dass etwas Schlimmes geschehen sein muss.
Anna Bona ist schon vorausgegangen. Sie will schnell zu Rosalie, um zu erfahren, was das Kind so unglücklich macht.
»Wir sind in Sorge, weil Dorothea und Stefan sich immer noch nicht gemeldet haben«, raunt Hermine der Schwester nun zu. »Mutter zeigt es zwar nicht, aber sie blickt alle fünf Minuten auf die Uhr. Die beiden sind doch schon am frühen Morgen um sechs Uhr in Hamburg abgefahren.«
Priska atmet gepresst, hält sie am Arm zurück und sagt so leise, dass ihre Mutter es nicht hören kann: »Sie kommen auch nicht mehr, Hermine. Sie sind mit dem Wagen kurz hinter der Autobahnabfahrt verunglückt. Man hat sie zu uns ins Krankenhaus eingeliefert. Ich bin froh, dass du hier bist.«
Bestürzt blickt Hermine sie an. »Mein Gott! Ist es schlimm?«
Priska nickt und geht ins Wohnzimmer. Dort hockt Rosalie mit blassem, angstvollem Gesicht in der Sofaecke und wagt es nicht, ihre Mutter anzusehen.
Anna Bona zuckt ratlos die Schultern und sieht ihren beiden ältesten Töchtern entgegen. »Sie sagte kein Wort. Seht euch nur das Mädel an! Was mag ihr widerfahren sein? Priska?«
Das klingt wie ein Hilferuf und legt sich wie eine Zentnerlast auf die Schultern der jungen Ärztin.
Hermine tritt neben ihre Mutter, legt einen Arm um deren Schultern, um sie so einem Sessel zuzuführen. »Komm, Mama, nimm hier Platz. Du kannst Rosalie nur helfen, wenn du versuchst, ruhig und tapfer zu sein. Priska muss dir – muss uns etwas Schreckliches mitteilen, und bestimmt trägt sie schwer daran. Aber es hat wohl keinen Sinn, unsere Große länger mit ihrem bedrückenden Wissen allein zu lassen. Wir müssen es gemeinsam tragen. Also rede, Priska! Die beiden sind verunglückt. Hast du Genaues erfahren können in der Klinik?«
Dankbarkeit gegenüber Hermine empfindet Priska, weil diese ihr den Beginn ihres Berichts erleichtert hat. Hermine hat sich neben die Mutter gestellt, während sie selbst ans Fenster tritt, um von dort leise zu antworten: »Ja, Hermine, ich hatte ja noch Dienst. Stefan hat den Wagen gefahren. Irgendwie ist er in einer Kurve von der Straße abgekommen und gegen einen Pfeiler geprallt.«
»Oh, mein Gott! Ich habe es geahnt!«, entfährt es Anna Bona in tiefster Verzweiflung. Sie will sich erheben, aber sanft drückt Hermine sie wieder in den Sessel zurück. Sie belässt ihre Hände auf den rundlichen Schultern der Mutter und blickt Priska in schweigsamer Herausforderung an.
Priska schluckt trocken, ehe sie schnell hinzufügt: »Mutter, es tut mir so leid. Stefan lebte nur noch einige Minuten, nachdem man ihn ins Krankenhaus eingeliefert hat. Mich rief man gleich zu Dorothea. Sie …«
»Sie lebt also?«, wirft Anna Bona hoffnungsvoll ein. Stumm wendet sich Priska herum und blickt in den Garten. Es übersteigt ihre Kräfte. Warum hat sie den Pfarrer nicht mitgebracht, wie ihr der Geistliche angeboten hat? Oder Dr. Schultheiß, den Hausarzt ihrer Eltern.
»Warum sagst du denn nichts, Kind?«, bittet die zitternde Stimme der alten Frau hinter ihr. »Sprich doch! Bitte! Das Kind? Ist es tot? Hat Dorothea ihr Baby verloren?«
»Baby? Was heißt das, Mama? Erwartete Doro denn ein Kind?« Rosalie hebt ihr auf die Brust gesunkenes Kinn, fieberhafte Spannung im Blick. »Priska?«
Das gleicht einem Schrei, der die Kälte um Priskas Herz vertreibt. Sie dreht sich um, sieht, dass Rosalie zu ihrer Mutter geeilt ist, dicht an ihrer Seite auf dem Teppich hockt und sie mit beiden Armen umfängt.
»Es ist so, Rosalie«, beginnt Priska mit ergriffener Stimme. »Deine Schwester erwartete ein Kind. Sie kam ja eigens nach hier, um es in Tübingen zur Welt zu bringen. Und es war ihr noch vergönnt.«
Sie schweigt und senkt vor dem leidvollen Blick ihrer Mutter die Augen.
»So ist Dorothea also auch tot«, sagt Anna Bona mit schwerer, müder Stimme.
»Oh, Mutter!« Rosalie weint verzweifelt und birgt ihr Gesicht an der Mutter Herz.
»Scht. Scht«, macht diese und wiegt die schmale Gestalt wie ein Kind in ihren Armen, wobei sie keinen Blick vom Gesicht ihrer Ältesten nimmt.
Priskas Lippen zucken, als unterdrücke sie so besser ihre Tränen. Sie hätte auch gern geweint, es hätte sie gewiss erleichtert. Schließlich hat sie mehr noch als Mutter und Schwestern vom Schrecken des Unfalls mitbekommen. Aber auch vom Tröstlichen. Davon muss sie nun unbedingt reden.
»Hört zu, ich war bei Dorothea, war über eine Stunde an ihrem Bett. Sie war klar bei Verstand, und sie war glücklich, denn der Arzt versicherte ihr, dass den Kindern nichts geschehen sei. Ja, den Kindern. Dorothea beschwor die Ärzte, ihre Kinder zu retten. Das geschah dann auch durch eine Kaiserschnittoperation. Aber zuvor hat unsere unglückliche Schwester mir ein Versprechen abgerungen, das ich euch mitteilen muss, weil es uns alle betrifft.