Gesammelte Werke. Aristoteles

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Wollte man aber immer überlegen, so käme man an kein Ende63.

      Gegenstand der Überlegung und der Willenswahl ist eines und dasselbe nur mit dem Unterschied, daß das Gewählte schon bestimmt ist. Denn das, wofür die Überlegung sich entschieden hat, ist eben das Gewählte. Ein jeder hört nämlich auf zu überlegen, wie er handeln soll, wenn er den Anfang der Handlung auf sich selbst zurückgeführt hat, und zwar auf das, was das Herrschende in ihm ist. Das ist nämlich das Wählende. Das zeigen auch die alten Verfassungen, von denen Homer gesungen, wo die Könige das, was sie beschlossen haben, dem Volke kund geben.

      Da also Gegenstand der Willenswahl etwas von uns Abhängiges ist, das wir mit Überlegung begehren, so ist auch die Willenswahl ein überlegtes Begehren von etwas, was in unserer Macht steht. Denn insofern wir uns vorher aufgrund der Überlegung ein Urteil gebildet haben, begehren wir mit Überlegung.

      So hätten wir denn die Willenswahl in allgemeinen beschrieben, auch gesagt, welcherlei Dinge sie umfaßt, und daß sie sich auf die Mittel zum Zwecke bezieht.

      Sechstes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Was den Willen betrifft, so wurde bereits gesagt, daß er auf den Zweck geht. Doch meinen die einen, er gehe auf das Gute, die anderen, er gehe auf das gut Scheinende. Für die, welche das Gute als Gegenstand des Wollens bezeichnen, folgt aber dann, daß das, was jemand will, der nicht richtig wählt, nicht als gewollt gelten kann – denn wäre es gewollt, so wäre es auch gut, und doch wäre es unter Umständen schlecht –; dagegen für die, denen das gut Scheinende Gegenstand des Wollens ist, folgt, daß der Gegenstand des Wollens nicht von Natur ein solcher ist, sondern daß es für jeden dasjenige ist, was ihm so scheint. Das ist aber bei dem einen dies, bei dem anderen ist es das, und unter Umständen das Gegenteil vom ersten.

      Wenn dieses also keinen Beifall findet, soll man da nicht sagen, schlechthin und in Wahrheit sei das Gute Gegenstand des Wollens, für den Einzelnen aber das ihm gut Scheinende? Für den Tugendhaften also sei es das in Wahrheit Gute, für den Schlechten aber jedes Beliebige, grade wie in Bezug auf den Körper denen, die sich wohl befinden, dasjenige gesund ist, was es in Wahrheit ist, dagegen den Kranken etwas anderes; und ähnlich ist es auch mit dem Bittern und Süßen, dem Warmen, dem Schweren u. s. w. Der Tugendhafte nämlich urteilt über alles und jedes richtig und findet in allem und jedem das wahrhaft Gute heraus. Denn für jeden Habitus gibt es ein eigenes Gutes und Lustbringendes, und das ist vielleicht des Tugendhaften unterscheidendster Vorzug, daß er in jedem Ding das Wahre sieht und gleichsam die Regel und das Maß dafür ist. Die Menge aber wird durch die Lust betrogen, die ein (1113b) Gut scheint, ohne es zu sein. Darum wählen sie die Lust, als sei sie ein Gut, und fliehen den Schmerz, als sei er ein Übel.

      Siebentes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Aber vielleicht ist er nun einmal so, daß er keine Sorgfalt anwendet. – Aber, daß man ein solcher geworden ist, ist man selber schuld, indem man sich gehen läßt; und daß man ungerecht und zügellos ist, ist man selber schuld, der eine dadurch, daß er fortgesetzt Unrecht begeht, der andere dadurch, daß er in Trinkgelagen und ähnlichen Dingen seine Zeit hinbringt. Denn die Akte, die man in einer bestimmten Richtung ausübt, machen einen zu einem solchen, wie man ist. Man sieht das an denen, die sich auf irgend einen Wettkampf oder ein Geschäft einüben. Sie tun dies, indem sie beharrlich die erforderlichen Akte verrichten.

      Aber nicht blos die fehlerhaften Beschaffenheiten der Seele sind freiwillig, bei manchen sind es auch die des Leibes, und diese Menschen tadeln wir denn auch. Wer von Natur mißgestaltet ist, den tadelt niemand, wohl aber den, der es aus Mangel an Gymnastik und durch Vernachlässigung seines Körpers

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