Mami Bestseller Staffel 1 – Familienroman. Marianne Schwarz
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Bitter dachte Dorothee dabei an ihre eigene Erfahrung mit Rufus Toelken. Aber davon erwähnte sie natürlich nichts.
*
Dorothee und Alexander Werth frühstückten gemeinsam am nächsten Morgen.
»Schön«, sagte Alexander. »Wie in alten Zeiten. Das mag ich.«
Er nahm einen Schluck Kaffee, setzte die Tasse ab und blickte Dorothee ruhig an. »Sag mal, könnte es nicht wieder so sein wie früher?« fragte er. »Du hast mir gefehlt, das gestehe ich ganz offen. Daß du seinerzeit fortgegangen bist – nun, das mußte vielleicht so sein, ich mache dir keinen Vorwurf. So hatten wir beide viel Zeit zum Nachdenken. Aber ich meine, jetzt ist es genug. Unser Zusammensein jetzt hier beweist doch, daß wir uns gut verstehen. Ich finde, du solltest zurückkommen, Dorothee. Dein Platz ist hier.«
Dorothee ließ sich Zeit mit der Antwort. Nicht, weil diese Antwort nicht schon von vornherein feststand, sie wollte nur sicher sein, die richtigen Worte zu wählen. Sie wollte Alexander nicht verletzen.
»Du meinst es gut, Alexander«, sagte sie vorsichtig. »Und daß du mir nichts vorwerfen willst, finde ich großzügig. Kein Mann wird ja schließlich gern verlassen. Und doch, Alexander – diesen Schritt damals habe ich ja nicht unüberlegt getan. Ich hatte sehr lange mit mir gerungen, bis mir eindeutig klar war, daß ich so nicht weiterleben konnte und wollte. Du weißt, um was es mir ging. Wir haben seinerzeit ja ausgiebige Diskussionen geführt. Und es hat sich im Grunde überhaupt nichts geändert. Es mag richtig sein, daß wir uns beide irgendwie geändert haben. Diesen Eindruck habe ich allerdings auch. Wir scheinen beide ruhiger und ausgeglichener, vielleicht auch toleranter geworden zu sein. Das ist schön, und ich freue mich darüber. Aber trotzdem… nach Santiago zurückkommen, hierher in diesem Haus, hier wieder die alte Rolle übernehmen – nein, Alexander, das kann ich nicht, und das will ich auch nicht.«
»Oder ist es wegen Rosita?«
»Nein, Alexander, das nun ganz bestimmt nicht. Die Kleine wäre absolut kein Problem für mich, eher im Gegenteil. Aber, weißt du… ich habe mir in der alten Heimat ein neues, mein eigenes Leben aufgebaut. Dort fühle ich mich wohl und bin glücklich. Nein, dieses neue Leben will ich nicht wieder aufgeben.«
»Das kann ich verstehen, Vater«, sagte Hanno, der nun auch hinzugekommen war. »Du solltest Mutter einmal besuchen da in ihrem Puppenhäuschen im Weidengrund. Das ist ein richtiges kleines Paradies. Daraus würde ich mich auch nicht vertreiben lassen. Übrigens, Mutter, wie geht es eigentlich dieser Gudrun?«
»Gut, soviel ich weiß, Hanno.«
»Wer ist Gudrun?« wollte Alexander Werth wissen.
»Das ist Mutters Nichte«, grinste Hanno. »Jedenfalls nennen die beiden sie so. Im übrigen ist sie eine ziemlich sympathische junge Frau mit zwei kleinen Kindern.«
»Also gibt es ja wohl auch einen Mann dazu«, meinte Alexander Werth trocken.
»Nein, gibt es nicht. Gudrun Noack ist Witwe. So jung sie auch ist«, berichtete Hanno weiter, während Dorothee keinen Kommentar dazu gab. »Und im übrigen studiert sie Medizin in München.«
»Na, du bist aber gut informiert, Hanno.« Vater Alexander schien sich zu wundern.
»Na ja, das ist ja auch schon alles, was ich weiß. Ich gedenke aber diese Bekanntschaft zu vertiefen.«
»Wieso das?«
Hanno grinste verschmitzt. »Ich werde künftig häufiger euer Gast sein, Mutter. Ich habe mich nämlich in dieser Nacht entschlossen, an meine Ausbildung noch ein weiteres Studienjahr in München anzuhängen. So etwas kann nie schaden, und es wird mir auch guttun, zunächst mal aus Santiago zu verschwinden. Und da mir München gut gefällt und das Haus im Weidengrund auch… was liegt also näher, als mich für München zu entscheiden. Na, was sagt ihr dazu?«
»Da kann ich nur sagen, daß ich mich aufrichtig freue, Hanno. Das ist eine gute Entscheidung. Nicht nur, weil du noch weiter studieren willst… daß du damit in meine Nähe kommst, finde ich wunderbar. Was ist deine Meinung, Alexander?«
»Nun ja, lernen und studieren kann man nie genug. Aber daß sich unser Familienleben nun noch mehr nach Deutschland verlagert, findet nicht meinen ungeteilten Beifall.«
»Du hast ja jetzt Rosita«, lachte Hanno. »Und im übrigen, wie ich schon sagte, du kannst uns ruhig mal besuchen im Weidengrund.«
*
So kehrte Dorothee nach Deutschland zurück. Zurück in das Haus, das sie mit Gudrun bewohnte. Und zurück zu ihrem kleinen Töchterchen.
Keine Sekunde hatte sie daran gezweifelt, daß dies die richtige Entscheidung war. Es war zwar sehr schön, daß sie nun keine unguten Gedanken an ihren Mann mehr hatte, aber es war ihr praktisch unvorstellbar, daß sie dieses Leben in Santiago, dieses Leben an seiner Seite wieder aufnehmen würde.
Dieses Kapitel war für sie abgeschlossen, für immer.
Und Hanno bewies, daß sein Plan nicht nur eine fixe Idee gewesen war. Er kam tatsächlich nach München, bezog dort so etwas wie eine Studentenbude und arbeitete ernsthaft an der Uni.
Das war so ein ganz anderes Leben, als er es in Santiago geführt hatte, und völlig anders, als er es an der Seite von Yvonne de Veron hatte führen wollen. Manchmal lachte er selbst bei der Vorstellung, was Yvonne wohl sagen würde, wenn sie ihn hier sehen könnte. Aber das war ihm eigentlich ja völlig gleichgültig. Denn ihm gefiel dieses Leben.
Im Haus im Weidengrund war er nun wirklich oft zu Gast. Und es war durchaus nicht nur die Mutter, die ihn dorthin zog, auch nicht die dort gebotene Hausmannskost, die ihm besonders gut schmeckte. Hanno machte gar kein Geheimnis daraus, daß ihm Gudrun sehr gut gefiel. Daß er gern in ihrer Gesellschaft war, sich gern mit ihr unterhielt.
Es stellte sich bald heraus, daß sie viele gemeinsame Interessen hatten, oft dieselben Ansichten. Und wenn sich ihre Ansichten nicht deckten, dann konnten sie stundenlang debattieren, sich freundschaftlich streiten. Und es machte ihnen beiden Spaß. Oft legten sie den Weg von München zum Haus im Weidengrund oder auch umgekehrt gemeinsam zurück, und es entwickelte sich zwischen beiden eine herzliche Freundschaft.
Dorothee beobachtete diese Entwicklung nicht ungern, wenn auch mit leisem Bangen. Sicher, noch handelte es sich bei den beiden nur um Freundschaft. Und vielleicht würde es auch so bleiben. Aber wenn nicht, was dann?
War da nicht ein Scheitern und damit Kummer für einen von beiden schon vorprogrammiert? Zu groß war doch der Unterschied zwischen Gudrun und dieser mondänen Frau in Chile. Konnte Hanno, der so fasziniert von dieser Yvonne gewesen war, wirklich echte, bleibende Gefühle für diese ganz andere Gudrun entwickeln?
Doch Dorothee wußte, daß sie sich da nicht einmischen durfte. Die beiden jungen Leute mußten ihren eigenen Weg gehen, so oder so. Aber etwas bange war Dorothee doch zumute. Denn sie mochte ja beide so gern. Hanno war ihr Sohn, und Gudrun war ihr längst ans Herz gewachsen wie eine Tochter.
Tatsächlich war es zwischen den beiden schon zu Spannungen gekommen, von denen Dorothee nichts wußte. Hanno war nämlich ein Mensch, der gern mit offenen Karten spielte und nach Möglichkeit immer für klare Verhältnisse sorgte. So war es, ziemlich bald sogar schon, zu einem Gespräch zwischen ihm und Gudrun gekommen, das Weichen