Gesammelte Werke von Dostojewski. Федор Достоевский

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Gesammelte Werke von Dostojewski - Федор Достоевский

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›Werde naß!‹, wie es bei Gogol heißt … Aber so hör doch auf zu lachen!«

      »Nun, dann erzähle von der Fürstin!«

      »Na ja, aber ihr unterbrecht mich ja immer. Wir kamen also zu der Fürstin, und ich begann damit, ihrer Mimi den Hof zu machen. Diese Mimi ist eine alte, häßliche, greuliche Hündin, dazu noch eigensinnig und bissig. Die Fürstin ist ganz in das Tier vernarrt; ich glaube, die beiden sind Altersgenossinnen. Zuerst fütterte ich Mimi mit Konfekt und brachte ihr in zehn Minuten bei, die Pfote zu geben, was man ihr in ihrem ganzen Leben nicht hatte beibringen können. Die Fürstin geriet geradezu in Entzücken, sie weinte beinahe vor Freude: ›Mimi! Mimi! Mimi gibt das Pfötchen!‹ Wenn ein Besucher kam, so hieß es: ›Mimi gibt das Pfötchen! Hier, mein Patenkind hat es sie gelehrt!‹ Graf Nainski kam; sofort mußte er hören: ›Mimi gibt das Pfötchen.‹ Mich blickte die alte Dame beinahe mit Tränen der Rührung an. Sie ist ein seelengutes Wesen; sie tat mir ordentlich leid. Nach diesem glücklichen Erfolg griff ich zur Schmeichelei: auf ihrer Tabaksdose ist ihr eigenes Bild gemalt, als sie noch ein junges Mädchen war, vor sechzig Jahren. Diese Tabaksdose fiel ihr auf den Fußboden. Ich hob sie auf und sagte, als ob ich nicht erkenne, wen das Bild vorstellt: ›Quelle charmante peinture! Ein ideal schönes Gesicht!‹ Na, da war sie ganz hin; sie redete mit mir von diesem und jenem, und wo ich studiert hätte, und bei wem ich verkehrte, und was ich für schönes Haar hätte, und in dieser Art immer weiter. Ich tat auch das meinige, indem ich sie durch eine Skandalgeschichte, die ich ihr erzählte, zum Lachen brachte. Sie hört so etwas gern: sie drohte mir nur mit dem Finger, lachte aber herzlich. Beim Abschied küßte sie mich, bekreuzte mich und verlangte, ich solle alle Tage zu ihr kommen, um sie zu erheitern. Der Graf drückte mir die Hand und gab seinem Blick einen Ausdruck von besonderer Liebenswürdigkeit; und mein Vater – er ist ja der beste, ehrenhafteste, edelste Mensch, ihr mögt es nun glauben oder nicht -, er weinte beinahe vor Freude, als wir beide nach Hause fuhren; er umarmte mich und schüttete mir sein ganzes Herz aus, all seine geheimen Gedanken über Karriere, Konnexionen, Geld, Heirat, so daß ich vieles davon gar nicht verstand. Und dabei gab er mir auch Geld. Das war gestern. Morgen bin ich wieder bei der Fürstin; aber mein Vater ist doch der edelste Mensch, denkt von ihm nichts Schlechtes; und wenn er mich auch von dir losreißen möchte, Natascha, so will er das doch nur, weil er verblendet ist und nach Katjas Millionen Verlangen trägt, die dir fehlen; und die möchte er einzig und allein für mich haben, und nur weil er dich nicht kennt, ist er gegen dich ungerecht. Aber welcher Vater wünscht nicht das Glück seines Sohnes? Er kann ja nichts dafür, daß er gewohnt ist, das Glück in den Millionen zu sehen. So sind sie eben alle. Man muß ihn nur von diesem Gesichtspunkt aus beurteilen, dann erscheint er sofort als gerechtfertigt. Ich bin absichtlich zu dir hergeeilt, Natascha, um dir das auseinanderzusetzen, weil ich weiß, daß du gegen ihn eingenommen bist, wofür du natürlich nichts kannst. Ich gebe dir keine Schuld …«

      »Also weiter ist dir nichts begegnet, als daß du dir die Gunst der Fürstin erworben hast? Darin besteht deine ganze Schlauheit?« fragte Natascha.

      »Nicht doch! Was redest du da! Das ist nur der Anfang … Das von der Fürstin habe ich deswegen erzählt, weil ich durch sie meinen Vater in der Hand habe, verstehst du; aber meine Hauptgeschichte hat noch nicht angefangen.«

      »Nun, dann erzähle doch!«

      »Heute habe ich noch ein Erlebnis gehabt, sogar ein sehr seltsames Erlebnis, von dem ich noch jetzt ganz ergriffen bin«, fuhr Aljoscha fort. »Ich muß vorausschicken, daß zwar mein Vater und die Gräfin unsere Verheiratung beschlossen haben, daß aber bis jetzt absolut nichts Offizielles stattgefunden hat, so daß wir uns jeden Augenblick trennen könnten, ohne daß irgendwelches Gerede darüber entstände; nur Graf Nainski weiß es; aber der gilt ja als Verwandter und Gönner. Überdies bin ich ja zwar in diesen beiden Wochen sehr viel mit Katja zusammen gewesen, aber doch haben wir bis auf diesen Augenblick keine Silbe von der Zukunft gesprochen, das heißt von der Ehe und … na, und von Liebe. Außerdem ist beschlossen worden, vorher noch die Einwilligung der Fürstin K. zu erbitten, von der man bei uns alle mögliche Protektion und einen goldenen Regen erwartet. Was sie sagen wird, das wird auch die vornehme Gesellschaft sagen, denn ihre Verbindungen sind von solcher Art. Und sie wollen mich durchaus in die Gesellschaft einführen und mich protegieren. Wer aber besonders auf diesem Verfahren besteht, das ist die Gräfin, Katjas Stiefmutter. Die Sache ist die, daß die Fürstin der Gräfin vielleicht wegen all der Extravaganzen, die diese im Ausland begangen hat, den Zutritt zu ihrem Salon noch nicht gestatten wird, und wen die Fürstin nicht empfängt, den empfangen wohl auch die andern nicht; daher würde meine Bewerbung um Katja eine gute Gelegenheit zur Annäherung bieten. Und darum hat die Gräfin, die früher gegen diese Partie war, sich heute außerordentlich über meinen Erfolg bei der Fürstin gefreut. Das nur beiläufig; die Hauptsache aber ist dies: ich habe Katerina Fjodorowna zwar schon seit dem vorigen Jahr gekannt, aber damals war ich noch ein Knabe und hatte kein Verständnis und fand daher an ihr nichts Besonderes…«

      »Die Sache ist einfach die: damals liebtest du mich mehr«, unterbrach ihn Natascha; »darum fandest du an ihr nichts Besonderes; aber jetzt …«

      »Sprich nicht weiter, Natascha!« rief Aljoscha mit warmer Empfindung; »du bist vollständig im Irrtum und kränkst mich sehr! Ich werde dir nicht einmal etwas darauf erwidern; höre nur weiter, und du wirst alles erkennen, wie es ist. Ach, wenn du Katja kenntest! Wenn du wüßtest, was für ein zartfühlendes, reines, seelengutes Wesen sie ist! Aber das wirst du sogleich erkennen; höre nur zu Ende! Als sie vor zwei Wochen angekommen waren, führte mich mein Vater zu Katja, und ich fing an, sie mir genau anzusehen. Ich merkte, daß auch sie mich musterte. Das erregte nun vollends mein Interesse, ganz abgesehen davon, daß ich die besondere Absicht hatte, sie näher kennenzulernen, eine Absicht, die schon durch jenen Brief meines Vaters angeregt worden war, der mich so überrascht hatte. Ich werde weiter nichts zu ihrem Lob sagen als das eine: sie bildet unter den Damen jenes ganzen Gesellschaftskreises eine glänzende Ausnahme. Sie hat einen so eigenartigen Charakter, eine so starke, redliche Seele, stark eben durch ihre Reinheit und Redlichkeit, daß ich ihr gegenüber geradezu ein Knabe bin, ihr jüngerer Bruder, trotzdem sie nur siebzehn Jahre alt ist. Noch eins bemerkte ich: sie scheint einen schweren, geheimen Kummer zu haben; aber sie ist nicht gesprächig, zu Hause schweigt sie fast immer, wie wenn sie eingeschüchtert wäre. Es ist, als ob sie über etwas nachsänne. Vor meinem Vater scheint sie Furcht zu haben. Zu ihrer Stiefmutter hegt sie keine Liebe, das merkte ich; die Gräfin selbst allerdings sucht in bestimmter Absicht die Meinung zu verbreiten, daß die Stieftochter sie schrecklich liebhabe; aber das ist völlig unwahr. Katja gehorcht ihr nur ohne Widerrede, das ist zwischen ihnen eine Art von Verabredung. Nachdem ich alle diese Beobachtungen gemacht hatte, beschloß ich vor vier Tagen, meine Absicht zur Ausführung zu bringen, und das habe ich heute abend auch wirklich getan. Meine Absicht war nämlich die: Katja alles zu erzählen, ihr alles zu bekennen, sie auf unsere Seite zu bringen und dann mit einem Schlag die ganze Sache zu erledigen…«

      »Wie! Was denn zu erzählen? Was zu bekennen?« fragte Natascha beunruhigt.

      »Alles, schlechterdings alles«, antwortete Aljoscha; »und ich danke Gott, der mir diesen Gedanken eingegeben hat. Aber hört zu, hört zu! Vor vier Tagen faßte ich folgenden Entschluß: mich von euch fernzuhalten und die Sache allein zu erledigen. Wenn ich mit euch zusammengewesen wäre, so wäre ich schwankend geworden, ich hätte auf euch hingehört und wäre zu keinem Entschluß gelangt. Nun aber, da ich allein war und mich expreß in eine Lage versetzt hatte, in der ich mir jeden Augenblick sagen mußte, daß ich die Sache zu Ende bringen müsse, daß es meine Pflicht sei, sie zu Ende zu bringen, da faßte ich Mut, und siehe da: ich habe sie zu Ende gebracht! Ich hatte mir vorgenommen, nicht eher zu euch zurückzukehren, ehe ich nicht die Entscheidung hätte, und da bringe ich nun die Entscheidung!«

      »Was denn? Was denn? Was hat denn die Sache für einen Verlauf genommen? So erzähle doch schnell!«

      »Es machte sich ganz einfach! Ich wandte mich offen, ehrlich und mutig an sie… Aber zuerst muß ich euch etwas erzählen, was ich vorher erlebte und was einen starken Eindruck auf mich machte.

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