Der Seewolf. Джек Лондон
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Читать онлайн книгу Der Seewolf - Джек Лондон страница 3
Wie lange das dauerte, weiß ich nicht. Eine Ohnmacht überkam mich, aus der ich keine andere Erinnerung behielt, als dass sie einem langen, schmerzhaften Schlafe glich. Nach Jahrhunderten erwachte ich, und da erblickte ich, fast über meinem Kopfe, den Bug eines Fahrzeuges, das langsam aus dem Nebel auftauchte, und darüber dicht hintereinander drei dreieckige, prall vom Wind geblähte Segel. Wo der Bug das Wasser durchschnitt, schäumte und gurgelte es heftig, und es schien geradeswegs auf mich loszukommen. Plötzlich tauchte der Bug nieder und überschüttete mich klatschend mit einem mächtigen Wasserschwall. Dann glitt die lange schwarze Schiffswand so nahe vorbei, dass ich sie mit den Händen hätte greifen können. Ich versuchte es, mit einem wahnsinnigen Entschluss, meine Nägel ins Holz zu krallen, aber meine Arme waren schwer und leblos. Wieder wollte ich rufen, brachte aber keinen Ton heraus.
Das Heck des Schiffes schoss vorbei, sank in ein Wellental. Ich sah flüchtig den Mann am Ruder und einen anderen, der nichts zu tun schien, als eine Zigarre zu rauchen. Ich sah den Rauch, der sich von seinen Lippen löste, als er langsam den Kopf wandte und in meiner Richtung über das Wasser blickte. Es war ein gleichgültiges, unüberlegtes Schauen, etwas ganz Zufälliges, Zielloses.
Für mich aber bedeutete dieser Blick Leben oder Tod. Ich sah, wie das Schiff vom Nebel verschlungen wurde, ich sah den Rücken des Rudergastes und sah, wie der Kopf des anderen Mannes sich wandte, sich ganz langsam wandte, wie sein Blick das Wasser traf und zu mir hinschweifte. Er schien in tiefe Gedanken versunken, und mich packte die Furcht, dass seine Augen mich, selbst wenn sie mich träfen, nicht sehen würden. Aber sie sahen mich, blickten gerade in die meinen! Er sprang ans Ruder, schob den anderen beiseite und drehte fieberhaft das Rad, während er gleichzeitig irgendwelche Befehle schrie. Aber das Schiff schien seinen Kurs fortzusetzen und war fast im selben Augenblick im Nebel verschwunden.
Ich fühlte, wie ich in eine Ohnmacht glitt, und versuchte mit aller Willenskraft gegen die erstickende Leere und Dunkelheit, die mich zu überwältigen drohte, anzukämpfen. Kurz darauf hörte ich Ruderschläge, die immer näher kamen, und die Stimme eines Mannes. Als er ganz nahe war, hörte ich ihn ärgerlich sagen: »Zum Donnerwetter, warum rufst du nicht.« »Er meinte mich.« Mit diesem Gedanken versank ich in Leere und Finsternis.
2
Ich schien in einem mächtigen Rhythmus durch ungeheure Räume zu schwingen. Flimmernde Funken sprühten und schössen an meinen Augen vorbei. Ich wusste, es waren Sterne und schimmernde Kometen, die mich auf meinem Fluge von Sonne zu Sonne umgaben. Als ich die äußerste Grenze meines Schwunges erreicht hatte und gerade zurückschwingen wollte, ertönte donnernd ein Riesengong. In einer unermesslichen Zeitspanne hatte ich, eingelullt von dem Säuseln sanfter Jahrhunderte, ein Gefühl großer Freude und überdachte meinen ungeheuren Flug.
Aber mein Traum wandelte sich, denn dass es ein Traum war, sagte ich mir selber. Der Rhythmus meines Fluges wurde immer kürzer. Schwung und Rückschwung wechselten mit verwirrender Hast. Kaum konnte ich Atem schöpfen, so ungestüm wurde ich durch den Himmelsraum geschleudert. Immer häufiger und schrecklicher donnerte der Gong, auf dessen Klang ich jedes Mal mit namenlosem Entsetzen wartete. Dann war mir, als würde ich über raue Sandflächen geschleift, die weiß in der Sonne glühten. Ein unerträgliches Angstgefühl packte mich. Meine Haut wurde ausgedörrt in der Pein des Feuers. Der Gong dröhnte und toste. Die flimmernden Lichtpunkte schössen in unendlichem Strom an meinen Augen vorbei, als ergösse sich das ganze Sternensystem in den leeren Raum. Ich rang nach Luft, atmete schmerzhaft und öffnete die Augen. Zwei Männer knieten neben mir und beschäftigten sich mit mir. Der mächtige Rhythmus, den ich empfunden hatte, war das Rollen des Schiffes im Seegang. Der entsetzliche Gong war eine Bratpfanne, die bei jeder Bewegung des Schiffes klirrte und rasselte. Der scheuernde, sengende Sand waren harte Männerhände, die meine bloße Brust rieben. Ich krümmte mich vor Schmerz und hob den Kopf ein wenig. Meine Brust war rot und wund, und ich konnte winzige Blutstropfen aus der zerrissenen, entzündeten Haut hervorquellen sehen.
»Jetzt ist’s genug, Yonson«, sagte der eine der Männer. »Kannst du nicht sehen, wir schrubben ihm ja die ganze Haut ab!«
Der Yonson Angeredete, ein Mann von schwerem skandinavischen Typ, hörte auf, mich zu reiben, und erhob sich verlegen. Der Mann, der gesprochen hatte, war offenbar ein ›Cockney‹[5], zartgliedrig und mit hübschen, fast weiblichen Zügen, der sicher das Glockengeläut Londons mit der Muttermilch eingesogen hatte. Eine schmutzige Leinenmütze und ein ebenso schmutziger Leinenschurz um die Hüften verrieten, dass er der Koch in der entschieden sehr schmutzigen Kombüse des Schiffes war, auf dem ich mich befand.
»Na, wie fühlen Sie sich jetzt, Herr?« fragte er mit der gezierten Untertänigkeit, die auf Generationen trinkgeldbeflissener Ahnen schließen ließ.
Als Antwort versuchte ich mich zu erheben, Yonson half mir auf die Füße. Das Rasseln und Klirren der Bratpfanne zerrte entsetzlich an meinen Nerven. Ich konnte meine Gedanken nicht sammeln. Ich griff zur Stütze nach der Holzbekleidung–sie war so schmierig, dass sich mir die Eingeweide im Leibe umdrehten –, langte über den heißen Küchenherd hinweg nach dem scheußlichen Gegenstand, holte ihn vom Nagel herunter und verkeilte ihn sicher im Kohlenkasten.
Der Koch lächelte über meine Nervosität und drückte mir mit den Worten: »Das wird Ihnen gut tun« einen dampfenden Becher in die Hand. Es war ein widerliches Gesöff – Schiffskaffee –, aber die Wärme belebte mich doch. Während ich langsam das Getränk schlürfte, warf ich hin und wieder einen Blick auf meine wundgeriebene, blutende Brust. Dann wandte ich mich an den Skandinavier.
»Vielen Dank, Herr Yonson«, sagte ich, »aber meinen Sie nicht, dass Ihre Behandlung etwas gewaltsam war?«
Eher aus meiner Bewegung als aus meinen Worten fühlte er wohl den Vorwurf heraus. Er hielt mir die Hand hin. Sie war schrecklich rau. Mit leichtem Schauer ließ ich die meine über die hornartigen Schwielen gleiten.
»Ich heiße Johnson, nicht Yonson«, sagte er in ausgezeichnetem, wenn auch etwas langsamem und eine Spur fremdländischen Englisch.
In seinen blassblauen Augen erschien ein milder Protest, aber dazu eine schüchterne Offenheit und Männlichkeit, die mich ganz für ihn einnahmen.
»Vielen Dank, Herr Johnson«, verbesserte ich mich und streckte ihm meine Hand hin.
Scheu und schüchtern zögerte er, trat von einem Bein auf das andere, fasste schließlich linkisch meine Hand und schüttelte sie herzlich.
»Haben Sie etwas trockenes Zeug für mich?« fragte ich den Koch.
»Ja, Herr«, erwiderte er diensteifrig. »Ich werde in meinem Vorrat nachsehen, wenn Sie nichts dagegen haben, Herr, meine Sachen anzuziehen.«
Er schlüpfte oder glitt vielmehr zur Küchentür hinaus mit einer Schnelligkeit und Geschmeidigkeit, die mir weniger katzenartig als ölig erschienen. In der Tat, diese Schlüpfrigkeit war, wie ich später erfahren sollte, wahrscheinlich seine hervorstechendste Eigenschaft.
»Und wo bin ich?« fragte ich Johnson, den ich mit Recht für einen von den Matrosen hielt. »Was für ein Fahrzeug ist dies, und wo geht es hin?«
»Von
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