Dracula. Брэм Стокер

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Dracula - Брэм Стокер

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den besten Platz in der Postkutsche für mich zu reservieren; als ich ihn über Details ausfragen wollte, wurde er zurückhaltend und gab vor, mein Deutsch nicht zu verstehen. Das konnte nicht wahr sein, denn bisher verstand er es ausgezeichnet; zumindest beantwortete er meine Fragen exakt, und es schien, als verstünde er mich sehr wohl. Er und seine Frau, die alte Dame, die mich zuvor empfangen hatte, sahen einander erschrocken an. Er murmelte nur, dass das Geld mit einem Brief verschickt wurde und dies alles sei, was er wusste. Als ich ihn fragte, ob er Graf Dracula kenne und mir etwas über sein Schloss erzählen wolle, bekreuzigte er sich und dann seine Frau, und sie sagten, dass sie rein gar nichts wüssten und brachen einfach das Gespräch ab. Die Zeit der Abreise war bereits derart nahe gerückt, dass ich keine Zeit fand, jemand anderen zu fragen. Es war in jedem Falle alles sehr geheimnisvoll und beunruhigend.

         Kurz, bevor ich wegging, kam die alte Dame zu mir auf das Zimmer und sagte auf sehr hysterische Weise: „Müssen Sie denn gehen? Oh! Junger Herr, müssen Sie denn wirklich gehen?“  Sie war derart aufgebracht, dass sie das, was sie auf Deutsch sagen konnte, vergessen zu haben schien und mischte es mit einer anderen Sprache, die ich nicht verstand. Die einzige Möglichkeit, ihr zu folgen war, indem ich viele Fragen stellte. Als ich ihr mitteilte, dass ich gehen müsse, und dass mich wichtige Geschäfte erwarten würden, fragte sie erneut:

         „Wissen Sie eigentlich, welcher Tag heute ist?“

      Ich antwortete, es wäre der vierte Mai. Sie schüttelte ihren Kopf und sagte wieder:

         „Oh, ja! Ich weiß, ich weiß es! Aber wissen Sie denn nicht was für ein Tag das ist?“

         Auf meinen Einwand, dass ich sie nicht verstehe, fuhr sie fort:

         „Es ist St. Georgs Nacht. Wissen Sie denn nicht, dass heute Nacht, wenn die Uhr zu Mitternacht schlägt, alle bösen Dinge in der Welt freien Lauf haben? Wissen Sie eigentlich, wohin und zu wem Sie gehen?“ Sie war so verstört, dass ich sie zu beruhigen versuchte, was aber vergebens war. Schließlich warf sie sich noch auf die Knie und flehte mich an, nicht zu gehen; zumindest meine Abreise um einen oder zwei Tage zu verschieben. Es war alles zu lächerlich, aber ich fühlte mich fortan nicht mehr sehr wohl. Wie auch immer, es waren Geschäfte zu erledigen, und von denen konnte mich nichts abhalten. Deshalb bat ich sie aufzustehen und sagte so ernst ich nur konnte, dass ich ihr dankbar sei, aber meine Pflicht verlange es, und dass ich jetzt gehen müsse. Sie erhob sich dann, trocknete ihre Augen und nahm ein Kruzifix von ihrem Hals, das sie mir überreichte. Ich wusste nicht, was zu tun war, denn als Mitglied der Englischen Staatskirche wurde mir beigebracht, dass derlei Dinge als götzendienerisch anzusehen sind. Und dennoch erschien es mir äußerst unpässlich, das Geschenk der alten Dame zurück zu weisen. Immerhin meinte sie es nur gut mit mir und befand sich noch dazu in einer solchen Erregung. Sie sah mir diese Zweifel im Gesicht an, denn sie legte mir den Rosenkranz um den Hals und sagte: „Um Ihrer Mutter willen“, und ging aus dem Zimmer. Ich schreibe diesen Teil meines Tagebuches, während ich auf die Post warte, die, wie nicht anders zu erwarten, zu spät ist; das Kruzifix hängt noch an meinem Hals. Vielleicht ist es die Angst der Dame oder vielleicht sind es die vielen geisterhaften Traditionen dieser Region, vielleicht ist es auch das Kruzifix selbst, ich weiß es nicht, aber ich fühle mich bei weitem nicht so wohl, wie ich es sonst tue. Wenn dieses Buch jemals Mina vor mir erreicht, so soll es ihr meine Abschiedsgrüße übermitteln.

      5. Mai. Das Schloss. – Die graue Morgendämmerung ist vergangen, und die Sonne steht bereits weit über dem Horizont, der ganz ausgefranst erscheint – entweder durch die Bäume oder die Hügel, ich kann es nicht ausmachen; da alles so weit entfernt liegt, mischen sich die großen mit den kleinen Dingen ununterscheidbar am Horizont zusammen. Ich bin nicht schläfrig, und deshalb schreibe ich so lange, bis ich müde werde. Es sind hier so viele seltsame Dinge, die ich zu Papier bringen muss, und wer diese Aufzeichnungen dann liest, wird vermutlich den Eindruck bekommen, dass ich vor meiner Abreise in Bistritz zu üppig diniert hätte; deshalb zeichne ich exakt auf, was ich hier aß. Ich bestellte einen „Räuberbraten“ – Stücke von Speck, Zwiebeln und Rindfleisch, gewürzt mit Paprika, die mit Stäben aufgespießt und über dem Feuer gebraten wurden; in der einfachen Weise wie das Londoner Katzenmahl. Der Wein war Goldener Mediasch, der ein eigentümliches Stechen auf der Zunge hervorrief, das aber nicht unangenehm wirkt. Ich hatte bloß zwei Gläser davon und sonst nichts.

         Als ich zur Postkutsche kam, hatte der Kutscher noch nicht seinen Platz eingenommen, und ich sah ihn im Gespräch mit der Wirtin. Sie sprachen höchstwahrscheinlich über mich, denn hie und da blickten sie zu mir herüber. Und auch einige Leute, die vor dem Haus auf einer Bank gesessen hatten – die Bank wird im Übrigen hier als „Lästerbank“ bezeichnet – näherten sich und belauschten das Gespräch. Dann sahen sie zu mir, und ihre Blicke waren voll des Mitleids. Ich konnte einige Worte hören, die ständig wiederholt wurden, seltsame Worte, denn es waren verschiedene Nationalitäten in der Menge vertreten. Ich zog in aller Ruhe mein mehrsprachiges Wörterbuch aus der Tasche und sah darin nach. Ich muss sagen, es war nicht angenehm für mich, denn darunter fanden sich Worte wie „Ordog“ (= Satan), „Pokol“ (= Hölle), „Stregoica“ (= Hexe); „Vrolok“ und „Vlkoslak“ bedeuten dasselbe – das eine ist slowakisch und das andere serbisch und steht für Werwolf oder Vampir. (Erinnerung: Ich muss den Graf über diesen Aberglauben befragen.)

         Als wir abfuhren, bekreuzigte sich die mittlerweile auf eine beachtliche Größe angewachsene Gemeinde um uns und streckte mir dann zwei Finger entgegen. Was dieses Zeichen zu bedeuten hat, erfuhr ich nur mit Schwierigkeiten erst von einem Reisegefährten. Zuerst wollte er nicht antworten, doch als ich ihm erklärte, dass ich Engländer sei, sagte er mir, dass das ein Zeichen oder Schutz gegen den bösen Blick sei. Das war nicht sehr erfreulich für mich, da ich nun an einem unbekannten Ort eine unbekannte Person treffen sollte; alle schienen so gutherzig, besorgt und sympathisch, dass ich nicht anders als gerührt sein konnte. Ich werde niemals den letzten Blick auf den Wirtsgarten und die sich um den Bogengang tummelnde malerische Menge vergessen, wie sie sich alle bekreuzigten; hinter ihnen befanden sich die vollen Zweige von Oleander und Orangenbäumen in grünen Kübeln, die im Zentrum des Hofes standen. Dann ließ unser Fahrer seine große Peitsche über die vier kleinen Pferde knallen, die daraufhin los stürmten. Der Kutscher trug weite Leinenhosen, die hier „Gotza“ genannt werden, und sie bedeckten den gesamten Kutschersitz; so traten wir unsere Reise an.

         Die bezaubernde Gegend, durch die wir fuhren, ließ mich bald die Erinnerung an die Gespensterfurcht von zuvor vergessen. Doch wäre ich, wenn ich die Sprache meiner Reisegenossen, oder vielmehr ihre Sprachen verstanden hätte, die bedrückenden Erlebnisse nicht so leicht losgeworden. Vor uns erstreckte sich ein grünes, sanft ansteigendes Land, voll von Wäldern und Bäumen, und hie und da taten sich steile Hügel auf, gekrönt von Baumgruppen oder Bauernhäusern, deren helle Giebelseiten zur Straße zeigten. Auf verwirrende Weise blühten in Massen die Fruchtbäume – Apfel, Pflaume, Birne und Kirsche; und als wir näher kamen, konnte ich auch unter den Bäumen den grünen Rasen entdecken, der übersät war von herab gefallenen Blütenblättern. Durch dieses grüne Hügelland hindurch, das man „Mittelland“ nennt, zog sich die Straße und verlor sich in der Ferne in einer grün bedeckten Biegung oder war einfach verdeckt durch Kieferbäume, deren Baumspitzen wie lodernde Zungen da und dort die Hügel hinab liefen. Die Straße war holprig, und dennoch flogen wir mit fiebriger Hast über sie hinweg. Ich konnte mir die Eile nicht erklären, aber der Fuhrmann war offenbar begierig darauf, ohne Verspätung in Borgo Prund anzukommen. Mir wurde gesagt, dass diese Straße im Sommer in einem ausgezeichneten Zustand sei, und dass die Schäden, die der Winter der Straße zufügte, jetzt noch nicht repariert worden waren. In dieser Hinsicht unterscheidet sich diese Straße anscheinend von den übrigen in den Karpaten, die, einer alten Tradition entsprechend, nicht besonders gepflegt werden. Von alters her lassen die Hospadare (ehemalige Herrscher über die Walachei und Moldawien; vom 15. Jahrhundert bis 1866) nichts an den Straßen ausbessern, damit sollten die Türken nicht auf die Idee gebracht werden, man wolle mittels ausgebauter Wege fremde Truppen ins Land bringen; denn derartiges konnte leicht einen Krieg provozieren, der unter der Oberfläche ständig lauerte.

       

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