Gesammelte Werke von Sir Arthur Conan Doyle: 52 Krimis & Historische Romane in einem Band. Arthur Conan Doyle
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke von Sir Arthur Conan Doyle: 52 Krimis & Historische Romane in einem Band - Arthur Conan Doyle страница 112
Der Gastgeber hatte Whisky auf den Tisch gestellt und sie zögerten nicht, sich durch ihn für die bevorstehende Arbeit in Stimmung zu versetzen. Baldwin und Cormac waren bereits halb betrunken, und der Alkohol steigerte ihr grausames Ungestüm bis zur Siedehitze. Cormac legte seine Hände einen Augenblick lang auf den Ofen. Er war stark eingeheizt, denn die Frühlingsnächte waren noch kalt.
»Er ist heiß genug,« meinte er vielsagend.
»Ja, ja,« rief Baldwin, der den Wink aufgefangen hatte. »Wenn wir ihn darauf festbinden, werden wir schon die Wahrheit aus ihm herauskriegen.«
»Das werden wir auf jeden Fall,« sagte McMurdo. Er hatte Nerven aus Stahl, dieser Mann, denn obwohl die ganze Verantwortung für die Sache auf ihm lastete, war sein Benehmen so kühl und sorglos wie immer. Die anderen bemerkten es beifällig.
»McMurdo ist derjenige, der ihn in Empfang nimmt,« sagte der Meister zustimmend. »Ihm wird der Kerl nichts anmerken, bis er seine Hand an der Gurgel spürt – Es ist zu dumm, daß die Fenster keine Läden haben.«
McMurdo ging von einem Fenster zum anderen und zog die Gardinen fester zu.
»Jetzt kann niemand mehr hereinsehen. Er muß gleich da sein.«
»Vielleicht kommt er nicht. Er hat möglicherweise Lunte gerochen,« sagte der Sekretär.
»Er wird kommen, Sie brauchen keine Angst zu haben,« antwortete McMurdo. »Er ist so begierig zu kommen, wie Sie, ihn zu sehen. Horcht! Was ist das?«
Sie saßen alle wie Wachsfiguren da, mit halb erhobenen Gläsern. In die plötzliche Stille hinein dröhnte heftiges, dreimaliges Pochen an die Außentür.
»Still!«
McMurdo erhob Ruhe gebietend seine Hand. Frohlockende Blicke machten die Runde von einem zum anderen, und die Hände fuhren unwillkürlich nach versteckten Waffen.
»Nicht einen Laut, wenn euch euer Leben lieb ist,« zischte ihnen McMurdo zu, als er das Zimmer verließ und die Türe sorgfältig hinter sich schloß.
Die Mordgesellen warteten mit gespitzten Ohren. Sie zählten die Schritte ihres Kameraden, als dieser den Korridor entlang ging. Dann hörten sie ihn die Außentür öffnen und darauf einige Worte der Begrüßung mit jemandem wechseln. Sie vernahmen einen fremden Tritt und eine unbekannte Stimme. Einen Augenblick später hörten sie die Außentür zuschlagen und einen Schlüssel sich im Schloß drehen. Ihr Opfer saß in der Falle. Tiger Cormac konnte ein höhnisches Lachen nicht unterdrücken, so daß ihm McGinty mit seiner großen Hand an den Mund fuhr.
»Ruhig, du Narr,« flüsterte er. »Du wirst uns noch alle verderben.«
Aus dem Nebenzimmer hörte man das Gemurmel eines Gesprächs, das ihnen endlos schien. Dann öffnete sich die Tür, und McMurdo trat ein, einen Finger an den Lippen.
Er kam bis ans Kopfende des Tisches und ließ seine Blicke über die Tafelrunde schweifen. Eine merkliche Veränderung war mit ihm vorgegangen. Seine Haltung war die eines Mannes, der einem Wendepunkt seines Lebens gegenübersteht. Sein Gesicht schien wie aus Stein gemeißelt zu sein, und seine Augen funkelten hinter den Brillen in leidenschaftlicher Erregung. Der geborene Führer von Menschen war in ihm in Erscheinung getreten. Die anderen betrachteten ihn in atemloser Spannung, sagten aber nichts. Mit einem sonderbaren Ausdruck in den Augen wanderten seine Blicke von Mann zu Mann.
»Nun?« rief Meister McGinty endlich. »Ist Birdy Edwards da?«
»Jawohl,« antwortete McMurdo langsam, jedes Wort abwägend, »Birdy Edwards ist da. Er steht vor euch. Ich selbst bin Birdy Edwards.«
Etwa zehn Sekunden folgten diesen wenigen Worten, während deren man im Zimmer eine Stecknadel hätte fallen hören können. Das Zischen eines Kessels auf dem Ofen drang scharf und schneidend in die Ohren, sieben leichenblasse Gesichter waren mit dem Ausdruck eines lähmenden Schreckens zu dem Mann erhoben, der mit Herrschermiene vor ihnen stand. Dann erfolgte plötzlich das Klirren von Glas, und eine Anzahl Gewehrläufe erschienen in jedem Fenster, wobei die Vorhänge aus ihren Haken gerissen wurden. Bei diesem Anblick erhob McGinty ein Brüllen wie ein verwundeter Löwe und stürzte auf die halbgeöffnete Tür zu. Dort wurde er von einem auf ihn gerichteten Revolver begrüßt, hinter dessen Korn die kalten, blauen Augen Kapitän Marvins von der Kohlen-und Eisenpolizei zu sehen waren. McGinty warf sich zurück und fiel in seinen Stuhl.
»Sie haben recht, Rat McGinty,« sagte der Mann, den sie bisher als McMurdo gekannt hatten. »Sie sind sicherer dort, wo Sie sitzen. – Baldwin, wenn Sie nicht sofort Ihre Hand von Ihrer Waffe wegnehmen, werden Sie noch den Henker um sein Werk betrügen. Heraus damit und weggelegt, oder bei meinem Erzeuger – so ist es recht. Das Haus ist von vierzig bewaffneten Männern umstellt, und ihr könnt euch ausmalen, was für Aussichten zur Flucht ihr habt. Nehmen Sie ihnen die Waffen ab, Marwin.« –
Unter der Drohung der auf sie gerichteten Gewehre erschien jeder Widerstand vergeblich. Die Leute wurden sämtlich entwaffnet. Trotzig, niedergedrückt und noch immer verblüfft, saßen sie schweigend um den Tisch herum.
»Ich möchte noch einige Worte an euch richten, bevor wir uns trennen,« sagte der Mann, in dessen Falle sie gegangen waren. »Wir werden uns wahrscheinlich erst vor Gericht wiedersehen. Ich gebe euch für die Zwischenzeit einiges zum Nachdenken auf. Ihr wißt jetzt, wer ich bin. Endlich ist die Zeit gekommen, wo ich meine Karten offen auf den Tisch legen kann. Ich bin Birdy Edwards von den Pinkertons. Man hat mich dazu auserwählt, eure Bande zu vernichten. Es war eine schwere und gefährliche Aufgabe. Keine Menschenseele, nicht einmal jene, die mir am nächsten steht und mir die teuerste ist, wußte davon, außer Kapitän Marvin und meinen Auftraggebern. Aber ich habe getan, was ich konnte, und Gott sei gedankt, ich bin Sieger geblieben.«
Die sieben blassen, regungslosen Gesichter stierten ihn mit Blicken tödlichen Hasses an. Er las die aus ihren Augen sprühenden Drohungen.
»Ihr glaubt vielleicht, daß die Sache für mich nicht erledigt ist. Nun, wir werden ja sehen. Wenigstens einige von euch werden keine Hand mehr gegen mich erheben können, und außer euch werden heute nacht noch sechzig andere das Innere eines Gefängnisses zieren. Ich will euch gestehen, als man mir den Auftrag gab, glaubte ich nicht an die Existenz eines Bundes wie des euren. Ich habe alles für Zeitungstratsch gehalten, und wollte dafür den Nachweis erbringen. Man sagte mir, daß euer Bund etwas mit den Freimännern zu tun habe; ich ging daher nach Chicago und ließ mich dort aufnehmen. Danach war ich überzeugter als je, daß eure Bande nur in der Einbildung der Zeitungen existiere, denn ich fand die Gesellschaft der Freimänner durchaus harmlos und sogar Gutes tuend. Immerhin hatte ich meinen Auftrag auszuführen und kam daher in eure Stadt. Als ich hier anlangte, mußte ich nur zu bald erfahren, daß ich mich im Irrtum befunden hatte, daß also die Sache keineswegs ein Hintertreppenroman war. Daher blieb ich hier, um vollen Einblick zu gewinnen. Ich habe niemals einen Mann in Chicago getötet und niemals einen Dollar gefälscht. Die Banknoten, die ich euch gab, waren so echt wie irgendwelche anderen, und sie waren wohl verwendet. Ich wußte, wie ich mich bei euch in Gunst setzen konnte, und darum täuschte ich euch vor, daß die Polizei hinter mir her sei. Es kam alles so, wie ich es mir ausgedacht hatte.
Darauf