Gesammelte Werke von Sir Arthur Conan Doyle: 52 Krimis & Historische Romane in einem Band. Arthur Conan Doyle

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Gesammelte Werke von Sir Arthur Conan Doyle: 52 Krimis & Historische Romane in einem Band - Arthur Conan Doyle

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zusammen im Wartesaal gesehen. Von da ab fehlen jedoch alle Nachrichten über sie, bis zu dem Augenblick, als Drebbers Leichnam, wie bereits mitgeteilt, in einem leeren Hause der viele Meilen vom Eustoner Bahnhof entfernten Brixtonstraße gefunden wurde. Wie er dorthin gekommen ist, und auf welche Weise ihn sein Verhängnis ereilt hat, sind Fragen, die für jetzt noch in undurchdringliches Dunkel gehüllt sind. Was aus Stangerson geworden ist, weiß man nicht. Wir freuen uns, zu hören, daß die Herren Gregson und Lestrade mit der Erforschung des Falles betraut worden sind und erwarten zuversichtlich, daß es diesen wohlbekannten Geheimpolizisten bald gelingen wird, die rätselhafte Angelegenheit aufzuklaren.«

      ›Daily News‹ versicherte, es läge ohne allen Zweifel ein politisches Verbrechen vor. Dies werde sich bald genug herausstellen, wenn der Aufenthaltsort des Sekretärs Stangerson ermittelt sei und man Genaueres über die Lebensgewohnheiten des Ermordeten erfahren habe. Von wesentlicher Bedeutung sei es, daß man bereits wisse, in welcher Pension er sich aufgehalten, eine Kunde, die man einzig und allein dem Scharfsinn und der Thatkraft des Geheimpolizisten Gregson verdanke.

      Diese und ähnliche Artikel, welche ich mit Sherlock Holmes zusammen beim Frühstück las, schienen ihn sehr zu belustigen.

      »Sagte ich Ihnen nicht, daß Lestrade und Gregson unter allen Umständen Kapital aus der Sache herausschlagen würden?«

      »Das kommt doch noch sehr auf den Ausgang an,« meinte ich.

      »Bewahre, der ist dabei höchst gleichgültig. Wird der Mann gefangen, so geschieht es infolge ihrer Bemühungen, gelingt es ihm zu entkommen, so thut er es trotz ihrer Bemühungen. Die Anerkennung fehlt ihnen nie, sie mögen anstellen, was sie wollen.«

      »Was geht denn da vor, was soll der Lärm bedeuten? Hören Sie nur,« rief ich, als sich in diesem Augenblick im Hausflur und auf der Treppe das Stampfen vieler Füße vernehmen ließ und dazwischen die unwillige Stimme unserer Wirtin.

      »Das ist die kleine Detektivmannschaft aus der Bakerstraße,« sagte mein Gefährte mit lächelnder Miene, und ehe ich mich’s versah, kam ein halbes Dutzend der schmutzigsten und zerlumptesten Gassenjungen hereingepoltert, die ich je im Leben zu Gesicht bekommen habe.

      »Achtung!« rief Holmes im Kommandoton, und die sechs schmutzigen Bengel standen in Reih und Glied wie wohldressierte Soldaten. »Künftig schickt ihr Wiggins allein herauf, um Bericht zu erstatten; ihr andern wartet unten auf der Straße! – Habt ihr sie gefunden, Wiggins?«

      »Nee,« lautete die Antwort, »gefunden haben wir se nich.«

      »Das dachte ich mir wohl. Sucht nur weiter, bis ihr sie findet; hier ist euer Geld.« Er händigte jedem der Buben einen Schilling ein. »Jetzt fort mit euch, und bringt mir das nächstemal bessern Bescheid.«

      Auf seinen Wink machten sie rechtsumkehrt, und polterten wieder die Treppe hinunter. Gleich darauf hörte man sie schon unten auf der Straße durcheinander gröhlen und schreien.

      »Jeder einzige von den kleinen Halunken bringt mehr vor sich als ein Dutzend Polizisten,« bemerkte Holmes. »Die Leute haben gleich ein Schloß vor dem Mund, sobald sich nur ein Beamter von fern blicken läßt. Diese Schlingel kommen aber überall hin und hören alles. Sie sind glatt wie Aale und schlau wie Füchse, es fehlt ihnen nur die Disziplin.«

      »Betrifft denn der Auftrag, den Sie ihnen gegeben haben, den Brixton-Fall?«

      »Ja, es handelt sich um einen Punkt, über den ich Gewißheit haben muß. Die werden sie mir verschaffen – es ist nur eine Frage der Zeit. – Aber, holla! jetzt werden wir Neuigkeiten zu hören bekommen. Eben steuert Gregson mit vollen Segeln die Straße herunter. Er strahlt förmlich vor Glückseligkeit. Richtig, er will zu uns – da ist er schon.«

      Es ward heftig an der Hausglocke gezogen, und gleich darauf kam der blonde Detektiv die Treppe heraufgesprungen, immer drei Stufen auf einmal, und platzte in unser Wohnzimmer.

      »Wünschen Sie mir Glück, werter Freund,« rief er, Holmes eifrig die Hand schüttelnd; »ich habe jetzt Licht in die Sache gebracht – alles liegt klar zu Tage.«

      Ein düsterer Schatten glitt über die ausdrucksvollen Züge meines Gefährten. »Glauben Sie die rechte Spur gefunden zu haben?« fragte er.

      »Die rechte Spur? Was denken Sie – ich habe den Verbrecher schon hinter Schloß und Riegel.«

      »Wer ist es denn?«

      Gregson warf sich stolz in die Brust. »Arthur Charpentier, Unterleutnant bei der königlichen Marine,« rief er, sich die fleischigen Hände reibend.

      Sherlock Holmes atmete sichtlich erleichtert auf.

      »Setzen Sie sich, und hier ist eine Cigarre. Wir sind sehr gespannt zu hören, wie Sie es angefangen haben. Ist Ihnen vielleicht ein Glas Grog gefällig?«

      »Habe nichts dagegen,« versetzte der Detektiv; »wer solche Anstrengungen durchgemacht hat, wie ich in den letzten Tagen, bedarf wohl einer Erfrischung. Besonders die geistige Ermüdung war übergroß. Sie werden das verstehen, Herr Holmes, denn auch Sie arbeiten mit dem Kopfe.«

      Gregson hatte im Lehnstuhl Platz genommen, und begann mit Wohlgefallen seine Cigarre zu rauchen. Plötzlich schlug er sich mit der Hand auf das Knie und brach in ein schallendes Gelächter aus.

      »Es ist wirklich zu komisch,« rief er, »daß Lestrade, der Narr, der für so ungeheuer klug gilt, sich ganz und gar auf dem Holzweg befindet. Er hat es auf den Sekretär Stangerson abgesehen, der doch so unschuldig an dem Verbrechen ist, wie ein neugeborenes Kind. Sicherlich hat er ihn jetzt schon dingfest gemacht.« Und wieder wollte er sich vor Lachen ausschütten.

      »Wie haben Sie denn aber die richtige Spur gefunden?« fragte Holmes.

      »Ich will Ihnen alles erzählen. Es bleibt natürlich ganz unter uns, Doktor Watson. Die erste Schwierigkeit, die es zu überwinden galt, war, Kenntnis von Drebbers Vorleben in Amerika zu erlangen. Mancher würde gewartet haben, bis Antwort auf seine Anzeige kam, oder irgend jemand ihm von selbst Mitteilungen machte. Aber das ist nicht Tobias Gregsons Art und Weise. Erinnern Sie sich an den Hut, der neben dem Toten auf dem Boden lag?«

      »Gewiß; aus dem Geschäft von John Underwood & Söhne, Camberwell-Straße 129.«

      Gregson machte ein höchst verblüfftes Gesicht. »Haben Sie das wirklich auch bemerkt? Sind Sie da gewesen?«

      »Nein!«

      »Das wundert mich. Mein Grundsatz ist, keine Gelegenheit unbenutzt vorbeigehen zu lassen, wie geringfügig sie auch erscheint.«

      »Für einen großen Geist ist selbst das Kleinste von Bedeutung,« bemerkte Holmes salbungsvoll.

      »Ich ging also zu Underwood,« fuhr Gregson fort, »und fragte ihn, ob er kürzlich einen Hut, wie ich ihn beschrieb, verkauft habe Er schlug in seinen Büchern nach und fand sogleich, was ich wollte. Der Hut war an einen Herrn Drebber nach Madame Charpentiers Pension in Torquay Terrace geschickt worden. So bekam ich seine Adresse.«

      »Schlau, sehr schlau,« murmelte Sherlock Holmes.

      »Nun suchte ich Madame Charpentier auf, die ich sehr blaß und angegriffen fand. Auch ihre Tochter, ein ungewöhnlich hübsches Mädchen, war zugegen; sie hatte rotgeweinte Augen, und als ich sie anredete, bebten ihre Lippen. Das entging mir nicht, und ich witterte gleich Unrat. Sie kennen das Gefühl, Holmes,

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