Gesammelte Werke von Sir Arthur Conan Doyle: 52 Krimis & Historische Romane in einem Band. Arthur Conan Doyle
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»Wir wollen nichts anrühren, bis meine Vorgesetzten hier sind«, sagte er mit halblauter Stimme, den entsetzlich verstümmelten Kopf des Toten schaudernd anstarrend.
»Nichts ist berührt worden,« sagte Cecil Barker, »dafür stehe ich ein. Sie sehen alles so, wie ich es vorgefunden habe.«
»Wann war das?« Der Sergeant hatte sein Notizbuch hervorgezogen und hielt den Bleistift in Bereitschaft.
»Genau um ½ 12. Ich war noch vollständig angekleidet und saß am Kaminfeuer in meinem Schlafzimmer, als der Schuß ertönte. Er klang nicht sonderlich laut, eher gedämpft. Darauf stürzte ich hinunter. Ich glaube nicht, daß mehr als dreißig Sekunden verflossen waren, bis ich hier ankam.«
»War die Tür offen?«
»Jawohl, sie war offen. Der arme Douglas lag genau so da, wie Sie ihn jetzt sehen. Seine Schlafzimmerkerze stand brennend auf dem Tisch. Ich war es, der sie auslöschte und die Lampe anzündete.«
»Haben Sie irgend jemanden gesehen?«
»Nein, ich hörte Mrs. Douglas hinter mir die Treppe herabkommen und eilte ihr entgegen, um sie daran zu hindern, sich dem entsetzlichen Anblick auszusetzen. Dann kam Frau Allen, die Haushälterin, und führte sie hinweg. Auch Ames war unterdessen angelangt, und ich ging mit ihm wieder in das Zimmer zurück.«
»Die Zugbrücke wird doch, wie ich höre, jeden Abend aufgezogen?«
»Jawohl, sie war auch aufgezogen. Ich habe sie wieder heruntergelassen.«
»Wie war es dann aber möglich, daß der Mörder entkommen konnte? Es steht ganz außer Frage; Mr. Douglas muß sich selbst erschossen haben.«
»Das war auch unser erster Gedanke, aber hier, sehen Sie einmal!« Barker zog den Vorhang beiseite und enthüllte das lange, mit rombischen Scheiben versehene Fenster, das in voller Breite offen stand. »Und hier, sehen Sie dies an.« Er nahm die Lampe und beleuchtete, das Fensterbrett auf dem sich Spuren einer Fußsohle mit Blut vermischt abhoben. »Jemand hat hier gestanden, um hinauszugelangen.«
»Sie meinen also, daß der Betreffende den Festungsgraben durchwatet hat?«
»Sehr richtig.«
»Wenn Sie also innerhalb einer halben Minute nach dem Schuß im Zimmer waren, muß sich der Mann gerade zu der Zeit im Wasser befunden haben.«
»Ich zweifle nicht daran. Wollte Gott, daß ich zum Fenster gesprungen wäre. Aber es war hinter dem Vorhang verborgen, so wie Sie es sahen und ist mir daher nicht in den Sinn gekommen. Dann hörte ich den Schritt von Mrs. Douglas, und es mußte natürlich meine Aufgabe sein, zu verhindern, daß sie in das Zimmer kam. Es wäre zu schrecklich gewesen.«
»Schrecklich ist nicht zuviel gesagt«, bemerkte der Doktor, der den zerschmetterten Kopf und den grauenerregenden Zustand der unmittelbaren Umgebung betrachtete. »Ich habe seit dem großen Eisenbahnunglück in Birlstone keine so fürchterlichen Verletzungen gesehen.«
»Sagen Sie mir bitte,« bemerkte der Polizeibeamte, dessen ländliches, langsam denkendes Gehirn sich noch immer mit dem offenen Fenster beschäftigte, »es ist alles recht gut und schön, was Sie da sagen von dem Mann, der den Festungsgraben durchwatet hat und dadurch entkommen ist, aber, und das möchte ich Sie hiermit fragen, wie kann er überhaupt ins Haus gekommen sein, wenn die Brücke aufgezogen war?«
»Das möchte ich auch wissen«, sagte Barker.
»Um wieviel Uhr wurde sie aufgezogen?«
»Es ging gerade auf sechs«, bemerkte Ames.
»Ich habe gehört,« sagte der Sergeant, »daß dies gewöhnlich um Sonnenuntergang herum geschieht. Das wäre um diese Jahreszeit eher etwa um halb fünf als sechs.«
»Frau Douglas hatte Besuch zum Tee«, antwortete Ames. »Ich konnte die Brücke nicht gut aufziehen, bevor die Besucher gegangen waren.«
»Die Sache ist also die,« meinte der Sergeant, »wenn irgend jemand von außen hereingekommen ist, – wenn, sage ich, – so muß dies schon vor sechs geschehen sein, und der Betreffende muß sich dann versteckt gehalten haben, bis Mr. Douglas nach elf das Zimmer betrat.«
»So ist es. Mr. Douglas machte jede Nacht vor dem Schlafengehen eine Runde durch das Haus, um zu sehen, ob alle Lichter ausgemacht seien. Zu diesem Zweck ist er auch hierher gekommen. Der Mann hat hier gewartet und ihn niedergeschossen, dann machte er sich durch das Fenster davon, ließ aber sein Gewehr zurück. Das ist meine Ansicht von der Sache, – die einzige, die mir auf Grund der vorliegenden Tatsachen möglich erscheint.«
Der Sergeant hob eine Karte auf, die neben dem Toten auf dem Fußboden lag. Darauf befanden sich nur zwei Buchstaben V V mit der Zahl 341 darunter, grob mit Tinte geschrieben.
»Was ist das?«, fragte er, indem er die Karte hochhielt.
Barker betrachtete sie neugierig.
»Die Karte ist mir noch gar nicht aufgefallen«, sagte er. »Die muß der Mörder hinterlassen haben.«
»V V 341, was kann das wohl bedeuten?«
Der Sergeant drehte sie mit seinen dicken Fingern von einer zur anderen Seite.
»Was ist V V? Jemandes Anfangsbuchstaben wahrscheinlich. Und was haben Sie da, Dr. Wood?«
Es war ein ziemlich großer Hammer, der auf dem Teppich vor dem Kaminfeuer gelegen hatte, ein kräftiges, solides Handwerkszeug. – Cecil Barker wies auf eine Schachtel mit Messingnägeln, die auf dem Kaminsims stand.
»Mr. Douglas hat gestern einige Bilder umgehängt«, sagte er. »Ich sah ihn auf jenem Stuhl stehen und das darüberhängende Bild befestigen. Daher wohl der Hammer.«
»Wir wollen ihn lieber auf den Teppich zurücklegen, wo wir ihn gefunden haben«, bemerkte der Sergeant und kratzte sich verlegen den Kopf. »Wenn wir der Sache auf den Grund kommen wollen, brauchen wir die klügsten Köpfe, die wir in der Polizei haben. Das wird ein Fall für die Londoner Herren werden, denke ich mir.« Er nahm die Handlampe auf und wandelte damit langsam durch das Zimmer. »Hallo!« rief er aufgeregt, indem er den Vorhang zur Seite zog. »Um wieviel Uhr wurden diese Vorhänge zugezogen?«
»Als wir die Lampen anzündeten«, antwortete Ames. »Das wird ungefähr um vier Uhr gewesen sein.«
»Hier hat sich jemand versteckt gehalten, das ist sicher.« Er hielt das Licht zu Boden, wodurch die Spuren schmutziger