Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen & Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe). О. Генри

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Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen &  Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe) - О. Генри

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wie mit warmer Sommerluft, und denke, daß Jesus gesagt hat: Unser Vater.«

      Ihre unruhige Mutterliebe treibt die alte Dame herein. »Kinder, ich ängstige mich. Herzblatt, wie liegst du da!... so... hingeworfen. Harro, warum versteckst du dich vor mir?«

      »Liebe Mutter,« antwortete die Rose, »Harro trägt mich in mein Bett und wacht bei mir. Ich kann nicht allein gelassen werden, ich muß ihn haben... Ich bin wieder hartnäckig, Uli... Komm, Harro, du hast mich doch vorher auch tragen können. Bin ich dir nun zu schwer?«

      »Es tut dir weh, Kind, wenn er dich allein trägt, ich will Märt rufen.«

      »Es tut mir wohl, Uli, wenn er mich trägt.« Und mit einem wundervollen Lächeln streckte sie ihre Arme nach ihm aus. Er hob sie auf und sie legte ihren Kopf auf seine Schulter. Und so trug er sie hinüber. Drüben, ehe er sie ihrer Mutter überließ, neigte er sich noch einmal über sie und flüsterte ihr zu: »Du, du, das war das allerschönste, was du getan hast!« –

      Rosmarie duldete nicht, daß ihr Mann sie diese Nacht verließ. Die alte Dame mußte ihr den Willen tun und Harros Bett auf der Chaiselongue aufschlagen und die neben ihr Bett rücken lassen, und dann mußte Ulrike ins Nebenzimmer gehen und die Tür zumachen. Man würde sie schon rufen, wenn man sie brauchte, Und nun mußte Harro sich auf die Chaiselongue legen, sich feierlich zudecken und ihr seine Hand hinüber geben. Dann wurde dem Vogel Rock sein Kleinod entwunden, dann war es Nacht.

      Rosmaries Wange lehnte an seiner Hand... sie küßte seinen Ring und flüsterte: »Nun schlaf, Harro.«

      »Kannst du das auch befehlen, Liebste?«

      »Ich wollte, ich könnt'«. Nun will ich dich etwas lehren, Harro. Hör einmal. Es ist ein Lied. Friedlich und heiter... Es ist ein altes Lied, es lebt schon mehr als ein Jahrhundert.

      Nun schläfet man.

       Und wer nicht schlafen kann,

       Der bete mit mir an

       Den großen Namen,

       Dem Tag und Nacht

       Wird von der Himmelswacht

       Preis, Lob und Ehr gebracht,

       O Jesu, Amen...

      Es leuchte dir Der Himmelslichter Zier.

       Ich sei dein Sternlein, hier

       Nun kehr ich ein,

       Und dort zu funkeln.

       Herr, rede du allein

       Beim tiefsten Stillesein Zu mir im Dunkeln.«

      Fünfundvierzigstes Kapitel.

       Das schönste Bild

       Inhaltsverzeichnis

      Friedrich stand vor einer Malvenstaude im Garten, die ihre dunkelrote Blumensäule gegen den blauen Himmel abhob. Eine ganze lange Reihe der stolzen Blumen begleitete den Weg und warf ihre spitzen Schatten auf den graugoldenen Sand. Grünlich weiß und brennend purpurrot und rosa waren die Blüten, die sich so fest mit den runden Gesichtern an den graugrünen Stamm drückten.

      Harro legte ihm die Hand auf die Schulter. »Es sind Bauernblumen, Hans, aber wir lieben sie sehr, die Rose und ich.«

      »Sie kommen mir fürstlich und stolz vor,« sagte Hans. »Ja, sie prachtieren, stehen so schön die ganze Reihe entlang, als wären sie Herolde, wenn die Königin kommt.«

      »Sie warten vergeblich, Hans. Sie kommt nicht mehr, die Königin:«

      Der Künstler sah zu seinem Freund auf und rief: »O Harro, du hast wieder deine schönen Augen! Es geht dir besser.«

      »Ich habe mich ausgetobt für eine Weile, aber man muß behutsam sein, daß die Höllenhunde nicht wieder los werden, so ganz zu trauen ist ihnen nicht. Du sollst auch zu Ihrer Durchlaucht kommen, – ich muß so höflich sein, wenn du so höflich bist. Es brennt ihr etwas auf dem Herzen. Laß es dir sagen und muckse nicht, wenn du mich vom Kopf bis zu den Füßen vergoldet präsentiert bekommst. Du mußt versuchen, gläubig zu lächeln und zu schwören, das Porträt wäre äußerst ähnlich. Sonst befriedigst du nicht. Übrigens bin ich gestern ein großer Narr gewesen. Ich mußte doch sehen, daß der Rose sehr viel an dem Lied liegt. Sie strahlte ja ganz auf, und wer müßte nicht dankbar sein, daß ihr eine so große Freude kommt. Zudem ist es auch eine Heuchelei, wenn wir so tun, als wäre sie durch unsere Verbotskünste vor Leiden zu bewahren, wenn mir doch wissen, daß sie hindurch muß.« Der Künstler ging hinein. Ach, heute am Morgen sah man wohl, wie zart sie geworden war. Aber ihre Augen waren herrlich, und die feine Farbe kam und ging auf ihrem Antlitz.

      »Haben Sie auch gesehen, daß es meinem Mann heute ein wenig besser geht?« fragte sie ihn.

      Er bestätigte es mit großem Nachdruck und versuchte ihr von dem heutigen Besuche zu erzählen, den er bei ihrem Vater machen werde, um ihm über das Chorwerk Bericht zu erstatten. Aber sie schien sich dafür nun gar nicht mehr zu interessieren und dann begann sie:

      »Herr Friedrich, ich habe gestern vor Ihnen ein Wort gesagt, das mich sehr unglücklich macht. Ich bin ungeduldig und reizbar gewesen und habe eine sehr notwendige und liebevolle Ermahnung Harros mit einer häßlichen Kränkung erwidert.«

      »Durchlaucht, Harros große Sorge um Sie hat ihn geleitet. Er wollte gewiß kein Freudenstörer sein, und man weiß ja nie vorher, wie eine Musik, die doch nicht ganz einfach ist, wie die meinige, auf zarte Nerven wirkt,« erwiderte Hans Friedrich seiner Instruktion gemäß.

      »Sie haben recht, gewiß, und Harro ist immer so gütig und geduldig mit mir und nur für mich besorgt, deshalb war es doppelt häßlich von mir. Ich begreife mich gar nicht. Harro ist die Güte selbst gegen mich und die zarteste Rücksicht, und wenn er jetzt großen Kummer hat, so ist's auch nur um meinetwillen. Und dann kränke ich ihn ohne Ursache. So sieht meine Dankbarkeit aus. Ich schäme mich den ganzen Morgen, bitter schäme ich mich. Sie haben mich alle mit ihrer Liebe zu sehr verwöhnt. Mein Mann zuerst, dann mein Vater und die Leute.«

      »Grämen Sie sich nicht mehr, Frau Gräfin, ich glaube gewiß, Harro hat es verwunden.«

      »Oh, glauben Sie? Aber er wird vielleicht doch, wenn er etwas sagen muß, darauf warten, ob ich nicht wieder auffahre.«

      Hans Friedrich ertrug seine Rolle nicht mehr länger. Die Königin demütigte sich in den Staub vor ihm... Er wurde ganz rot und rief: »Harro mußte doch fühlen, daß das Lied eine besondere Bedeutung für Sie hatte.« Aber er kam sehr schlecht an. »Gewiß fühlte er das, und gerade darum mußte er fürchten, es schade mir. Je öfter ich in den Spiegel sehe, je häßlicher bin ich.« Harro lehnte plötzlich an der offenen Tür: »Häßlich, wer ist häßlich?«

      »Ich, Harro. Und ich hätte es so nötig, daß ich schöner würde. Ich will doch von dir gemalt sein. Es ist schlimm genug, wenn die Leute krank sind und jedermann mit ihnen Last und Kummer hat und dafür sind sie auch noch reizbar und ausfallend.«

      »Ja,« meinte Harro ernsthaft, »es gibt schlimme Dornrosen.«

      Über ihre Wangen liefen schnelle Tränen. »Es ist sehr traurig, daß es die gibt

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