Gesammelte Werke von Rudyard Kipling. Редьярд Киплинг
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»Er ist da,« sprach Kim, ein bösartiges Kamel auf die Nase knuffend. »Heda, Mahbub Ali!« Er hielt vor einem dunklen Bogen und schlüpfte hinter den erschrockenen Lama.
Der Pferdehändler, der seinen hohen gestickten Bokhaiiot-Gürtel gelöst hatte, lag, träge an einer immensen silbernen Hookah (Wasserpfeife) ziehend, auf einem Paar Satteltaschen aus Seidenteppichen. Er wendete bei dem Ruf ein wenig den Kopf, und da er nur die hohe schweigende Gestalt sah, lachte er halblaut in seinen Bart.
»Allah! Ein Lama! Ein Roter Lama! Es ist weit von Lahore zu den Pässen, was willst Du hier?«
Der Lama hielt mechanisch die Bettelschale hin.
»Gottes Verdammnis über alle Ungläubigen!« rief Mahbub. »Ich gebe keinem lausigen Tibetaner etwas. Bettle bei meinen Baltis da drüben hinter den Kamelen; die wissen vielleicht Deinen Segen zu würdigen. He! Pferdejungen, hier ist ein Landsmann von Euch, fragt, ob er hungrig ist.«
Ein glattköpfiger, gebeugter Balti, der mit den Pferden herunter gekommen und angeblich eine Art degradierter Buddhist war, grinste dem Priester entgegen und bat in tiefen Kehllauten den Heiligen, sich an das Feuer der Pferdejungen zu setzen.
»Gehe,« sagte Kim, ihn leicht fortschiebend, und der Lama schritt dahin und ließ Kim an der Kante des Kreuzganges zurück.
»Geh,« sagte auch Mahbub Ali, zu seiner Hookah zurückkehrend. »Kleiner Hindu, mach’ Dich fort, Verdammnis auf alle Ungläubigen! Bettle bei den Leuten meiner Gefolgschaft, die Deines Glaubens sind.«
»Maharaj,« jammerte Kim, sich der Hindu Anrede bedienend und sich höchlich amüsierend, »mein Vater ist tot, meine Mutter ist tot, mein Magen ist leer.«
»Bettle bei meinen Pferdejungen, sage ich. Es müssen auch Kinder unter meinen Leuten sein.«
»O, Mahbub Ali, bin ich denn ein Hindu?« sagte Kim auf englisch.
Der Händler gab kein Zeichen des Erstaunens. Er blinzelte nur unter seinen zottigen Brauen.
»Kleiner Allerweltsfreund,« sagte er, »was soll das bedeuten?«
»Nichts. Ich bin jetzt der Schüler dieses heiligen Mannes, und wir pilgern zusammen nach Benares, sagte er. Er ist ganz verrückt und ich habe die Stadt Lahore satt. Ich sehne mich nach anderer Luft und Wasser.«
»Aber für wen arbeitest Du? Warum kommst Du zu mir?« Die Stimme war rauh vor Argwohn. »Zu wem sonst sollte ich gehen? Ich habe kein Geld. Ohne Geld ist schlecht reisen. Du wirst den Offizieren viele Pferde verkaufen. Es sind sehr feine Pferde diese neuen, ich sah sie mir an. Gib mir eine Rupie, Mabbub Ali, ich will Dir einen Schuldschein geben und bezahlen, wenn ich zu meinem Reichtum komme.
»Hm,« machte Mahbub Ali, nach kurzem Bedenken. »Du hast mich noch nie belogen. Rufe den Lama – und ziehe Dich zurück in die Dunkelheit.«
»O, wir reden eine Sprache,« lachte Kim.
»Wir gehen nach Benares,« sprach der Lama, sobald er verstand, wo hinaus Mahbub Alis Fragen zielten. »Ich und der Knabe. Ich, um einen gewissen Fluß zu suchen.«
»Mag sein – aber der Knabe?«
»Er ist mein Schüler. Er ward mir gesendet, so glaube ich, um mich zu dem Strom zu leiten. Unter einer Kanone saß ich, als er plötzlich zu mir trat. So etwas ist wohl Glücklichen, denen Führung gewährt wurde, zuteil geworden. Aber ich besinne mich jetzt, er sagte: er wäre von dieser Welt – ein Hindu.«
»Und sein Name?«
»Nach dem fragte ich nicht. Ist er nicht mein Schüler?«
»Sein Heimatland, seine Rasse, sein Dorf, – Muselmann – Sikh – Jaina – niedere Kaste oder hohe?«
»Warum sollte ich fragen? Auf dem mittleren Pfade gibt es weder hoch noch niedrig. Da er mein Chela ist. Kann jemand ihn mir nehmen? Denn siehe! Ohne ihn werde ich meinen Fluß nicht finden.« Er wiegte feierlich sein Haupt.
»Niemand soll ihn Dir nehmen. Gehe, setze Dich zu meinen Baltis,« sprach Mahbub Ali, und der Lama, beruhigt durch dies Versprechen, trottete fort.
»Ist er nicht ganz verrückt?« fragte Kim, wieder vorwärts ins Licht tretend. »Warum sollte ich Dich belügen, Hadje?«
Mahbub paffte schweigend an seiner Hookah. Dann begann er, fast flüsternd: »Umballa liegt auf dem Wege nach Benares – wenn wirklich Ihr beiden dahin geht –«
»Tck! Tck! Ich sage Dir, er versteht nicht zu lügen, wie wir beide es verstehen.«
»Und wenn Du eine Botschaft bis Umballa für mich befolgen willst, werde ich Dir Geld geben. Es betrifft ein Pferd – einen weißen Hengst – den ich einem Offizier auf meiner letzten Rückkehr von den Pässen verkaufte. Aber damals – tritt näher und halte Deine Hände empor, als ob Du betteltest – damals war das Pedigree des weißen Hengstes noch nicht vollständig festgestellt: und der Offizier, der jetzt in Umballa ist, forderte von mir, daß das klargestellt würde.« (Mahbub beschrieb nun das Pferd und das Äußere des Offiziers.) »Also, die Botschaft an den Offizier lautet: »Das Pedigree des weißen Hengstes ist vollständig festgestellt.« Dann wird er wissen, daß Du von mir kommst. Er wird dann fragen: »Welchen Beweis hast Du? Und Du wirst antworten: »Mahbub Ali hat mir den Beweis gegeben.«
»Und das alles um einen weißen Hengst,« kicherte Kim, aber mit flammenden Augen.
»Den Stammbaum will ich Dir jetzt geben in meiner eigenen Weise und etwas Schelten dazu.« Ein Schalten huschte hinter Kim vorbei und ein käuendes Kamel. Mahbub Ali hob die Stimme:
»Allah! Bist Du der einzige Bettler in der Stadt? Deine Mutter ist tot. Dein Vater ist tot. So sprechen sie alle. Na, na« – Er drehte sich um, als fühle er nach etwas auf dem Fußboden neben sich, und warf dem Knaben ein Stück weiches, fettiges, muselmännisches Brot zu. »Gehe nun und lege Dich für diese Nacht zu meinen Pferdejungen, Du und der Lama. Morgen vielleicht werde ich Dich in Dienst nehmen.« Kim schlich sich fort, die Zähne in dem Brot, und wie er erwartet, fand er ein kleines Päckchen zusammengefalteten Papieres, eingewickelt in Wachstafft, nebst 3 Silber-Rupien – eine enorme Großmut!
Er lächelte und schob Geld und Papier in sein ledernes Amulett-Etui. Der Lama, von Mahbubs Baltis reichlich bewirtet, schlief schon in einem Winkel der Ställe. Kim legte sich neben ihn und lachte. Er wußte, daß er Mahbub Ali einen Dienst erwies, und nicht einen Augenblick glaubte er an das Märchen von des Hengstes Stammbaum.
Aber Kim ahnte nicht, daß Mahbub Ali, bekannt als einer der besten Pferdehändler im Punjab, als reicher und unternehmender Handelsmann, dessen Karawanen tief ins Innere weltferner Länder eindrangen, eingeschrieben war in eins der Geheimbücher des indischen Überwachungs-Departements, als C. 25 I. B. Zwei oder dreimal jährlich pflegte C. 25 eine kleine Geschichte einzusenden, trocken erzählt, aber sehr interessant, und in den meisten Fällen erwies sich diese – durch Bestätigung von R. L. 7 und M. 4 – als ganz wahr. Die Geschichten betrafen alle möglichen abgelegenen Gebirgs-Fürstentümer, Forschungsreisende von nicht englischer Nationalität, den Handel mit Waffen – davon handelte, kurz gesagt, ein Teil jener großen Masse