Philosophische und theologische Schriften. Nicolaus Cusanus

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Philosophische und theologische Schriften - Nicolaus Cusanus Kleine philosophische Reihe

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beweisen, und als der Merkur, wie einige sagen, vielleicht auch größer als andere Sterne. Aus ihrem Umfange ist man daher nicht auf ihre Unbedeutendheit zu schließen berechtigt.

      Auch der Einfluß, den sie aufnimmt, beweist nicht ihre Unvollkommenheit, denn als Stern übt auch sie, wie gezeigt ist, auf die Sonne und ihre Region Einfluß aus, und da unsere unmittelbare Wahrnehmung keine andere ist, als daß wir im Zentrum sind, wo alle Einflüsse zusammenströmen, so haben wir von jenem Einflusse keine Erfahrung. Verhält sich die Erde wie die Möglichkeit, die Sonne wie die Seele oder geistig bildende Kraft, der Mond als die vermittelnde Verbindung, so daß diese zu einer Region gehörenden Sterne durch gegenseitigen Einfluß vereinigt sind, und diese Einfluß auf andere Sterne, den Merkur und die Venus und die andern über ihnen stehenden (nach der Ansicht der Alten und auch einiger Neueren) mitteilen, so ist das Verhältnis des Einflusses der Art, daß der eine Stern ohne den andern nicht bestehen kann. Der Einfluß wird daher ein einiger und dreifacher, in jedem einzelnen Sterne nach seinen Graden sein. Daraus geht hervor, der Mensch könne nicht wissen, ob die Region der Erde sich in einem vollkommeneren oder weniger vollkommenen Grade, im Verhältnis zu den Regionen der andern Sterne, der Sonne, des Monds etc. befinde. Dasselbe gilt von der Erde als Wohnplatz. Es läßt sich nicht sagen, daß die Erde ein Wohnplatz von Menschen, Tieren und Pflanzen sei, die graduell geringer sind als die Bewohner der Region der Sonne und anderer Sterne. Denn, wenn gleich Gott das Zentrum und die Peripherie aller Sternenregionen ist, und von ihm Naturen von verschiedenem Werte ausgehen, so daß jede Region bewohnt, und soviele Räume des Himmels und der Sterne nicht leer an Wesen sind, und wohl nicht diese Erde allein von geringeren Wesen bewohnt ist, so scheint es doch keine edlere und vollkommenere Natur als die geistige, die sich auf unserer Erde vorfindet, zu geben, mögen auch Geschöpfe ganz anderer Art in andern Sternen wohnen, denn der Mensch hat kein Verlangen nach einer andern Natur, er will nur in seiner Natur vollkommen sein. Es stehen daher die Bewohner anderer Sterne, wie sie nun auch sein mögen, in keinem Verhältnis (improportionabiles sunt) zu den Bewohnern dieser Erde, wenn auch jene ganze Region zu der ganzen der Erde für den Zweck des Universums in einem verborgenen Verhältnis stehen mag, auf daß die Bewohner der Erdenregion zu den Bewohnern anderer Sterne durch Vermittlung der universellen Region in einem gegenseitigen angemessenen Verhältnis stehen, wie die einzelnen Glieder der Finger durch Vermittlung der Hand in einem Verhältnis zum Fuße und die Zehen mittels des Fußes in einem Verhältnis zur Hand stehen, so daß alles die Proportionen eines vollständigen lebenden Wesens annimmt. Da nun jene ganze Region uns unbekannt ist, so bleiben auch die Bewohner derselben uns ganz unbekannt, wie auch auf dieser Erde die Tiere einer Spezies, indem sie gleichsam eine spezifische Region bilden, sich vereinigen, und wechselseitig an dem, was zu dieser Region gehört, partizipieren, von andern Spezies aber nichts annehmen. Ein Geschöpf einer Spezies kann nicht die Natur einer andern, die sich durch bestimmte Laute kennzeichnet, erfassen, außer in ganz wenigen Zeichen äußerlich, und auch dann nur nach langer Übung und nur annähernd. Aber noch weit weniger können wir von den Bewohnern einer andern Region, die in keinem Verhältnis zu uns stehen, wissen. Wir nehmen an, in der Region der Sonne seien mehr sonnige (solares), klare, lichte, geistige Bewohner, geistiger als im Monde, wo mehr mondartige (lunatici), und auf der Erde, wo mehr materielle und massive (grossi) Wesen wohnen. Die geistigen Sonnennaturen wären in hohem Grade in Wirksamkeit, wenig in bloßer Möglichkeit, bei den Erdenbewohnern wäre die Möglichkeit überwiegend über die Wirksamkeit, die Mondbewohner bewegten sich unstet (fluctuantes) in der Mitte von beiden. Dies vermuten wir aus dem Feuereinflusse der Sonne, dem Einflusse von Wasser und Luft aus dem Monde und der materiellen Schwere der Erde; ähnlich bei den Regionen anderer Sterne. Wir nehmen an, kein Stern sei unbewohnt. Der partikularen Teile des einen Universums sind so viele, als viele Sterne es gibt, sie lassen sich nicht zählen, außer durch den, der alles in der Zahl erschaffen hat.

      Auch die Zerstörung der Dinge auf der Erde ist kein gültiger Beweis der geringen Beschaffenheit der Erde. Denn da die Welt ein Universum ist, und alle einzelnen Sterne gegenseitigen Einfluß aufeinander ausüben, so ist es nicht ausgemacht, daß irgend etwas ganz und gar zerstörbar ist, wohl aber kann es in eine andere Seinsweise übergehen, wenn die konkreten Einwirkungen in einem Individuum sich auflösen, so daß die Weise, so oder so zu sein, aufhört, ohne daß ein eigentlicher Tod eintritt, wie schon Virgil sagt. Denn der Tod scheint nichts anderes zu sein als eine Auflösung des Zusammengesetzten in die Elemente der Zusammensetzung. Ob eine solche Auflösung nur bei den Erdenbewohnern stattfinde, wer kann das wissen? Einige sagten, es gebe so viele Arten der Dinge auf Erden, als Sterne sind. Wenn nun der Einfluß aller Sterne in allen einzelnen Arten der Erdenwesen seinen konkreten Ausdruck findet, warum soll nicht Ähnliches in den Regionen anderer Sterne, welche den Einfluß der übrigen Sterne aufnehmen, stattfinden? Wer kann wissen, ob die konkrete Gestaltung aller dieser Einwirkungen, die zuerst eine Zusammensetzung (zu einem Individuum) ist, in Auflösung übergehe, so daß ein lebendes Erdenwesen von irgendeiner Art sich auflöse, oder ob es zu seinen Prinzipien (Elemente) zurückkehre, indem das Bildungsprinzip zu dem besonderen Sterne, von dem jene Art auf der Erde wirkliches Sein erlangt hatte, zurückkehrt? Oder ob dieses Bildungsprinzip zu seinem Urbilde, der Weltseele (nach den Platonikern), oder zur Möglichkeit der Materie zurückkehrt, während der die Einigung bewirkende Geist in der Bewegung der Sterne verbleibt und zu einigen aufhört, indem er sich wegen Untauglichkeit der Organe oder aus einem andern Grunde zurückzieht und somit aus der nunmehr entgegengesetzten Bewegung Trennung verursacht? Oder ob die gestaltenden Prinzipien (formae) jeder Region in einem höhern Prinzip, etwa dem geistigen, ihren Stützpunkt finden (quiescant) und durch dieses das Ziel der Welt erreichen, während dieses höhere Prinzip sein Ziel in Gott findet. Dieses letztere erhebt sich vielleicht zur Peripherie, die Gott ist, hinauf, während der Körper nach dem Zentrum, wo wieder Gott ist, hinabsinkt, so daß die Bewegung von allem nach Gott hin geht, in welchem dereinst, wie Zentrum und Peripherie in Gott eines sind, der Körper, wenn er gleich zum Zentrum hinabzusinken schien, und die Seele, die sich zur Peripherie erhoben, wieder vereinigt werden, indem alsdann nicht jegliche Bewegung, sondern nur die des Geschlechtlichen aufhört. Der alles einigende Geist kehrt zurück und verbindet die Möglichkeit wieder mit dem belebenden Prinzip, das ihr im Leben angehört hatte. Alles das kann kein Mensch aus sich wissen, wenn er nicht eine besondere Belehrung darüber von Gott erhalten hat. Zweifelt auch niemand daran, daß der gute Gott alles für sich (ad se) erschaffen hat und nicht will, daß eines seiner Werke zugrunde gehe, und wissen wir gleich, daß er der reiche Vergelter aller seiner Verehrer sei, so kennt doch die Art der göttlichen Wirksamkeit, der gegenwärtigen und zukünftigen Vergeltung nur Gott allein, er allein weiß, wie seine Wirksamkeit ist. Hierüber will ich jedoch nach dem Maße der göttlichen Eingebung weiter unten noch einiges sagen.

      DREIZEHNTES KAPITEL

      Von der wunderbaren göttlichen Kunst

      in Erschaffung der Welt und der Elemente

      Da es die einstimmige Ansicht der Philosophen ist, daß wir durch die sichtbare Welt, die Größe, Schönheit und Ordnung der Dinge zur Bewunderung der Göttlichen Kunst und Herrlichkeit hingerissen werden, und nachdem wir einige Kunstwerke der göttlichen Weisheit bei Erschaffung des Universums besprochen haben, so wollen wir zur Erhöhung dieser Bewunderung noch einiges über die Lage und Ordnung der Elemente beifügen.

      Gott hat sich bei Erschaffung der Welt der Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie bedient, Künste, die auch wir jetzt anwenden, wenn wir die Verhältnisse der Dinge, der Elemente und Bewegungen erforschen. Durch die Arithmetik hat er die Dinge in ein Ganzes gebracht (coadunavit), durch die Geometrie hat er sie geformt (figuravit), daß sie Festigkeit, Bestand und Beweglichkeit, je nach ihrer Beschaffenheit, erlangten. Durch die Musik hat er sie in solche Verhältnisse gebracht, daß nicht mehr Erde in der Erde ist als Wasser im Wasser, Luft in der Luft, Feuer im Feuer, und daß kein Element sich ganz in das andere auflösen läßt, woher es kommt, daß der Weltbau nicht untergehen kann. Wiewohl ein Teil des einen sich in ein anderes auflösen läßt, so kann doch nie die ganze Luft, die mit Wasser vermischt ist, in Wasser verwandelt werden, weil die umgebende Luft dies verhindert. Gott hat es daher bewirkt, daß nur Teile der Elemente wechselseitig aufgelöst werden; geschieht

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