Philosophische und theologische Schriften. Nicolaus Cusanus

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Philosophische und theologische Schriften - Nicolaus Cusanus Kleine philosophische Reihe

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des Universums, die Arten nicht das Höchste der Gattungen, die Individuen nicht das Höchste der Arten, so daß es alles das, was es ist, auf die beste Art wäre, zwischen dem Größten und Kleinsten, und Gott Anfang, Mitte und Ende des Universums und jedes einzelnen, auf daß alle Dinge, sie mögen nach oben oder nach unten oder nach der Mitte streben, sich Gott nähern. Wohl aber besteht eine Verbindung aller Dinge durch ihn; alles noch so Verschiedene ist verbunden. Unter den Gattungen, die der konkrete Ausdruck des einen Universums sind, besteht eine solche Verbindung der niedern und höhern, daß sie in der Mitte koinzidieren. Die verschiedenen Arten sind so geordnet, daß die oberste Art einer Gattung mit der untersten der nächsthöheren koinzidiert, wodurch in einer Kontinuität die Vollkommenheit des Universums sich darstellt. Jede Verbindung ist aber graduell, und man gelangt nicht auf die größte, weil diese Gott ist. Es sind daher verschiedene Arten der niedern und höhern Gattung nicht in einem gewissen Unteilbaren verbunden, das kein Mehr oder Weniger zuläßt, sondern in einer dritten Art, dessen Individuen graduell verschieden sind, so daß keines derselben gleichmäßig an jeder Art, als wäre es ein aus beiden Arten Zusammengesetztes, partizipiert, sondern es ist in seinem Grade der konkrete Ausdruck einer besondern Art, die im Vergleich zu den übrigen aus der niedern und höhern zusammengesetzt scheint. Keine Art steigt demnach zum Minimum einer Gattung hinab, denn bevor sie dieses wird, verändert sie sich in eine andere. Wenn in der Gattung der lebenden Wesen die Menschenart daran ist, sich im Gebiete des rein Sinnlichen auf eine höhere Stufe zu erheben, geht sie plötzlich die Verbindung mit der geistigen Natur ein, doch bleibt die niedere Seite überwiegend, weshalb sie noch lebendes Wesen (animal) genannt wird … Die Arten sind daher wie eine progressive Zahl, die notwendig begrenzt ist, so daß Ordnung, Harmonie und Proportion bei aller Verschiedenheit besteht, und man muß zuletzt zu der untersten Art der niedrigsten Gattung, die in Wirklichkeit die kleinste ist, und zu der obersten Art der höchsten Gattung, die ebenso in Wirklichkeit die höchste ist, über der es jedoch noch eine kleinere oder größere geben könnte, kommen, ohne Progression ins Unendliche, so daß wir, wir mögen nun nach oben oder nach unten zählen, mit der absoluten Einheit, die Gott ist, als dem Prinzip aller Dinge den Anfang machen. Die Arten sind dann gleichsam die bei dem Fortschritt von dem Kleinsten (das das Größte ist), oder von dem Größten, dem kein Kleinstes entgegensteht, uns entgegentretenden Zahlen, so daß nichts im Universum ist, das sich nicht eines gewissen singulären Seins erfreute, das sich in keinem andern Wesen findet. Kein Wesen vereinigt alles in allem, keines das Entgegengesetzte auf eine gleiche Weise, keines kann mit irgendeinem andern zu irgendeiner Zeit ganz gleich sein, wenn es auch zu einer Zeit weniger, zu einer andern Zeit mehr als das andere ist. Diesen Übergang macht es in einer gewissen Singularität des Seins, ohne je die präzise Gleichheit zu erreichen. So geht ein in einen Kreis beschriebenes Viereck zur Größe eines um den Kreis beschriebenen über: Aus dem Viereck, das weniger als ein Kreis ist, geht es über zu dem Viereck, das größer als der Kreis ist, ohne jedoch je zur Gleichheit mit jenem zu gelangen. Der Einfallswinkel erhebt sich aus einem Winkel, der kleiner als ein rechter ist, zu einem solchen, der größer als ein rechter ist, ohne die volle Gleichheit zu erreichen. Mehreres hierüber in dem Buche über die Mutmaßungen. Es können nämlich die individualisierenden Prinzipien in keinem Individuum in derselben harmonischen Proportion wie in einer andern zusammentreffen, so daß jedes Wesen für sich eine Einheit, und in seiner Weise vollkommen ist. Wenn sich gleich in einer Art, z. B. der Menschenart, zu einer bestimmten Zeit einige finden, die vollkommener und in gewisser Hinsicht hervorragender sind als andere, wie Salomon alle an Weisheit, Absalon an Schönheit, Samson an Stärke übertroffen hat, und wenn die geistig Hervorragenden von den übrigen geehrt wurden, so können wir doch, weil die Verschiedenheit der Ansichten nach der Verschiedenheit der Religionen, Sekten und Gegenden verschiedene Urteile erzeugt, so daß, was nach dem einen Gesichtspunkte Lob, nach einem andern Tadel erlangt, und weil uns die auf der ganzen Welt zerstreuten Menschen unbekannt sind, nicht sagen, wer unter allen der Vortrefflichste sei, da wir ja nicht einmal einen aus allen vollkommen zu erkennen imstande sind. Dies ist von Gott so angeordnet, auf daß jeder in sich selbst Genüge finde, wenn er gleich andere bewundert, und auf daß ihm in seinem Heimatlande sein Geburtsort viel schöner vorkomme, ebenso hinsichtlich der Landesgebräuche, Landessprache etc. So herrscht Einheit und Friede ohne Mißgunst, soweit dies nur immer möglich ist; denn vollkommen herrscht der Friede nur bei denen, die mit dem herrschen, der unser alle Sinne übersteigender Friede ist.

      ZWEITES KAPITEL

      Das Größte, konkret und absolut zugleich, Schöpfer und Geschöpf

      Es ist hinlänglich gezeigt, daß das Universum nur in konkret Vielem besteht, das in Wirklichkeit von der Art ist, daß keines das schlechthin Größte erreicht.

      Ich füge nun bei: Wenn man sich das Größte konkret in einer bestimmten Art (species) wirklich existierend denkt, so wäre es, entsprechend dem Charakter der gegebenen konkreten Art, in Wirklichkeit alles, was in der ganzen Möglichkeit jener Gattung oder Art liegt ; denn das absolut Größte ist alles, was möglich ist, in absoluter Wirklichkeit. Dieses Größte in konkreter Erscheinung einer Gattung oder Art ist zugleich in Wirklichkeit die höchstmögliche Vollkommenheit derselben, entsprechend dem gegebenen Konkreten. Da es in dem Berichte derselben kein Größeres gibt, so umfaßt sie unendlich die ganze Natur des gegebenen Konkreten. Wie das absolut Kleinste mit dem absolut Größten koinzidiert, so auch das konkret Kleinste mit dem konkret Größten. Ein ganz deutliches Beispiel hiervon ist die größte Linie, die keinen Gegensatz zuläßt, jeder Figur gleich und das adäquateste Maß von allen ist, mit der der Punkt koinzidiert, wie wir im ersten Buche gezeigt haben. Wäre daher das konkret Größte ein Individuum irgendeiner Art, so müßte dieses die Vollkommenheit der ganzen Gattung oder Art sein, das Leben, das Prinzip, die Idee und Wahrheit in höchster Vollendung von allem, was diese Art als Möglichkeit in sich begreift. Dieses konkret Größte wäre über alle Natur der Konkretheit hinaus deren Höhepunkt (terminus finalis) und würde ihre ganze Vollkommenheit in sich fassen. Jedem Gegebenen wäre es, über alle Proportion erhaben, vollkommen gleich, nicht größer, nicht kleiner, als Jegliches; die Vollkommenheit von allem würde es in ganzer Fülle in sich fassen. Hieraus erhellt, daß das konkret Größte nicht als rein Konkretes (pure contractum) gelten kann, nach dem kurz vorhin Gezeigten, wonach kein Konkretes innerhalb der Grenze der Gattung oder Art die höchste Vollkommenheit erreichen kann, aber auch als konkret nicht Gott, der absolut ist, sein kann. Es wäre somit notwendig das konkrete Größte, das ist: Gott und Geschöpf, absolut und konkret, in einer Konkretheit, die nicht aus sich Bestand hätte, ruhte sie nicht in der absoluten Größe. Denn es gibt, wie im ersten Buche gezeigt ist, nur ein Größtes, durch welches das Konkrete Größtes genannt werden kann. Wenn nun die größte Macht das Konkrete so mit sich eint, daß es, unbeschadet der beiderseitigen Naturen, nicht noch mehr geeint sein könnte, und daher das so Geeinte mit Beibehaltung der Natur der Konkretheit die konkrete und erschaffene Vollkommenheit einer bestimmten Art, infolge der hypostatischen Einigung aber zugleich Gott und Alles ist, so würde diese wunderbare Einigung all unsern Verstand übersteigen. Denn denkt man sie als eine Vereinigung von Entgegengesetztem (quemadmodum diversa uniuntur), so wäre dies ein Irrtum; denn das absolut Größte ist kein anderes oder Verschiedenes, da es alles ist. Denkt man sie als zwei, die vorher getrennt, jetzt verbunden (coniuncta) sind – gefehlt! Denn in der Gottheit ist kein Vorher und Nachher, auch ist sie nicht dieses mehr als jenes. Das Konkrete konnte auch nicht vor der Vereinigung dieses oder jenes sein, denn es ist eine in sich bestehende individuelle Persönlichkeit. Jene Vereinigung ist endlich auch nicht die Verbindung von Teilen zu einem Ganzen, da Gott kein Teil sein kann. Wer sollte daher diese wunderbare Vereinigung begreifen, die auch nicht wie die Verbindung der Form mit der Materie ist, da Gott als absolut sich mit der Materie nicht vermengen kann! Sie ist daher erhabener als alle denkbaren Vereinigungen. Das Konkrete besteht hier, da es das Größte ist, nur in dem absolut Größten, ohne diesem einen Zuwachs zu geben, da es das absolut Größte ist, ohne in dessen Natur überzugehen, da es konkret ist. Das Konkrete ruhte (subsisteret) demnach in dem Absoluten in der Weise, daß, wenn wir es uns als Gott vorstellten, dies irrig wäre, da das Konkrete seine Natur nicht aufgibt; dächten wir es als diese Natur (si ipsam esse imaginaremur), so irrten wir, da das absolut Größte, Gott, dieser Natur nicht

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