Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann. E. T. A. Hoffmann
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann страница 24
Ich. Berganza – das ist zu gräßlich – selbst deine Physiognomie – unterlasse, ich bitte dich, ein gewisses Rollen deiner übrigens geistreichen Augen. –
Berganza. Jetzt keine Unterbrechung, mein Freund! Höre lieber das geheimnisvolle grausige Hexenlied, das ich noch treu im Gedächtnis trage.
»Eulen-Mutter! Eulen-Mutter!
Eulen-Mutter hergeflogen,
Junker hat den Sohn betrogen,
Sohn muß Sohnes Mutter sühnen,
Blut in Glut ist bald erschienen.
Eulen-Mutter! Eulen-Mutter!
Eulen-Mutter hergeflogen!
Hat der rote Hahn gelogen,
Muß den Hahn der Kater würgen,
Mutter stellt den treuen Bürgen.
Eulen-Mutter! Eulen-Mutter!
Eulen-Mutter hergeflogen!
Ist im Fünf die Sieb'n gewogen.
Kobold, Salamander weichen,
Seht sie durch die Lüfte streichen.
Eulen-Mutter! Eulen-Mutter!«
So lauteten die Worte des Gesanges, den die sieben Furchtbaren abkreischten. Hoch durch die Lüfte erscholl es: »O mein Sohn Montiel, trotze dem Junker, trotze dem Junker!« – Da sprang, grimmig schnaubend und Funken prustend, der schwarze Kater auf mich zu; ich aber nahm meine Kraft zusammen, und da ich nun eine besondere Stärke und Geschicklichkeit in meinen Vordertatzen (Tatze gefällt mir viel besser als das weichliche weibliche: Hand! Könnte ich nur sagen: der Tatz, aber das verbieten eure frisierten Adelunge!) – ich wollte sagen: da ich nun eine besondere Stärke und Geschicklichkeit in meinen Vordertatzen besitze, so trat ich meinen Feind zu Boden und packte ihn mit meinem scharfen Gebiß fest, das lumpichte Raketenfeuer nicht achtend, das nun aus Nase, Auge, Maul und Ohr prasselnd emporfuhr. Da heulten und schrien im schneidenden Jammer die Hexen und warfen sich zur Erde und rissen die schlotternden Brüste blutig mit den langen Nägeln der knöchernen Finger. Ich aber ließ meinen Fang nicht fahren. – Ein Flattern – ein Brausen in der Luft. – Auf einer Eule herab kommt ein altes graues Mütterlein, ganz anders wie die übrigen gestaltet. Das verglaste Auge lacht gespenstisch in mich hinein. »Montiela!« kreischen die Sieben – ein Schlag zuckt durch meine Nerven – ich lasse den Kater los. – Ächzend und schreiend fährt er davon auf einem blutroten Lichtstrahl. Dicker Dampf umquillt mich – ich verliere Atem – Besinnung – ich sinke hin. –
Ich. Berganza, halte ein; deine Darstellung hat fürwahr ein lebhaftes Kolorit; ich sehe die Montiela – die Flügel ihrer Eule wehen mir eine gewisse schauerliche Kälte zu – ich kann nicht leugnen, daß ich mich nach deiner gänzlichen Befreiung sehne.
Berganza. Als ich wieder zur Besinnung kam, lag ich an der Erde; ich konnte keine Pfote regen, die sieben Gespenster saßen am Boden gekauert um mich herum und streichelten und drückten mich mit ihren Knochenfäusten. Meine Haare trieften von einer ekelhaften Fettigkeit, womit sie mich gesalbt hatten, und ein unbeschreibliches Gefühl durchbebte mein Inneres. Es war, als müsse ich aus meinem eignen Körper herausfahren, zuweilen sah ich mich ordentlich als ein zweiter Berganza daliegen, und das war ich wieder selbst, und der Berganza, der den andern unter den Fäusten der Hexen sah, war ich auch, und dieser bellte und knurrte den liegenden an und forderte ihn auf, doch tüchtig hineinzubeißen und mit einem kräftigen Sprunge aus dem Kreise herauszufahren – und der liegende – doch! – was ermüde ich dich mit der Beschreibung eines Zustandes, der, durch höllische Künste hervorgebracht, mich in zwei Berganzas teilte, die miteinander kämpften.
Ich. Soviel ich aus deinem frühern Leben, aus den Worten der Cannizares, aus den Umständen des Hexenkongresses abnehmen kann, war es auf nichts anders abgesehen, als dir eine andere Gestalt zu geben. Der Sohn Montiel, für den sie dich nun einmal hielten, sollte vielleicht als ein schmucker Junge erscheinen, und darum salbten sie dich mit jenem bekannten Hexenöl, das solche Verwandlungen hervorzubringen vermag.
Berganza. Du hast ganz recht geraten, denn indem die Hexen mich streichelten und drückten, sangen sie in hohlen wimmernden Tönen ein Lied, dessen Worte auf meine Verwandlung hindeuteten:
»Söhnlein! Uhu läßt grüßen,
Uhu hat Kater gebissen! –
Söhnlein, hab' wohl acht,
Mutter hat was mitgebracht.
Söhnlein, den Hund laß liegen,
Hui! – mußt den Junker betrügen,
Dreh' dich, Spuk und Graus,
Söhnlein, fahr nur fix heraus.«
Und so oft das Lied zu Ende war, schlug die Alte auf der Eule die knöchernen Fäuste klappernd zusammen, und ihr Geheul durchschnitt in wildem Jammer die Lüfte. Meine Qual wuchs mit jedem Augenblick; da krähte im nächsten Dorfe der Hahn; ein roter Schimmer durchflog den Osten, und brausend und sausend fuhr das Gesindel durch die Luft, daß in einem Moment der ganze Spuk zerstoben und verflogen war und ich einsam und entkräftet an der Heerstraße lag.
Ich. Wahrhaftig, Berganza, die Szene hat mich angegriffen, und daß du in deiner Betäubung die Hexenlieder so gut gemerkt hast, das nimmt mich wunder.
Berganza. Außerdem daß sie die Hexenverse hundertmal abkreischten, so war es ja eben der starke Eindruck, die Qual der vergeblichen Zauberkünste, die mir alles tief einprägen und so meinem ohnehin nur zu treuen Gedächtnis zu Hilfe kommen mußte. – Das eigentliche Gedächtnis, höher genommen, besteht, glaube ich, auch nur in einer sehr lebendigen, regsamen Phantasie, die jedes Bild der Vergangenheit mit allen individuellen Farben und allen zufälligen Eigenheiten im Moment der Anregung hervorzuzaubern vermag. Wenigstens hörte ich dies von einem meiner gewesenen Herren behaupten, der ein erstaunliches Gedächtnis hatte, unerachtet er selten Namen und Jahrzahlen behielt.
Ich. Er hatte recht, dein Herr, und also