Die Kreuzritter. Henryk Sienkiewicz
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Der Herrenhof bestand aus einer ungeheuern Halle, zwei geräumigen Stuben, aus Kammern und aus einer Küche. In den Stuben waren Fenster aus Schweinsblase, in der Mitte einer jeden, aus dem aus Lehm gebildeten Fußboden, standen Feuerherde, deren Rauch durch eine Spalte in der Decke seinen Ausgang fand. Diese völlig geschwärzte Decke diente in besseren Zeiten gewöhnlich auch als Rauchkammer, denn an den in das Gebälk geschlagenen Haken hingen dann Schweinskeulen, Keulen von Wildschweinen, von Bären, Elentieren, Hirsch- und Rehrücken, das Hinterteil von Ochsen und ganze Reihen Würste. In Bogdaniec freilich waren diese Haken jetzt leer, leer waren auch die in die Wände eingelassenen hölzernen Schäfte, auf welchen in andern »Höfen« Schüsseln aus Zinn oder Thon zu stehen pflegten. Nur die Wände unter den Schäften waren nicht mehr kahl, weil auf Zbyszkos Befehl hin die Leute sowohl die Panzer wie die Helme, kurze und lauge Schwerter daran aufgehängt hatten, nicht zu vergessen die Piken, die Bogen, die Lanzen, die Schilde, die Wappen und die Pferdedecken. Wohl mochte der Rauch nun mit der Zeit die Waffen schwärzen, so daß es häufiger nötig ward, sie zu putzen, aber dagegen hatte man sie auch rascher zur Hand, und der Wurm konnte dem Holze an den Lanzen, den Bogen und den Beilen nichts anhaben. Die kostbaren Gewänder ließ der fürsorgliche Macko jedoch in die Kammer bringen, in der er schlief.
In den vorderen Stuben standen in der Nähe der Fenster Tische aus Fichtenholz gezimmert und ebensolche Bänke, auf denen sich die Herren und die Knechte gemeinsam zum Speisen niederließen. Wenn nun aber auch die Leute durch die langen Kriegsjahre jede Bequemlichkeit entbehren gelernt hatten, gebrach es doch in Bogdaniec an Brot, Mehl und an den verschiedenen andern Vorräten, vornehmlich aber auch an Geschirr. Die Bauern trugen freilich herbei, was in ihren Kräften stand; außerdem rechnete Macko darauf, daß ihm die Nachbarn behilflich sein würden – und er täuschte sich nicht, wenigstens nicht in Betreff von Zych aus Zgorzelic.
Am Tage nach der Heimkehr saß der alte Edelmann just auf einen Baumstumpf vor dem Hause, um das herrliche Herbstwetter zu genießen, als Jagienka mit Wangen wie ein rotbäckiges Aepfelchen auf ihrem Rappen in den Vorhof sprengte. Ein Knecht, der in der Nähe des Zaunes Holz spaltete, wollte ihr vom Pferde helfen, allein sie sprang wie der Blitz zur Erde und eilte, ein wenig atemlos von dem schnellen Ritte, auf Macko zu.
»Gelobt sei Jesus Christus! Ich bringe Euch Grüße vom Vater, der sich nach Eurer Gesundheit erkundigen läßt.«
»Nicht besser ist es mir, als es mir unterwegs ging,« antwortete Macko, »allein man schläft doch in seinen eigenen vier Wänden.«
»Ihr müßt aber ja große Beschwerden leiden, und ein Kranker bedarf der Pflege.«
»Wir sind hart gewöhnt. Freilich im Anfange muß man jeder Bequemlichkeit entbehren, allein es fehlt auch an Nahrungsmitteln. Ich gab indessen Befehl, einen Ochsen und zwei Schafe zu schlachten, dann haben wir genug Fleisch. Die Frauen der Bauern brachten übrigens Mehl und Eier, doch immerhin nur wenig, und vor allem gebricht es uns an dem gewöhnlichsten Geräte und Geschirr.«
»Zwei Wagen ließ ich für Euch voll laden. Auf dem einen kommen Polster für Euch beide zum Schlafen, Geräte und Geschirr, auf dem andern allerlei Nahrungsmittel. Und was habe ich nicht alles für Euch bestimmt! Fladen und Mehl, und Speck, und getrocknete Pilze, und ein Fäßchen Bier, und Honig, kurz, von allem, was wir im Hause haben, erhaltet Ihr etwas.«
Macko, dem jede Zufuhr willkommen war, streckte die Hände aus, strich Jagienka über das Haar und sagte: »Gott lohne es Dir und Deinem Vater. Sobald die Wirtschaft wieder in gutem Stande ist, geben wir alles zurück.«
»Was fällt Euch denn ein!«
»Nun, so möge Euch Gott reichlich dafür lohnen. Der Vater erzählte mir, wie gut Du zu wirtschaften verstehst. Du herrschst nun fast ein Jahr allein über Zgorzelic.«
»Je nun! Wenn Euch noch irgend etwas nötig ist, schickt jemand, jedoch nur einen, der weiß, um was es sich handelt, denn das ist doch thöricht, daß bisweilen ein Abgesandter kommt und nicht weiß, weshalb er geschickt wird.«
Nach diesen Worten sah Jagienka etwas zaghaft umher, und Macko, der dies bemerkte, fragte lächelnd: »Nach wem schaust Du umher?«
»Nach keinem Menschen.«
»Ich sende Zbyszko zu Euch. Er möge Zych und Dir in meinem Namen danken. Gefällt Dir Zbyszko? Wie?«
»Ei, ich habe ihn noch nie angesehen.«
»So thue das jetzt, denn just kommt er.«
In der That kam Zbyszko von der Tränke, zu der die Pferde geführt worden waren, zurück und verdoppelte seine Schritte, als er Jagienka gewahr wurde. In ein Gewand von Elentierhaut gekleidet, eine runde Mütze auf dem Haupte, wie sie unter dem Helme getragen zu werden pflegte, mit über der Stirn gerade geschnittenen, in goldenen Ringeln frei über die Schulter herabwallenden Haaren, die von keiner Netzhaube gehalten wurden, näherte er sich dem jungen Mädchen hoch aufgerichtet, stattlich, einem Schildknappen aus edlem Hause zu vergleichen. Jagienka wich unwillkürlich zu Macko zurück, wie um zu zeigen, daß sie nur zu ihm gekommen sei, allein Zbyszko begrüßte sie fröhlich, ergriff ihre Rechte und führte diese trotz des ihm geleisteten Widerstandes an die Lippen.
»Weshalb küßt Ihr mir die Hand?« fragte sie. »Bin ich denn ein Diener des Herrn?«
»Wehrt Euch nicht, das ist nun so einmal der Brauch.«
»Und selbst wenn er Dir auch noch die andere Hand küßte,« warf Macko ein, »wäre es nicht zu viel für das, was Du gebracht hast.«
»Was brachte sie denn?« rief Zbyszko, der, trotzdem er seine Blicke umherschweifen ließ, nichts sah, als das Mädchen und dessen an dem Zaune festgebundenen Rappen.
»Die Wagen sind noch nicht eingetroffen, aber sie kommen,« entgegnete Jagienka.
Nun begann Macko aufzuzählen, was ihnen alles zugeschickt werde, als er indessen die beiden Polster erwähnte, erklärte Zbyszko: »Wenn ich auch gern auf gereinigten Häuten