National Geographic Bildband: Vogelreich. 300 berührende Fotografien vom Aussterben bedrohter Vögel.. Noah Strycker
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Doch aus der Nähe gesehen enthüllen die Tiere eine Unmenge an Merkmalen, die wir für gewöhnlich uns selbst vorbehalten. Sie zeigen Gesichtsausdrücke, Stimmungen und Persönlichkeit. Manche sind scheu, andere neugierig, wieder andere sehen schlicht hungrig aus. Da scheint ein Brillenpinguin höflichst um einen Fisch zu bitten, während Hausgimpel und Großer Gelbschenkel eine eher kesse Pose einnehmen.
Einige dieser Interpretationen sind zweifelsohne anthropomorphischer Natur; wir projizieren unsere Sichtweise der Dinge auf die Tiere, die kaum wissen können, dass ihre Bilder veröffentlicht werden. Nichtsdestotrotz zeigen Vögel tatsächlich Gefühle, den unseren vielleicht ähnlich, und wer das leugnet, impliziert damit, dass Tiere das nicht können, nur weil wir es können. Sie dürfen in die hier abgebildeten Fotos also ruhig Emotionen hineinlesen.
Lassen Sie sich von Joels Bildern auch zum Staunen anregen. Einige der Vögel sind selten und in der Natur kaum zu sehen. Andere, wie die Socorrotaube, sind vom Aussterben bedroht und haben nur in menschlicher Obhut überlebt. Ihre Porträts erinnern an eine heikle Existenz. Die meisten Vögel aber sind in ihren natürlichen Lebensräumen zu finden und über den ganzen Globus verbreitet. Es tut so gut zu wissen, dass diese Lebewesen real sind und die Welt mit uns teilen.
Ich hege die größte Bewunderung für Joels ambitioniertes Projekt, jede Tierspezies in Gefangenschaft zu fotografieren. Er ist ein moderner Audubon, der uns die kostbaren Wunder der Natur vor Augen führt.
Sehen Sie sich die Vögel näher an. In diesem Buch sind sie nur ein paar Zentimeter entfernt und erwidern Ihren Blick.
Großer Gelbschenkel (Tringa melanoleuca), nicht gefährdet
1 / EIN VOGEL – WAS IST DAS?
EVOLUTION / IDENTITÄT / DIVERSITÄT
KONSTRUKTION IN PERFEKTION
Mit ihren prächtigen Farben, dem wunderschönen Gesang, der Gabe des Flugs und dem körperlichen Durchhaltevermögen, Tausende von Kilometern auf Zugrouten zurückzulegen, sind Vögel wahrlich die Showstopper der Natur. Dass der Mensch mit diesen Geschöpfen einiges gemein haben soll, ist zwar kaum vorstellbar, aber wahr: Rund 60 Prozent der Vogel-DNA überlappt sich mit der unseren. Wir tragen also einen derart großen Teil des Vogelgenoms in uns, dass wir beim Studium der Vögel viel über uns selbst lernen können, von der Immunität Krankheiten gegenüber bis zur Zellmechanik.
Die 40 Prozent des Genoms, die sich nicht überlappen, machen all die überwältigenden Unterschiede aus. Viele Vögel haben sich evolutionär so angepasst, dass sie leicht und schnell und damit hoch spezialisierte, wendige Flieger sind. In Millionen von Jahren haben sie sich einige brillante Merkmale angeeignet, darunter ein ultraleichtes Skelett, das bei vielen Arten weniger wiegt als das Federkleid. Die Vogellunge ist weit effizienter als die des Menschen und der Verdauungstrakt stromlinienförmig bis zum völligen Verzicht auf eine Harnblase. Die Tiere verfügen über ein außergewöhnliches Sehvermögen, sie hören gut, und ihre schnellen Reflexe sind perfekt auf ein Leben im Flug abgestimmt. Im Vergleich dazu ist der Mensch die reinste Schnecke.
Das Studium der Vögel beginnt bei ihrer Erscheinungsform – ihrer Entwicklung, ihren charakteristischen Zügen, ihrer Vielfältigkeit. Richtig verstehen können wir unsere gefiederten Freunde nur, wenn wir von innen nach außen vorgehen.
Riesenturako (Corythaeola cristata), nicht gefährdet
Der ungeheuer eindrucksvolle, im westlichen Zentralafrika heimische Riesenturako ist rund 90 Zentimeter groß, wiegt aber nur etwa 900 Gramm.
Rio-Grande-Wildtruthuhn (Meleagris gallopavo intermedia), nicht gefährdet
Wie die meisten Vögel besitzen auch Truthühner ein supereffizientes Verdauungssystem. Die Mahlzeit kann den gesamten Verdauungstrakt in weniger als vier Stunden passieren.
Nordbüscheleule (Ptilopsis leucotis), nicht gefährdet
Der konkave Gesichtsschleier dient dieser in Zentralafrika heimischen Eule gewissermaßen als Parabolspiegel: Er fängt den Schall ein und leitet ihn zu den Ohren weiter.
LEBENDE DINOSAURIER
Vor rund 66 Millionen Jahren, zu etwa der Zeit, als ein großer Asteroid mit der Erde kollidierte, starben alle Dinosaurier aus – mit Ausnahme einer Abstammungslinie, die über Federn und Flügel verfügte. Diese Linie nennen wir heute Vögel, sie sind die letzten lebenden Dinosaurier.
Die Vögel stammen von den Theropoden ab, einer vielfältigen Gruppe, zu der auch der Tyrannosaurus rex und der Velociraptor gehörten. Ein 150 Millionen Jahre altes Fossil aus Deutschland zeigt, dass Archäopteryx, eine Übergangsgattung zwischen Dinosaurier und Vogel, etwa so groß wie ein Rabe war und Klauen, Zähne, einen knöchernen Schwanz sowie ein Fluggefieder besaß. Erst vor Kurzem entdeckte man in Myanmar ein Stück Bernstein, in das ein 99 Millionen Jahre alter gefiederter Dinosaurierschwanz eingeschlossen ist.
Der vielleicht ursprünglichste heute lebende Vogel ist der Afrikanische Strauß, gefolgt von einigen anderen überwiegend flugunfähigen Arten: den Nandus, den Steißhühnern, den Kiwis, den Emus und den Kasuaren. Sieht man sich diese großen, kräftigen und eindrucksvollen Vögel an, glaubt man sofort, dass sie die Nachfahren der Dinosaurier sind.
Helmkasuar (Casuarius casuarius), gefährdet
Rotstirn-Großtinamu (Tinamus major castaneiceps), potenziell gefährdet
Die Tinamus oder Steißhühner sind mittelgroße Vögel und über den gesamten südamerikanischen Kontinent verbreitet. Sie gehören zu den ursprünglichsten Vögeln, die heute noch auf der Erde leben.
Perlsteißhuhn (Eudromia elegans), nicht gefährdet