Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk. Jaroslav Hašek

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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk - Jaroslav Hašek Große verfilmte Geschichten

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schaut nichts heraus«, sagte Schwejk, durch die Unnachgiebigkeit des unverhofften Gastes beleidigt, »lassen Sie sich die fünf Kronen, sie liegen hier am Sessel, und wenn Sie wolln, kommen Sie mit zur Kaserne, warten Sie auf mich, ich geb Ihren Brief ab und bring Antwort. Aber daß Sie derweil hier warten, geht auf keinen Fall.«

      Nach diesen Worten zog er die Koffer ins Vorzimmer, und mit den Schlüsseln rasselnd, wie der Beschließer eines Schlosses, sagte er bedeutungsvoll bei der Tür: »Wir sperren!

      Die junge Dame trat hoffnungslos auf den Gang, Schwejk versperrte die Tür und ging voraus. Die Besucherin trippelte wie ein Hund hinter ihm her und holte ihn erst ein, als Schwejk sich in einer Trafik Zigaretten kaufte.

      Sie ging nun neben ihm und bemühte sich, ein Gespräch anzuknüpfen: »Werden Sies sicher abgeben?«

      »Natürlich, wenn ichs gesagt hab.«

      »Und werden Sie den Herrn Oberleutnant finden?«

      »Das weiß ich nicht.«

      Sie gingen wieder schweigend nebeneinander, bis Schwejks Begleiterin nach langer Weile wieder das Wort ergriff: »Sie glauben also, daß Sie den Herrn Oberleutnant nicht finden werden?«

      »Das glaub ich nicht.«

      »Und wo, glauben Sie, könnte er sein?«

      »Das weiß ich nicht.«

      Damit war das Gespräch für eine Weile beendet, bis es wieder durch eine Frage der jungen Dame in Schwung gebracht wurde.

      »Haben Sie den Brief nicht verloren?«

      »Bis jetzt hab ich ihn nicht verloren.«

      »Sie werden ihn also bestimmt dem Herrn Oberleutnant abgeben?«

      »Ja.«

      »Und werden Sie ihn finden?«

      »Ich hab schon gesagt, ich weiß nicht«, entgegnete Schwejk, »ich wunder mich, daß Leute so neugierig sein können und immerfort dieselbe Sache fragen. Das is so, wie wenn ich auf der Straße jeden zweiten anhalten und fragen möcht, der wievielte is.«

      Damit war der Versuch, sich mit Schwejk zu verständigen, endgültig beendet, und der weitere Weg in die Kaserne verlief in völligem Schweigen. Erst als sie bei der Kaserne standen, forderte Schwejk die junge Dame auf zu warten und knüpfte mit den Soldaten im Tor ein Gespräch über den Krieg an. Die junge Dame schien darüber eine ungeheure Freude zu haben, denn sie ging nervös auf dem Trottoir auf und ab und blickte recht unglücklich drein, als sie sah, daß Schwejk seine Erörterungen mit einem Gesicht fortsetzte, das so dumm war wie jenes, das man auf einer Photographie sehen konnte, die in dieser Zeit in der »Chronik des Weltkriegs« veröffentlicht wurde: »Der österreichische Thronfolger im Gespräch mit zwei Fliegern, die einen russischen Aeroplan abgeschossen haben.«

      Schwejk setzte sich auf eine Bank beim Tor und legte dar, daß an der Front in den Karpaten die Angriffe des Heeres gescheitert seien, daß jedoch auf der anderen Seite der Kommandant von Przemyśl, General Kusmanek, nach Kiew gekommen sei, daß wir in Serbien elf Stützpunkte aufgegeben hätten und daß die Serben es nicht lange aushalten würden, unseren Soldaten nachzulaufen.

      Dann verstrickte er sich in eine Kritik der einzelnen bekannten Schlachten und machte die großartige Entdeckung, daß sich eine von allen Seiten umschlossene Abteilung ergeben müsse.

      Als er genug gesprochen hatte, schien es ihm angezeigt, herauszugehen und der verzweifelten Dame zu sagen, daß er gleich kommen werde, sie solle warten. Dann ging er hinauf in die Kanzlei, wo er den Oberleutnant Lukasch fand, der gerade einem Leutnant eine Aufgabe aus der Schützengrabentechnik löste und ihm auseinandersetzte, er könne nicht zeichnen und habe keine Ahnung von Geometrie.

      »Sehn Sie, so soll man das zeichnen. Wenn wir zu einer gegebenen geraden Linie eine senkrechte Linie skizzieren sollen, müssen wir sie so fällen, daß sie mit ihr einen rechten Winkel bildet. Verstehn Sie? So werden Sie die Schützengräben richtig und nicht zum Feind führen. Sie bleiben sechshundert Meter von ihm entfernt. Aber wie Sie es gezeichnet haben, stoßen Sie unsere Position in die feindliche Linie und stehen mit Ihrem Schützengraben senkrecht über dem Feind, und Sie brauchen einen großen Winkel. Das ist doch ganz einfach, nicht wahr?«

      Und der Leutnant in Reserve, in Zivil Kassierer einer Bank, stand ganz verzweifelt über diesen Plänen, verstand nicht das geringste und atmete erleichtert auf, als Schwejk an den Oberleutnant herantrat.

      »Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, eine Dame schickt Ihnen diesen Brief und wartet auf Antwort.« Dabei zwinkerte er bedeutungsvoll und vertraulich.

      Was er da las, machte auf den Oberleutnant keinen günstigen Eindruck.

      »Lieber Heinrich! Mein Mann verfolgt mich. Ich muß unbedingt bei Dir ein paar Tage gastieren. Dein Bursch ist ein großes Rindvieh. Ich bin unglücklich. Deine Kati!«

      Oberleutnant Lukasch seufzte, führte Schwejk in die anstoßende leere Kanzlei, schloß die Tür und fing an, zwischen den Tischen auf und ab zu gehen. Als er schließlich vor Schwejk stehenblieb, sagte er: »Die Dame schreibt, daß Sie ein Rindvieh sind. Was haben Sie ihr denn gemacht?«

      »Ich hab ihr nichts gemacht, melde gehorsamst. Herr Oberlajtnant, ich hab mich sehr anständig benommen, aber sie hat sich gleich in der Wohnung niederlassen wolln. Und weil ich von Ihnen keinen Befehl bekommen hab, so hab ich sie nicht in der Wohnung gelassen. Noch zu allem is sie mit zwei Koffern gekommen wie nach Haus.«

      Der Oberleutnant seufzte nochmals laut, was Schwejk ihm nachmachte.

      »Was heißt das?« schrie der Oberleutnant drohend.

      »Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, es is ein schwerer Fall. In der Vojtĕchgasse is vor zwei Jahren zu einem Tapezierer ein Fräulein gezogen, und er hat sie nicht aus der Wohnung loswern können und hat sie und sich mit Leuchtgas vergiften müssen, und aus wars mit der Hetz. Mit den Weibern hats halt seine liebe Not. Ich seh in sie hinein.«

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