IMMODESTIA. Philipp Spiering
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Etwas nagte immer noch an Daniels Stolz, als er fünfzehn Minuten später durch die Stadt schlurfte; aber er hatte kein Interesse daran, wegen diesem Idioten seine Arbeit zu verlieren. Seine Lebenssituation war beschissen, aber er war dafür selbst verantwortlich. Man erntet, was man säht.
Ein Stück die Straße herunter öffnete gerade ein Hüne die Fahrertür eines schwarzen Porsche Panamera.
„Hey Luca“, rief Daniel und der Hüne sah böse in seine Richtung. Erst als er erkannte, wer da gerufen hatte, lächelte er, machte die Tür wieder zu und wartete, bis Daniel ihn erreicht hatte. Sie gaben sich die Hände.
Luca trug glänzende Lederschuhe, eine dunkelblaue Anzughose und einen langen, teuer aussehenden Mantel über einem hellblauen Hemd mit schwarzer Krawatte. Daniel kam sich schäbig neben ihm vor.
„Kommst du von der Arbeit?“, fragte Luca.
„Ja, war ein beschissener Tag“, antwortete Daniel und fügte hinzu: „Und wo kommst du her?“
Luca zögerte, dann sagte er: „Ich hab schon was länger Feierabend. War nur kurz in der Bank. Hast du Lust auf ein Bier? Geht auf mich. Es gibt nichts, was nach 'nem beschissenen Tag besser ist.“
Daniel war müde und schlecht gelaunt. Andererseits konnte es nicht schaden, sich bei einem Bier etwas zu unterhalten und auf andere Gedanken zu kommen.
„Klar, wieso nicht“, antwortete er.
„Guter Mann“, sagte Luca, „Steig ein.“
Sommer
„Du siehst heute gut aus“, sagte der Mann am Tresen und nahm einen großen Schluck von seinem Bier.
Ich sehe aus wie jeden gottverdammten Tag, du fieser alter Sack, dachte Mila.
„Danke Peter“, sagte sie und wendete sich ab. Sie konnte es kaum erwarten, sich in ein paar Stunden gemütlich zu Hause einen Joint anzuzünden.
In diesem Moment ging die Eingangstür auf und zwei junge Männer kamen herein. Den einen kannte sie. Ein Hüne. Lukas, Luca, oder sowas in der Richtung. Er war nicht so gut gewesen, wie sie erwartet hatte. Das hatte sie ihn mehrmals spüren lassen, aber trotzdem kam er in unregelmäßigen Abständen in die Kneipe und versuchte, sie noch einmal ins Bett zu bekommen. Dabei wirkte er völlig deplatziert an diesem Ort in seinen teuren Businessklamotten.
Als 'Geschäftsmann' hatte er sich damals ausgegeben. Krimineller Wichser.
Den anderen kannte sie nicht. Er mochte ein paar Jahre jünger sein als der Hüne, fast noch ein Junge. Durchschnittlich groß, aber das war schwer zu schätzen neben einem Riesen. Altes T-Shirt, Lederjacke, alte Jeans. Und kaputt sah er aus, ausgelaugt. Sie mochte keine Männer, die aussahen, als würden sie den ganzen Tag Drecksarbeit leisten. Das erinnerte sie zu sehr an sich selbst.
„Hi Mila“, sagte der Große.
“Hey”, antwortete Mila.
“Hey? Hey was? Hast du meinen Namen vergessen? Das sagst du doch nur, um mir weh zu tun“, sagte der Große ironisch und zwinkerte.
„Luca“, sagte Mila und war sich plötzlich sicher, dass das der richtige Name war.
„Na geht doch“, Luca lachte und setzte sich neben den alten Peter auf einen Barhocker. Sein Freund nahm neben ihm Platz.
„Das ist Daniel Niro, ein Kollege von mir.“
„Ein Geschäftskollege?“, fragte Mila abwertend und widmete sich dem abzutrocknenden Geschirr.
„Noch nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Gib uns zwei Bier, bitte.“
Mila drehte sich zum Zapfhahn um und hörte Luca flüstern: „Sie ist nicht schlecht, das kann ich dir versprechen.“
„Du hattest sie?“, fragte der Kleine.
„Und kann sie nur empfehlen.“
Ekelhafter Kerl, dachte Mila bei sich. Sie stellte die zwei vollen Biergläser geräuschvoll auf die Theke.
„Jetzt ist aber gut, Jungs“, sagte sie und für einen Augenblick traf sich ihr Blick mit dem des Kleinen.
Mila Sommers Augen wirkten müde und reflektierten, was die Schminke so verzweifelt versuchte zu vertuschen. Ihre ausgelaugte Seele. Ihren gebrochenen Geist.
Und doch konnte sich Daniel nicht daran erinnern, schon einmal schönere Augen gesehen zu haben.
Verzasca
In der weißen Villa auf Fuerteventura herrschte gute Stimmung.
Antonio Fiore hatte all seine Freunde und Geschäftspartner auf der Insel zusammenkommen lassen, um einen alkohol- und sexlastigen Abend mit ihnen zu verbringen.
Paulo Verzasca betrachtete die dafür angemieteten Frauen misstrauisch. Einige von ihnen hatte er bereits öfter auf dem Grundstück gesehen, einige waren neu.
Er fand sie widerwärtig. Sie lachten über jeden schlechten Witz und beugten sich dabei so weit wie möglich nach vorne, damit die vor Lust und Naivität strotzenden Kerle noch weiter in ihren Ausschnitt gucken konnten, als es sowieso schon möglich war.
Sie waren hübsch, allesamt, keine Frage. Aber Paulo konnte seine Abscheu gegen sie nicht zügeln. Er sah herüber zu seinem Mentor, aber sein Blickfeld war verdeckt von einem übergewichtigen Mann, der fröhlich und auf einer Zigarre kauend seinen Arm um eine junge Latina legte.
Paulo nippte an seinem Whiskey. Er trug heute eine beige Hose, genau wie Fiore. Und auch auf ein weißes Hemd hatte sein Mentor bestanden.
„Wer ein so gutes Team bildet, sollte auch als ein solches auftreten“, hatte Fiore gesagt. Zu seiner Verteidigung war zu sagen, dass er zu diesem Zeitpunkt schon mehr als nur angeheitert gewesen war. Und obwohl Paulo von Kitsch wie abgestimmten Outfits kein Freund war, freute er sich insgeheim darüber, dass Fiore seine Dienste würdigte.
Paulo zog eine Schachtel Chesterfields aus seiner Hosentasche. Er rauchte nicht regelmäßig, verspürte aber ab und an das starke Verlangen nach Nikotin. Er verließ den Raum, ging einen Korridor entlang und öffnete an dessen Ende eine Glastür, die auf einen großflächigen Balkon führte. Er zog eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie sich an. Er genoss den durch seine Lungen strömenden Rauch, stützte sich mit den Händen am Geländer ab und schaute aufs Meer. Das Rauschen der Wellen beruhigte ihn. Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter.
„Paulo, was zur Hölle machst du hier draußen?“, fragte Antonio Fiore lallend.
„Antonio, ich habe Sie gar nicht kommen hören.“
„Und doch bin ich hier“, sagte Fiore und lachte lauthals auf, erheitert von seinem eigenen Witz, der eigentlich gar keiner war. Als er sich wieder unter Kontrolle hatte, sprach er weiter: „Komm jetzt rein. Guck dir