Der kleine Fürst 254 – Adelsroman. Viola Maybach
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Читать онлайн книгу Der kleine Fürst 254 – Adelsroman - Viola Maybach страница 1
Stephanie stand ganz dicht an die Wand gedrückt. Noch konnte sie es nicht glauben, noch fürchtete sie eine weitere Sinnestäuschung. Davon hatte es, seit sie hier eingesperrt war, schon genug gegeben: böse Träume, düstere Fantasiegestalten, die sie gequält hatten. Vielleicht war das jetzt wieder ein Traum – wenn auch einer, der ihr Hoffnung vorgaukelte?
Sie hatte Christians Stimme gehört, auf der anderen Seite der Wand, ganz deutlich hatte sie sie gehört.
»Ja, ich bin hier«, sagte sie, es kam so leise heraus, dass sie es selbst kaum hörte.
Sie probierte es lauter, aber natürlich kam keine Antwort von der anderen Seite, sie hatte auch nicht damit gerechnet.
Sie wusste selbst nicht, warum sie trotzdem noch einmal alle Kraft zusammennahm und rief: »Ich bin hier, Chris!«
Zwei Sekunden Stille, dann klopfte es an die Wand. »Steffi, Steffi, sie haben mich auch entführt!«
Sie vergaß ihre Schwäche, sie vergaß die Verzweiflung, sie vergaß, dass sie gerade eben noch geweint und geschrien hatte, denn das hier war keine Sinnestäuschung, es war wirklich und wahrhaftig Christians Stimme! »Oh, Chris!«, rief sie. »Sprich mit mir, damit ich sicher sein kann, dass das nicht wieder nur ein Traum ist.«
»Es ist kein Traum. Ich dachte das zuerst auch, als ich dich schreien hörte. Du hast mich geweckt, zum Glück, weil ich schreckliche Träume hatte.«
»Die hatte ich auch, die ganze Zeit, es war schwer, richtig wach zu werden. Aber wieso bist du hier? Ich war doch ganz allein …«
Er erzählte ihr, dass er auf sie gewartet hatte, um mit ihr zu reden und beschrieb ihr die Szene, die er beobachtet hatte, kurz bevor er selbst von den vier Entführern überwältigt worden war.
»Ja, ja, ich erinnere mich, dass sie mir etwas aufs Gesicht gedrückt haben. Danach wurde alles dunkel.«
»Du warst bewusstlos, als ich aufgetaucht bin. Als ich dich so sah, bin ich beinahe verrückt geworden und habe überhaupt nicht begriffen, was sich da abspielte. Ich bin einfach losgerannt, um dir zu helfen, das war bestimmt dumm, aber ich konnte nicht denken. Sonst wäre ich vielleicht vorsichtiger gewesen. Jedenfalls haben sie mich auch betäubt und als ich wieder aufgewacht bin, war ich hier.«
»Ich habe dich nicht gehört, ich dachte, ich sei ganz allein.« Vor Erleichterung fing Stephanie wieder an zu weinen.
»Du bist nicht allein. Haben sie dir etwas getan? Dich geschlagen oder verletzt?«
»Nein, nein, nichts. Sie haben mich nur betäubt.«
»Das muss ein Narkosemittel gewesen sein, hast du auch Kopfschmerzen?«
»Jetzt nicht mehr so. Ach, Chris, ich … ich bin so froh, dass du hier bist.«
»Das bin ich auch. Hast du Wasser? Und etwas zu essen?«
»Ja, Wasser ist da, ich hatte Durst, als ich aufgewacht bin. Und einen Müsliriegel habe ich.«
»Genau wie ich.«
Stephanies Tränen versiegten. Sie war nicht allein. Im Augenblick war das wichtiger als alles andere.
»Weißt du, wo wir hier sind?«, fragte Christian.
»Keine Ahnung.«
»Vielleicht können wir etwas sehen, wenn es draußen hell wird.«
»Sie haben mir eine Taschenlampe hiergelassen, aber gesehen habe ich trotzdem nichts. Hast du auch diese komischen schmalen Fenster auf halber Höhe in deinem Raum?«
»Ja, und ich glaube, ich weiß, wozu sie gut sind.«
»Wozu?«
»Sie haben uns in Büros eingesperrt, die in eine Fabrikhalle gebaut worden sind. Ich habe so etwas schon einmal gesehen. In den Büros haben die Aufseher gesessen. Die Fenster sind so angebracht, dass man im Sitzen, also von einem Schreibtisch aus, nach draußen in die Halle sehen kann.«
»Eine Fabrikhalle«, wiederholte Stephanie gedehnt. »Ja, das kann sein. Wenn ich mit der Taschenlampe nach draußen leuchte, sehe ich nur undeutliche Schatten.«
»Sobald hier etwas Licht hereinfällt, untersuche ich unser Gefängnis etwas genauer. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, uns zu befreien.«
»Die Tür ist jedenfalls ziemlich stabil, ich habe schon dagegen getreten, sie hat sich nicht gerührt. Ich habe Angst, Chris. Sie sind nicht hier, aber sie werden wiederkommen. Ich habe Angst, dass sie uns dann etwas tun.«
»Sie wollen Geld erpressen, wie alle Entführer. Und das Geld kriegen sie nur, wenn sie beweisen können, dass wir noch leben.«
»Ich verstehe nicht, wieso sie ausgerechnet mich entführen. Meine Eltern sind nicht so reich.«
»Aber ich bin es«, erwiderte Christian schlicht. »Und natürlich war ihnen klar, dass ich jede Summe bezahlen würde, um dich frei zu bekommen. Und jetzt haben sie ja aus Versehen sogar uns beide erwischt.«
»Vielleicht war es kein Versehen.«
»Es muss eins gewesen sein. Niemand außer meiner Familie wusste, dass ich nach deiner Klavierstunde mit dir reden wollte.« Christian stockte kurz. »Ich wollte mit dir über unseren Streit reden, Steffi. Ich wollte dich um Verzeihung bitten.«
Sie lehnte mit geschlossenen Augen an der Wand. »Bitte, nicht jetzt«, sagte sie schwach. »Das kann warten, oder?«
»Ja, natürlich. Wir müssen uns zuerst um unsere Befreiung kümmern.«
»Unsere Befreiung«, wiederholte sie. »Glaubst du, die Polizei sucht uns schon?«
»Mit Sicherheit«, antwortete Christian. »Und Anna und Konrad zerbrechen sich auch schon die Köpfe, was mit uns passiert ist. Wenn es Spuren zu unseren Entführern gibt, dann finden sie sie, zusammen mit dem Kriminalrat und seinem Team.«
»Spuren zu unseren Entführern? Ich kann mir ja selbst nicht einmal vorstellen, wer sie sein könnten. Ich bin sicher, dass ich sie nie zuvor gesehen hatte. Allerdings kamen sie mir irgendwie wie Schauspieler vor.«
»Sie waren verkleidet, und ich glaube, die Frauen haben Perücken getragen.«
»Richtig!«, rief Stephanie. »Das habe ich auch sofort gedacht, und sie hatten diese seltsamen grünen Augen, von denen ich dann ständig geträumt habe.«
»Wie alt kamen sie dir vor?«, fragte Christian.
Die Frage überraschte Stephanie, darüber hatte sie bis jetzt noch nicht nachgedacht. »Ich weiß nicht«, antwortete sie schließlich zögernd. »Nicht sehr alt, glaube ich.«
»Und ich glaube, sie waren sogar ziemlich jung. Vielleicht nicht einmal viel älter als wir.«
»Was? Aber Jugendliche entführen doch niemanden!«
»Ich bin nicht sicher, aber ich habe ja gesehen, wie sie sich bewegt haben. Und sie haben auch gesprochen, bevor ich bewusstlos geworden bin. Außerdem war die Eine sehr klein.«
»Es gibt doch auch kleine Frauen«, sagte Stephanie.
»Ja,