Mami Classic 39 – Familienroman. Eva-Maria Horn

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Mami Classic 39 – Familienroman - Eva-Maria Horn Mami Classic

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ich. Aber nur über schwarze Pisten. Die fährt er nämlich am liebsten, sagt er.«

      Es war ein hochgewachsener Mann, der den Hang hinunterwedelte, als wäre er aus einem Lehrbuch gehüpft.

      Sonja stürzte zur Tür und riß sie auf.

      »Ich muß sausen, Marianne. Ich will eher bei Papi sein als sie. Ich muß ihm doch erzählen, daß endlich ein nettes Mädchen im Hotel wohnt.«

      Fort war sie. Marianne sah noch einmal hinaus und suchte mit den Augen den Mann. Er löste sich aus dem Gewirr der Skifahrer, mit dem Stock drückte er auf die Bindung und löste die Ski. Er war schneller als die anderen, und doch wirkten seine Bewegungen nicht hastig. Jetzt schulterte er die Bretter und ging mit großen Schritten über die Straße. Und entschwand ihrem Blick.

      *

      Herr Kaiser nahm einem Gast den Schlüssel ab, lächelte verbindlich und betrachtete gleichzeitig sehr zufrieden das junge Mädchen, das leichtfüßig die Treppe hinunterkam.

      Mariannes Natürlichkeit war wohltuend und stach sehr von dem Benehmen einiger Damen ab. Sie lächelte ihm zu, keineswegs vertraulich und auch nicht distanziert, und er gab das Lächeln in der gleichen Weise zurück.

      Natürlich hatte Marianne ein wenig Herzklopfen. Es fiel ihr immer schwer, einen Saal zu betreten, wenn sie allein war. Sogar in der Mensa hatte sie Herzklopfen gehabt.

      Daß es gerade ihre mädchenhafte Schüchternheit war, die so anziehend wirkte, wußte Marianne natürlich nicht. Sie wäre auch keineswegs glücklich darüber gewesen, wollte sie doch so gern kühl und selbstbewußt wirken.

      Starrten nicht alle Gäste sie an? War nicht sogar das Stimmengewirr leiser geworden?

      Sie war erleichtert, als ein befrackter Kellner sie bemerkte und sofort auf sie zukam.

      »Zimmer 14, Fräulein Ziegler«, lächelte er mit einer leichten Verbeugung und brachte sie zu ihrem Tisch.

      Es war ein kleiner Tisch, der nahe am Fenster stand, eine hochgewachsene Palme verdeckte sie sogar ein wenig vor allzu neugierigen Blicken. Erleichtert ließ Marianne sich auf den Stuhl fallen, den der Kellner ihr zurechtrückte.

      Er reichte ihr die Speisekarte. »Möchten Sie etwas trinken?«

      Ob er ihre Unsicherheit bemerkte? Er beriet sie mit distanzierter Freundlichkeit, und als sie einen Blick in die reichhaltige Speisekarte warf, bat er:

      »Darf ich Sie beraten, gnädiges Fräulein? Der Rehrücken mit Preißelbeeren, Birnen und Spätzle ist heuer ausgezeichnet.«

      Sie nickte dankbar. »Ja. Das nehme ich.«

      Entspannt lehnte sie sich zurück und warf einen Blick durch das Fenster auf die hellerleuchtete Terrasse. Sie wünschte sich einen Augenblick verzweifelt einen Menschen, der ihr gegenübersaß und die Schönheit mit ihr teilte. Dort draußen war eine geheimnisvolle, märchenhaft schöne Winterwelt. Das Licht der altmodischen Laternen glitzerte auf dem Schnee, die hohen Bäume warfen Schatten darauf, die aussahen wie Riesen. Sterne glitzerten und wetteiferten mit dem Flimmern und Blitzen auf dem Schnee.

      »Da sitzt sie, Papa, da sitzt Marianne. Komm, ich muß sie dir unbedingt zeigen.«

      Bei der hellen Kinderstimme zuckte Marianne zusammen und merkte zu ihrem Ärger, daß sie brandrot wurde, spürte sie doch genau die neugierigen, amüsierten Blicke der Gäste.

      Sonja umklammerte die Hand eines hochgewachsenen Mannes, der einen eleganten, dunklen Anzug trug. Aber ihn sah Marianne nur verschwommen, so verlegen war sie.

      »Das ist Marianne.«

      Sonja baute sich vor Mariannes Tisch auf und strahlte über das ganze Gesicht. Die Hand ihres Vaters hielt sie noch immer.

      »Aber du sprachst von einem Mädchen, Sonja.« Sie spürte die Augen des Mannes und hob den Kopf. Sonja hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit ihrem Vater. Das markante Gesicht wirkte trotz der grauen Schläfen sehr jung, er war braungebrannt und sah aus wie ein Mann, der sich den ganzen Tag im Freien aufhielt.

      »Sie ist doch ein Mädchen«, rief Sonja entrüstet. »Was denkst du denn, Papi? Hast du denn keine Augen im Kopf?«

      »Sei nicht so vorlaut und nicht so laut«, wies er seine Tochter zurecht, aber er lacht dabei, daß seine weißen Zähne nur so blitzten. Der Mann konnte in jedem Modemagazin Reklame machen. Für Männer hatte Marianne wenig übrig und für schöne Männer schon gar nichts.

      »Sie spach immer von einem Mädchen, den ganzen Abend hat sie mir damit in den Ohren gelegen.« Er amüsierte sich offensichtlich und musterte sie ungeniert. »Ich habe natürlich ein Kind erwartet und freute mich schon für Sonja. Entschuldigen Sie, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt.«

      »Das brauchst du auch nicht, Papi. Ist doch klar, daß du mein Vater bist und auch Zimmermann heißt, genau wie ich. Das ist doch super, daß Marianne kein Kind ist, verstehst du das denn nicht? Jetzt kann ich auch mal abends aufbleiben, und tagsüber brauchst du dich auch nicht mehr um mich zu kümmern.«

      »Wollt ihr nicht endlich zu Tisch kommen?« ließ sich eine tadelnde Stimme vernehmen. Sonjas Kopf fuhr herum und das Gesicht verzog sich erschreckend. Offensichtlich hatte sie einen Augenblick die Freundin ihres Vaters vergessen.

      »Ach, da ist ja das junge Fräulein, das im Preisausschreiben gewonnen hat.« Die Stimme mußte im ganzen Saal zu hören sein. Marianne hätte sich ohrfeigen mögen, als sie spürte, daß die Röte von ihrem Hals aufstieg und über ihr Gesicht glitt.

      »Wenn du Glück hast, Sonja, hat das Fräulein vielleicht Lust, sich ein wenig Geld zu verdienen und willigt ein, dich zu beaufsichtigen.« Mit einem Lachen fügte sie hinzu: »Wenn sie auch nicht immer darum zu beneiden ist.«

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