Sophienlust Extra 8 – Familienroman. Laura Martens

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Sophienlust Extra 8 – Familienroman - Laura Martens Sophienlust Extra

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tat Richard Walberg sehr leid, seiner Frau keine erfreuliche Nachricht mitbringen zu können. Nur das Gespräch mit Denise von Schoenecker hatte eine beruhigende Ausstrahlung auf ihn gehabt.

      »In so kurzer Zeit«, meinte er nun zu Jutta, »kann Mirja ihre Einstellung nicht ändern. Frau von Schoenecker ist der Ansicht, dass ihr Sohn Dominik einen guten Einfluss auf Mirja hat. Sie spricht mit ihm über ihre Probleme. Das sei schon viel wert, meinte Frau von Schoenecker.«

      Jutta war enttäuscht. Eigentlich wusste sie selbst nicht, was sie sich erhofft hatte, denn es hatte keinen Sinn, sich etwas vormachen zu wollen. Mirja war in ihrer Abneigung sehr beharrlich. Doch da Jutta von Sophienlust wahre Wunderdinge gehört hatte, war sie der Überzeugung gewesen, Mirja würde rasch zur Vernunft kommen. Richards zärtliche Liebe hüllte sie zwar in einen Mantel des Glücks, doch wenn er außer Haus war, überfielen sie stets düstere Gedanken. Sie wollte nicht in den Geruch kommen, die Tochter aus erster Ehe hinausgedrängt zu haben. Blind vor Liebe war sie diese Ehe eingegangen. Nun waren Wolken über dem Himmel des Glücks aufgezogen, und manches sah anders aus als während ihrer kurzen Brautzeit. Noch hatte Jutta die abfälligen Worte von Richards Schwägerin nicht überwunden. Bald werden mehr Leute so sprechen, dachte sie.

      Jutta kam es vor, als würde auch schon die Elevin Katja merkwürdige Augen machen. Das Mädchen absolvierte auf Hoheneichen ihr praktisches Lehrjahr und war bisher sehr aufgeschlossen und zutraulich gewesen. In letzter Zeit schien Katja sich jedoch geändert zu haben. Sie war ausgesprochen zurückhaltend, und manchmal wich sie ihr auch aus, wenn sie sie kommen sah.

      Juttas Leben war bis zu ihrer Hochzeit stets offen und ohne Probleme gewesen. Deshalb wurde sie jetzt ganz einfach nicht mit Mirjas Verhalten und den damit verbundenen Auswirkungen fertig. Auf dem Staatsgut Hamm war sie überall beliebt gewesen. Auf Hoheneichen aber war es ihr, als tuschle man über sie und halte sie für eine berechnende Person, die sich ohne Rücksicht auf Verluste den angesehenen Gutsbesitzer Richard Walberg geangelt hatte. Dies kränkte Jutta ungemein. Sie liebte klare Verhältnisse und verabscheute Intrigen. Am liebsten hätte sie mit Katja offen gesprochen, um die Fronten zu klären. Aber die Elevin ging ihr aus dem Weg. Jutta traf sie nur zu den gemeinsamen Mahlzeiten. Dann aber war auch Richard da, und vor ihm wollte Jutta nichts sagen. Er hätte ihre Probleme sicher nicht verstanden, denn ihm kam es nur darauf an, mit ihr einig und zufrieden zu sein. Den Leuten kann man es doch nie recht machen!, war seine Ansicht. Es kommt nur darauf an, vor sich selbst Achtung zu haben.

      Jutta sah auf das Gemälde, das Mirjas Mutter gemalt hatte. Ihre Tochter war darauf gut getroffen. Die kleine Mirja mit den langen blonden Haaren und den süßen, freundlichen Zügen war einst der Sonnenschein im Haus gewesen. Mit welcher Liebe hatte Bettina Walberg dieses Bild gemalt!

      Jutta presste beide Hände auf die Brust. Wenn sie nur wüsste, wie sie Mirjas Zuneigung erringen könnte! Doch schon zogen neue Schwierigkeiten auf. Sie wusste seit kurzem, dass sie Mutterfreuden entgegensah. Wie hätte sie die Erfüllung ihres sehnlichsten Wunsches entzückt, wäre nicht Mirjas Abneigung ihr gegenüber gewesen. Es musste ein neuer Schock für das Mädchen sein, nicht mehr als einziges Kind dem Herzen des Vaters nahezustehen. Noch mehr würde Mirja sich danach in die Ecke geschoben fühlen. Da sie annahm, dass Richard ihre Schwangerschaft im Augenblick auch als ungünstig ansehen würde, hatte sie ihm ihren Zustand vorerst verschwiegen.

      Jutta fuhr erschrocken herum, als es klopfte. Es war Katja, die eintrat und ihr einen Brief überreichte. Ihr tiefbraunes Gesicht war verschlossen, als sie erklärte: »Den Brief hat mir eben Herrn Walbergs Schwägerin für Sie übergeben. Sie hatte keine Zeit hereinzukommen.«

      »So!«, sagte Jutta nur und drehte den Brief unsicher in der Hand.

      »Frau Lauheim hatte sonst nichts gesagt?«

      Katja hob unangenehm berührt eine Schulter. »Nur wenig«, wich sie aus.

      Sie hat gehetzt, dachte Jutta. Sie hob entschlossen den Kopf und musterte die Elevin scharf. »Sie wissen, dass Frau Lauheim mir nicht gut gesonnen ist …«

      »Das schon!« Katja sah zu Boden. »Aber sie hat nicht viel gesagt, nur dass das gute Wetter vorüber zu sein scheine, hat sie gesagt. Es könnte zu einem Unwetter kommen, und es sei gut, dass wir die Ernte unter Dach und Fach hätten.«

      »Katja!« Jutta trat nahe an das Mädchen heran. »Sie haben doch etwas? In letzter Zeit sind Sie so verändert.«

      »Es ist nichts. Wirklich nicht!«

      »Sie wirken aber bedrückt. Gefällt es Ihnen auf Hoheneichen nicht mehr?«

      »Aber nein!« Katja hob ganz entsetzt den Blick. »Das dürfen Sie nicht annehmen, Frau Walberg. Ich bin sehr gern hier.«

      »Aber vor einiger Zeit, als ich noch nicht hier war, hat es Ihnen besser gefallen?«

      Katja rieb ihre Hände an der Gummihose, die in hohen Schaftstiefeln steckte, denn sie war eben vom Karpfenweiher gekommen. »Es ist jetzt alles besser als früher«, sagte sie fest. »Ich bin ja erst vier Monate hier. Aber als Sie noch nicht da waren, merkte man deutlich, dass die Gutsfrau fehlte. Sie sind sehr tüchtig. Alle mögen Sie gern.« In Katjas dunkle Augen trat ein herzlicher Ausdruck. »Bitte, denken Sie nicht, dass wir uns von Frau Lauheim aufhetzen lassen. Wir bedauern diese Frau nur. Sie hat sich eingebildet, dass Herr Walberg sie heiraten würde. Das allein ist der Grund ihres negativen Verhaltens. Im Dorfgasthaus hat sie gesagt, dass Sie Mirja verstoßen hätten und dass Herr Walberg Ihnen hörig sei. Als sie gegangen war, hat der Wirt gesagt, welch' ein Glück es sei, dass Herr Walberg Sie und nicht diese alte Jungfer geheiratet habe. Aber das ist Klatsch. Ich hätte es vielleicht nicht erzählen dürfen. Ich wollte aber, dass Sie beruhigt sind. Niemand ist gegen Sie, auch wenn Mirja jetzt in einem Heim ist. Mirja ist nur von ihrer Tante aufgehetzt worden. Sie war sehr aufsässig gegen Sie, und Sie hatten mit dem Kind wirklich eine Lammsgeduld. Aber Mirja ist im Grund ihres Herzens ein gutes Kind. Sie wird schon noch zur Vernunft kommen, Frau Walberg.«

      Juttas Augen leuchteten erfreut auf. »Ich danke Ihnen, Katja. Sie haben mir mit Ihren Worten Mut gemacht. Ich war schon ganz verzweifelt. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass Sie etwas Besonderes bedrückt. Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«

      Katjas Hände wurden wieder unruhig.

      »Nein, danke. Sie sind sehr liebenswürdig. Es ist nichts. Nichts Besonderes jedenfalls.« Als hätte sie schon zuviel gesagt, eilte Katja in ihren schweren Schaftstiefeln schwerfällig zur Tür.

      Jutta holte sie dort ein: »Es ist also doch etwas, Katja. Sie sind sehr unglücklich, nicht wahr?«

      »Ein wenig«, flüsterte die Elevin. »Es wird vorübergehen.« Sie ließ sich nun nicht mehr aufhalten, und Jutta schloss hinter ihr die Tür.

      Nachdenklich starrte die Gutsherrin auf Mirjas Bild. Alle haben wir also unsere Probleme, dachte sie versonnen. Mirja wegen ihrer Stiefmutter, ich wegen Mirja, Richard meinetwegen und wegen seiner Tochter, und Katja …?

      Ich werde es herausfinden. Sie ist ein nettes Mädchen. Vielleicht geht es um einen Mann?

      *

      »Hm!«, machte Dominik und sah nicht sehr erfreut aus. Er steckte die Hände in die Hosentaschen und musterte seine Mutter fragend. »Meinst du wirklich, dass das gut ist?«

      Denise bestätigte es lebhaft: »Du bist der einzige, zu dem Mirja Vertrauen hat. Selbst mir gegenüber bleibt sie zurückhaltend. Ich fände es gut, wenn du ihr bei den Schulaufgaben helfen würdest. Es wird sie anspornen, in der Schule wieder zu lernen. Denn sie möchte von dir ganz bestimmt nicht für dumm gehalten werden.«

      Dominik

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