Der kleine Fürst 250 – Adelsroman. Viola Maybach
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der kleine Fürst 250 – Adelsroman - Viola Maybach страница 4
Marco lachte höhnisch. »Ihr lasst euch ja wirklich leicht Sand in die Augen streuen. Sie sind ein bisschen freundlich zu euch, und schon verzeiht ihr ihnen alles.«
»Was denn?«, fragte Alina. »Ich wusste gar nicht, dass ich ihnen was zu verzeihen habe.«
»Das, was sie haben, nehmen sie anderen weg, ist dir das nicht klar? Wie sind denn die Fürstenhäuser an ihren Reichtum gekommen? Indem sie früher die armen Bauern ausgebeutet haben.«
»Oh, hör auf, Marco«, sagte Lola. »Das ist lange vorbei, und das kannst du wohl kaum dem kleinen Fürsten und seiner Freundin vorwerfen.«
»Ihr begreift es einfach nicht«, sagte Marco. »Ihr Reichtum gehört ihnen eigentlich überhaupt nicht, aber sie haben sich natürlich daran gewöhnt und denken gar nicht daran, ihn wieder herauszurücken.«
»An wen denn auch?«, fragte Lola. »An die armen Bauern von damals? Mach dich nicht lächerlich. Oder willst du eine Revolution anzetteln?«
»Ein Denkzettel würde vielleicht schon genügen«, murmelte Marco. »Es geht ja nur darum, solchen Leuten auch mal klarzumachen, dass es nicht allen so gut geht wie ihnen und dass sie dafür mitverantwortlich sind.«
»Meinst du nicht, dass sie das wissen?«, fragte Daniel, der sich bisher aus der Debatte herausgehalten hatte. »Die Eltern des kleinen Fürsten haben immer viel gespendet und Stiftungen gegründet und so. Die haben echt viel von ihrem Reichtum abgegeben.«
»Ja, aber immer nur so viel, dass sie selbst trotzdem reich geblieben sind«, sagte Marco.
Alina, die es gern harmonisch hatte, wiederholte, was sie bereits gesagt hatte: »Es stimmt, dass es ungerecht ist, dass sie reich sind, ohne etwas dafür tun zu müssen. Aber wir werden daran nichts ändern können, Marco.«
Zu ihrer, Lolas und Daniels Erleichterung legte Marco offenbar keinen Wert auf eine Fortsetzung ihrer Debatte, denn er brummte daraufhin nur etwas Unverständliches vor sich hin. Sie suchten sich eine Eisdiele weitab vom Marktplatz und setzten sich dann auf eine sonnenbeschienene Mauer. Keiner von ihnen kam noch einmal auf die Ungerechtigkeit der Welt zu sprechen, auch Marco nicht.
*
»Sie ist außergewöhnlich«, sagte Christian, als Stephanie ihm die Brosche gezeigt hatte. »Und wunderschön. Vor allem passt sie haargenau zu Frau Maurer, weil man ihr nicht ansieht, wie kostbar sie ist. Sie hat diese … diese zurückhaltende Eleganz, die ich an den Kleidern, die sie entwirft, immer so toll finde. Aber sie ist echt wahnsinnig teuer, Steffi. Noch teurer, als ich dachte.«
»Meine Oma hat Geld genug.«
»Ja, das weiß ich, aber ich frage mich, ob ein so teures Geschenk Frau Maurer gefiele. Du kennst sie doch. Sie ist immer so bescheiden, und noch heute erwähnt sie oft, dass sie es manchmal immer noch nicht fassen kann, wie luxuriös sie jetzt wohnt. Wenn man sein Leben lang arm war, wirkt das wahrscheinlich für immer nach.«
»Das sagt sie ja auch selbst, aber zugleich sagt sie, wie sehr sie es genießt, dass sie es jetzt so schön hat.«
Stephanie wandte nachdenklich den Blick von der kostbaren Brosche ab. »Ich zeige sie Omi, die kann besser beurteilen, ob es das richtige Geschenk wäre oder nicht. Die beiden sind ja richtig gute Freundinnen geworden, sie reden viel miteinander, auch darüber, dass sie aus so verschiedenen Welten kommen.«
»Ich finde es toll, dass sie das Experiment gewagt haben. Frau Maurer ist über achtzig, deine Oma knapp darunter – und dann gründen sie noch eine solche Wohngemeinschaft. Dazu gehört viel Mut.«
»Mut haben sie beide.« Stephanie griff nach Christians Hand. »Essen wir ein Eis? Danke jedenfalls, dass du dir die Brosche mit mir angesehen hast.«
»Ich bin gespannt, was deine Oma dazu sagt.«
»Sie wird sie sicher auch toll finden. Aber vielleicht hast du Recht: Frau Maurer fände so etwas Teures ganz unangemessen für sich selbst. Sie ist ja immer so bescheiden.«
Sie schlenderten über den Marktplatz und kauften sich zwei Waffeln mit Schokoladeneis, und sie waren froh darüber, dass ihnen zwar hier und da zugelächelt wurde, dass aber niemand Anstalten machte, sie anzusprechen. Und ausnahmsweise war auch weit und breit kein Fotograf in Sicht.
Jedenfalls keiner, den sie bemerkt hätten.
*
»Was ist los?«, fragte Maren Röhnelt, nachdem sie Saskia eine Weile beobachtet hatte. Sie waren allein im Salon, der letzte Kunde war gerade gegangen, den nächsten erwarteten sie erst in einer halben Stunde. »Ist das junge Liebesglück schon getrübt?«
Saskia presste die Lippen aufeinander. Sie hatte Maren bis jetzt noch nichts von Marcos Auftritt bei Bernds erstem Besuch bei ihr zu Hause erzählt. Das tat sie jetzt, während Maren und sie ihren Mittagsimbiss einnahmen, den sie sich beide von zu Hause mitbrachten. Der Kaffee, den sie anschließend trinken wollten, lief bereits durch die Maschine.
»Er hat sich Bernd gegenüber unmöglich genommen«, schloss Saskia ihre Schilderung. »Ich habe mich richtig für ihn geschämt. Und auch dafür, dass ich nicht mit ihm fertig werde. Ich komme mir immer mehr vor wie eine schlechte Mutter, weil ich es nicht schaffe, meinen Kindern Benehmen beizubringen.«
»Das stimmt ja nicht, Frieda ist supergut gelungen«, widersprach Maren. »Und so wie du Bernds Reaktion schilderst, kann ich nur sagen: Er hat doch total cool reagiert! Also, ich kennen viele Männer, die ausgerastet wären.«
»Ja, er war toll, aber seit dem Abend redet Marco praktisch überhaupt nicht mehr mit mir. Er knallt nur noch mit den Türen, kommt und geht, wann er will und ist auch ziemlich unfreundlich zu Frieda. Ich weiß einfach nicht mehr, was ich machen soll. Es ist schon so weit, dass ich Magenschmerzen kriege, wenn ich unsere Wohnung betrete. Ich erkenne ihn nicht wieder, Maren.«
»Hast du mal mit seinen Lehrern gesprochen?«
»Ja, aber das ist schon eine Weile her. Als feststand, dass er die Klasse wiederholen musste, war ich in der Schule.« Saskia zuckte mit den Schultern. »Die kamen mir auch ziemlich hilflos vor. Er interessiert sich nicht für den Unterricht, sagen sie, und deshalb tut er nichts für die Schule. Dabei ist er klug genug, er hätte studieren können, wenn er sich mehr angestrengt hätte, aber er will einfach nicht. Und ich kann ihm das Interesse für den Unterricht ja nicht einimpfen. Dabei glaube ich, dass er, zumindest zum Teil, wirklich gute Lehrer hat, aber die erreichen ihn so wenig wie ich.«
»Und wenn du ihm sagst, er soll ausziehen?«
»Spinnst du? Er ist nicht volljährig, ich bin für ihn verantwortlich.«
»Ja, noch bis zu seinem nächsten Geburtstag. Das ist nicht einmal mehr ein Jahr, dann kann er sowieso machen, was er will.«
»Ich darf gar nicht daran denken, ehrlich nicht. Du glaubst nicht, was ich für eine Angst habe, dass er auf die schiefe Bahn gerät!«
»Übertreib mal nicht. Bis jetzt klingt das alles ziemlich genau so wie das, was ich von anderen Müttern mit Kindern in dem Alter höre.«
Diese letzte Bemerkung tröstete Saskia ein wenig. Sie genoss ihre Tasse Kaffee und als der nächste Kunde kam, schaffte sie es sogar, mit ihm ein wenig herumzualbern.
Maren sah es mit Freude.