Der exzellente Butler Parker 25 – Kriminalroman. Günter Dönges
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der exzellente Butler Parker 25 – Kriminalroman - Günter Dönges страница 5
»War das nicht der Kerl von gestern abend?« fragte er lauernd. »Was hattet ihr zwei denn unter dem dunklen Torbogen zu besprechen?«
*
Josuah Parker hatte gerade mit den ersten Vorbereitungen für Myladys Frühstück begonnen, als ein Summton ihn aufmerken ließ. Die rote Signallampe über der Küchentür blinkte.
Jemand hatte die Infrarotlichtschranke durchschritten, die Lady Simpsons Anwesen gegen unangemeldete Besucher abschirmte.
Der Butler nahm die Pfanne vom Herd, die er eben aufgesetzt hatte, und stieg ohne Hast die Stufen zum Erdgeschoß hinauf. Als er die Diele erreichte, standen die Ankömmlinge schon vor der Haustür und drückten auf den Klingelknopf.
»Guten Morgen«, grüßte der ältere der beiden Männer freundlich, als Parker die Tür öffnete. »Wir kommen vom Gaswerk, müssen Ihren Zähler ablesen und die Anschlüsse kontrollieren.«
Der angebliche Gasmann war an die Fünfzig, breitschultrig und untersetzt. Um seine wuchtige Kinnlade sprossen graue Bartstoppeln. Bekleidet war er – wie sein Kollege – mit einem blauen Arbeitskittel.
Der zweite, wesentlich jüngere Mann schleppte eine Werkzeugkiste von ansehnlichem Gewicht. Er trug eine Nickelbrille mit starken Minusgläsern, die seine kleinen, rotgeränderten Augen noch winziger erscheinen ließ.
»Darf man die Herren bitten zu folgen?« sagte Parker mit einer angedeuteten Verbeugung. »Der Gaszähler befindet sich im Souterrain, falls der Hinweis erlaubt ist.«
Etwas mühsam drängten sich die Besucher durch die Tür, die der Butler nur halb geöffnet hatte. Dabei entging ihnen völlig, daß Parker blitzschnell in ihre Jacken griff und die wohlgefüllten Schulterhalfter leerte. Dabei hatte er eine Fertigkeit entwickelt, die selbst Horace Pickett in Erstaunen versetzte.
»So, jetzt wollen wir mal zur Sache kommen«, grunzte der Stoppelbärtige und verzog den Mund zu hämischem Grinsen, während sein Kollege den Werkzeugkasten krachend auf einen zierlichen Rosenholztisch setzte.
»Möglicherweise darf man die Frage äußern, welche ›Sache‹ Sie zu meinen belieben«, erwiderte der Butler ruhig. Gleichzeitig hob er wie beiläufig den Werkzeugkasten vom Tisch und ließ ihn aus Versehen auf die Füße des Brillenträgers plumpsen.
Mit langgezogenem Jaulton meldete der junge Mann, der offensichtlich unter Hühneraugen litt, die Ankunft des stählernen Kastens. Wimmernd hüpfte er von einem Bein aufs andere und massierte seine malträtierten Zehen.
»Was soll der Quatsch?« knurrte der Ältere. »Können Sie nicht aufpassen?«
»Reiß dich zusammen, Bill!« zischte er, an seinen Begleiter gewandt.
»Man bittet, das kleine Versehen zu entschuldigen«, sagte Parker mit unbewegter Miene. »Möglicherweise sollten Sie Ihren jüngeren Kollegen anhalten, während der Arbeit Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen zu tragen, falls man diesen wohlgemeinten Rat erteilen darf.«
»Wir wissen schon selber, was wir zu tun und zu lassen haben«, reagierte der Stoppelbärtige wütend. »Wo ist die Kassette?«
»Wie meinen die Herren?« stellte der Butler sich ahnungslos.
»Die Kassette!« fauchte der falsche Gasableser. »Mann, sind Sie schwerhörig?«
»Bisher war man der unmaßgeblichen Meinung, die Herren wären gekommen, um den Gaszähler abzulesen«, entgegnete der Butler, während das breite Gesicht seines Gegenübers die Farbe einer Vollreifen Tomate annahm.
»Wir wollen die Kassette haben, die Ihre Chefin vorgestern abend vor dem ›Blauen Mond‹ aufgenommen hat«, preßte der Wortführer des Duos zähneknirschend hervor. »Wenn Sie uns nicht verstehen wollen, müssen wir eine deutlichere Sprache sprechen,«
Unvermittelt griff der Mann in den Ausschnitt seines blauen Arbeitskittels und ... machte ein maßlos verdutztes Gesicht. Irritiert faßte er noch mal nach, doch die langläufige Automatic, mit der er seine Forderung hatte unterstreichen wollen, blieb unauffindbar.
Seinem bebrillten Kollegen erging es nicht anders.
Die Besucher wechselten einen schnellen Blick, ehe sie sich mit bloßen Fäusten auf Parker stürzten. Der Butler, der mit einer Verschärfung des Gesprächsklimas gerechnet hatte, kam ihren unfreundlichen Absichten jedoch zuvor und erstickte sie im Keim.
Ehe die Angreifer sich versahen, hielt er den schwarzen Universal-Regenschirm in der Hand, der griffbereit im Schirmständer gesteckt hatte. Dicht über dem Boden beschrieb der bleigefütterte Bambusgriff einen flachen Halbkreis.
Der Stoppelbärtige schrie überrascht auf, als der gebogene Griff sich unwiderstehlich um seine Knöchel legte und ihm buchstäblich die Beine unter dem Leib wegriß. Spontan versuchte er es mit einem Gleitflug, der aber zwangsläufig an den allseits bekannten Gesetzen der Schwerkraft scheiterte.
Ein dumpfes Klatschen wurde hörbar, als der Ganove mit ausgebreiteten Armen vor Parkers Füßen auf dem Teppich landete. Fast gleichzeitig ertönte ein metallisches Scheppern. Der Bruchpilot hatte seinen massigen Schädel dazu benutzt, die störende Werkzeugkiste aus der Einflugschneise zu räumen.
Der Brillenträger war wie angewurzelt stehengeblieben und hatte die mißglückte Darbietung mit weit aufgerissenem Mund und fassungslosen Blicken verfolgt. Danach besann er sich jedoch wieder auf sein Vorhaben und warf sich mit einem gekonnten Hechtsprung in Parkers Richtung.
Überrascht registrierte der ungestüme Angreifer, wie sein Gegenüber sich im selben Moment tief verneigte. Der wahre Sinn dieser höflichen Geste wurde ihm jedoch erst bewußt, als der stahlgefütterte Rand von Parkers schwarzem Bowler nachhaltig seine Magengrube massierte.
Mit einem pfeifenden Geräusch, das an eine altersschwache Dampflok erinnerte, gab der Mann schlagartig alle Atemluft von sich. Röchelnd blieb er wie ein nasses Handtuch über der Schulter des Butlers hängen. Nur seine Brille flog noch ein Stück weiter und zerschellte an der Wand.
*
»Was soll dieses infernalische Getöse im Morgengrauen, Mister Parker?« grollte das sonore Organ der Hausherrin von der Galerie herab.
Im Morgenmantel aus dunkelrotem Samt, bestickte Pantoffeln an den bloßen Füßen, stand Agatha Simpson am Kopfende der geschwungenen Freitreppe und war sichtlich ungehalten. Ihre Haare, die sie zu einem straffen Knoten zu ordnen pflegte, umflossen in wirren Strähnen ihre breiten Schultern. Ihre Augen versprühten zornige Blitze.
Obwohl Agatha Simpson die Sechzig überschritten hatte, war sie immer noch eine eindrucksvolle Erscheinung. Hinzu kam, daß sie ihre Auftritte mit dem Pathos einer Bühnenheroine zu gestalten wußte.
»Man bedauert zutiefst, Myladys Ruhe gestört zu haben«, versicherte der Butler höflich. »Aber ...«
»Papperlapapp!« unterbrach die Hausherrin. »Ich habe natürlich nicht geschlafen, sondern die ganze Nacht an der Auswertung meiner Videoaufnahmen gearbeitet, Mister Parker.«
»Eben diese Aufnahmen dürften es gewesen sein, die die störende Geräuschentwicklung auslösten, Mylady«, teilte Parker mit.