Die großen Western 113. Robert Ullmann
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Читать онлайн книгу Die großen Western 113 - Robert Ullmann страница 4
Er sagte: »Alle, außer Schießen!« Costontino starrte den breiten Rücken des Texaners an.
»Außer Schießen?«, fragte er langsam. »Warum?«
Lacy McCullough sah ihn ruhig an, schenkte die Gläser ein und schob eins zum Sheriff hinüber, der die Zigarette hinlegte und das Glas hob.
Schweigend tranken sie, dann reichte der Fremde dem Sheriff Feuer. Durch die Ramme blickten sie sich an.
Jetzt erst antwortete der Texaner.
»Ich habe genug geschossen, Sheriff.« Costontino überlegte. Hatte er diese Worte nicht schon einmal gehört?
Der Fremde drehte das Glas zwischen den Fingern und betrachtete den Rest des blutroten Whiskys. Dann stellte er das Glas hin.
»Wo kann man hier ein Zimmer bekommen?«
»Das wird schwer sein. Haben Sie schon gefragt?«
Der Fremde nickte. »Die wenigen Hotels sind belegt. Ich meine, privat.«
»Auch das wird aussichtslos sein. Sie können im Gefängnis schlafen, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Das heißt, solange eine Pritsche frei ist. Ich habe in solchen Tagen immer viel zu tun, und jedes Jahr ist das Jail brechend voll. Vielleicht haben Sie Glück.«
Der Fremde lächelte freundlich.
»Es ist nicht das erste Mal, dass ich im Jail schlafe, Sheriff. Keine Sorge, wenn ich in einer Zelle landete, dann nur für einige Tage. In Texas ist die Luft so trocken, wie der Whisky feucht ist.«
Costontino lächelte.
»Verstehe. Ich mache gegen Mitternacht meinen letzten Rundgang und lege mich dann aufs Ohr.«
»Wenn Sie nichts dagegen haben, möchte ich mich gleich hinlegen. Ich habe einen weiten Ritt hinter mir und bin sehr müde.«
Costontino erhob sich.
»Wie Sie wollen. Ich fürchte, dass man versuchen wird, den Falschspieler da drinnen zu lynchen. Eine Frage. Suchen Sie einen Job? Ich könnte einen Hilfssheriff gebrauchen.«
»Ich suche einen Job als Reiter, Sheriff. Der Stern ist nicht das Richtige. Verstehen Sie mich nicht falsch …«
»Nein, natürlich nicht«, wehrte Costontino ab. Er dachte daran, dass der Fremde »genug geschossen hatte«. »Kommen Sie, ich zeige Ihnen, wo Sie Ihr Pferd unterbringen können.«
Nachdem McCullough seinen schwarzen Hengst versorgt hatte, begleitete ihn der Sheriff ins Gefängnis. Von dem Office führte eine Gittertür in einen Stahlkäfig, in dem Gitterzellen angebracht waren. Vom Schreibtisch aus hatte man einen guten Überblick über alle Zellen.
Der Falschspieler hockte mit angezogenen Beine auf seiner Pritsche und sagte kein Wort.
Costontino öffnete die dem Gefangenen gegenüberliegende Zellentür, und der Fremde legte Sattel und Bettrolle auf den Boden.
»Nicht sehr bequem, aber dafür kostet es auch nichts«, lächelte der Sheriff. »Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich die Tür verschließe? Leider besitze ich keinen zweiten Schlüssel. Wenn Sie etwas brauchen, ich schaue jede Stunde einmal herein.«
»Schon gut. Vielen Dank, Sheriff. Sie sind der Hausherr. Verschließen Sie nur.«
»Wenn Sie noch lesen möchten, stelle ich Ihnen eine Lampe rein. Ich habe einige Magazine da.«
Der Fremde lachte.
»Wenn ich weiterreite, werde ich allen Banditen des Westens dieses Jail aufs Wärmste empfehlen. Nein danke, Sheriff, ich lege mich gleich hin. Ich bin müde wie ein Hund.«
»All right. Kommen Sie von weit her?«
»Von Las Vegas.«
»Was? Quer durch die Wüste? Ist Trail City Ihr Ziel gewesen?«
»Ich brauche Geld. Ich hörte, dass es hier von allen Rodeos in Nevada die höchsten Preise gibt. Ich bin kein Rodeospezialist, Sheriff. Ich habe ganz einfach Pech gehabt und brauche Geld.«
»Die höchsten Preise gibt es im Revolver- und Gewehrschießen«, warf Costontino ein.
Sofort wurde das Gesicht des Fremden abweisend. Er legt sich aufs Lager, streckte die Beine aus, verschränkte die Arme unterm Kopf, starrte gegen die weiß getünchte Decke und sagte: »Gute Nacht, Sheriff.«
»Gute Nacht.«
Howard Costontino setzte sich hinter seinen Schreibtisch. Er wollte die Personalien des Falschspielers aufnehmen, einen Bericht schreiben und ihn zur Western Union bringen. Aber er stützte den Kopf in die Hände und starrte gedankenverloren vor sich hin. Er hatte das Gefühl, dass irgendetwas in der Luft lag. Costontino gab nicht viel auf Gefühle, aber ebenso gut wusste er auch, dass sie ihn bisher selten getrogen hatten. Er ertappte sich dabei, wie er immer wieder durch die Gittertür zum Lager des Fremden starrte, der sich mit dem Gesicht zur Wand gedreht hatte und eingeschlafen war. Immer wieder hatte er den großen Revolver vor Augen, den der Fremde selbst im Schlaf nicht ablegte.
Die Worte »Ich habe genug geschossen« machten ihn nachdenklich. Wer war dieser Mann, der mit seinem Revolver ins Bett ging und damit nicht schießen wollte? Ihm fiel Otis Kerrigan wieder ein. Er verglich diese beiden Männer miteinander. Ob Otis auch mit seinem Revolver ins Bett ging? Beide kamen aus Texas, trugen schwarze Waffengurte und alte, große, schwere Revolver, deren Läufe durch die Halfterböden ragten. Beide hatten sandblondes Haar, waren Riesen von Gestalt, muskelbepackt und hatten denselben Ausdruck in den Augen.
Ob da ein Zusammenhang bestand? Durchquerte ein Mann wirklich die Hölle der Ralstonwüste, nur um ein paar hundert Dollar im Calf-Roping, im Bronco-Busting oder Pferderennen zu gewinnen?
Er warf einen Blick auf die Liste.
Lacy McCullough.
Neben der Liste stand die Flasche. Eigentlich trank Costontino wenig. Diesmal hatte er Durst. Er schenkte sein Glas voll und trank. Der Lärm der menschengefüllten Stadt drang in den Raum. Der feuchte Nebel hatte einen faden Modergeruch, der auch hier zu spüren war.
Morgen würde der Sonnenschein die Schwaden rasch auflösen.
Der Gedanke, dass morgen und in den folgenden Tagen Otis Kerrigan auf seinen Landsmann Lacy McCullough treffen würde, bereitete ihm unverständlicherweise Unbehagen. Seltsam, dass er mit keinem Gedanken an Tom Shawn dachte.
Bevor Kerrigan hier auftauchte und Vormann der Double-X-Ranch wurde, waren die Wettkämpfe des Rodeo hauptsächlich ein Kampf zwischen den Mannschaften der Domino-Six und der Double-X gewesen. Beide Mannschaften verstanden ihr Handwerk. Immer war es unentschieden ausgegangen. Mit Kerrigan wurde das anders. Er war ein Kämpfer, der jedes Pferd brach und jeden Stier mit bloßen Fäusten auf den Rücken warf.
Unter seiner Leitung geschahen Dinge, die vorher unmöglich erschienen. Kerrigan legte einen großen See an, in den er den Crazy Woman Creek leitete. Und von diesem See aus zog er meilenlange Wassergräben in das staubige Sageland. Dort, wo vor zwei Jahren nur Staub war, stand heute das Gras kniehoch. Kerrigan spaltete die große